Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.leise eine Rose in des Todten Hand, -- schenkte sie Er sperrte sich ein; er machte seine Brust je¬ G 2
leiſe eine Roſe in des Todten Hand, — ſchenkte ſie Er ſperrte ſich ein; er machte ſeine Bruſt je¬ G 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0109" n="99"/> leiſe eine Roſe in des <choice><sic>Todtenhand</sic><corr>Todten Hand</corr></choice>, — ſchenkte ſie<lb/> dem letztern das Stuͤckchen Erde zum Ankerplatz!<lb/> Wie ſchoͤn begleiteten ihre vollen Augen dieſes Ge¬<lb/> ſchenk an den Todten mit dem Geſchenk aus ih¬<lb/> rem weichen Herzen! Und als der fremde Kummer<lb/> ſeinem eignen den Sieg wiedergab: mit welchem<lb/> ſchoͤnen Troſt — nie iſt die weibliche Stimme ſchoͤ¬<lb/> ner als im Troͤſten — beſtritt ſie ihn! — Er fuͤhl¬<lb/> te hier den Unterſchied zwiſchen Freundſchaft und<lb/> Liebe lebendig; und er gab ihr die <hi rendition="#g">erſtere</hi> ganz.<lb/> Er war froh den Gegenſtand der <hi rendition="#g">letztern</hi> nicht da<lb/> zu finden, weil er die Verlegenheit der erſten Blik¬<lb/> ke ſcheuete: Beata lag krank.</p><lb/> <p>Er ſperrte ſich ein; er machte ſeine Bruſt je¬<lb/> nem Schmerze auf, der nicht wohlthaͤtige bluten¬<lb/> de Wunden in ſie ſchneidet, ſondern ihr dumpfe<lb/> Schlaͤge giebt, jenem naͤmlich, der in dem Zwi¬<lb/> ſchenraum zwiſchen dem Todes- und Begraͤbnißtage<lb/> bei uns iſt. Der letztere war am Sonntage, wo<lb/> ich meinen Sektor betruͤbt bloß mit Ottomars Brie¬<lb/> fe ausfuͤllte und wo ich ſo traurig ſchloß. Ich that's<lb/> gerade in der Stunde, wo der Entſchlafne aus dem<lb/> kleinen Sterbebette ins große Bette aller Menſchen<lb/> getragen wurde, wie die Mutter die auf Baͤnken<lb/> <fw place="bottom" type="sig">G 2<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [99/0109]
leiſe eine Roſe in des Todten Hand, — ſchenkte ſie
dem letztern das Stuͤckchen Erde zum Ankerplatz!
Wie ſchoͤn begleiteten ihre vollen Augen dieſes Ge¬
ſchenk an den Todten mit dem Geſchenk aus ih¬
rem weichen Herzen! Und als der fremde Kummer
ſeinem eignen den Sieg wiedergab: mit welchem
ſchoͤnen Troſt — nie iſt die weibliche Stimme ſchoͤ¬
ner als im Troͤſten — beſtritt ſie ihn! — Er fuͤhl¬
te hier den Unterſchied zwiſchen Freundſchaft und
Liebe lebendig; und er gab ihr die erſtere ganz.
Er war froh den Gegenſtand der letztern nicht da
zu finden, weil er die Verlegenheit der erſten Blik¬
ke ſcheuete: Beata lag krank.
Er ſperrte ſich ein; er machte ſeine Bruſt je¬
nem Schmerze auf, der nicht wohlthaͤtige bluten¬
de Wunden in ſie ſchneidet, ſondern ihr dumpfe
Schlaͤge giebt, jenem naͤmlich, der in dem Zwi¬
ſchenraum zwiſchen dem Todes- und Begraͤbnißtage
bei uns iſt. Der letztere war am Sonntage, wo
ich meinen Sektor betruͤbt bloß mit Ottomars Brie¬
fe ausfuͤllte und wo ich ſo traurig ſchloß. Ich that's
gerade in der Stunde, wo der Entſchlafne aus dem
kleinen Sterbebette ins große Bette aller Menſchen
getragen wurde, wie die Mutter die auf Baͤnken
G 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |