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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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durch seine überflorte Heiterkeit seine traurige Bit¬
te. Mein Gerichtsherr, der sein angebornes Mit¬
leid allezeit gewaltsam dämmte, weil es gleich ei¬
nem Papagai sein Geld wegtrug, überließ sich dem
wohlthätigen Thränenstrom hier desto williger, weil
er ihn nichts davonführte als -- auf eine Stunde
Frau und Tochter. Der schlimmere Mensch hat ei¬
ne größere Freude über eine sich abgerungene gute
That als der bessere. Röper schrieb selber an die
Tochter seinen Befehl, mit zufahren, und brach¬
te die besten Gründe dafür aus der natürlichen und
theologischen Moral kurz bei. Aber der beste Grund,
den der Doktor Beaten ins neue Schloß mitbrach¬
te, war ihre Mutter: ohne sie hätte sie ihre
scheuen, politischen, und weiblichen Besorgnisse
schwerlich überwältigt.

Sie kamen unter Gebeten im erhabenen Ster¬
bezimmer an, dieser Sakristei eines unbekannten
Tempels, der nicht auf dieser Erde steht: ich fah¬
re fort, obgleich hier die Szene meinem Herzen
und meiner Sprache zu groß wird . . . . Als der
Kranke die Geliebte seines sterbenden Herzens sah:
so schimmerten seine untergegangnen Jugendtage
mit ihren goldnen Hofnungen tief unter dem Ho¬

durch ſeine uͤberflorte Heiterkeit ſeine traurige Bit¬
te. Mein Gerichtsherr, der ſein angebornes Mit¬
leid allezeit gewaltſam daͤmmte, weil es gleich ei¬
nem Papagai ſein Geld wegtrug, uͤberließ ſich dem
wohlthaͤtigen Thraͤnenſtrom hier deſto williger, weil
er ihn nichts davonfuͤhrte als — auf eine Stunde
Frau und Tochter. Der ſchlimmere Menſch hat ei¬
ne groͤßere Freude uͤber eine ſich abgerungene gute
That als der beſſere. Roͤper ſchrieb ſelber an die
Tochter ſeinen Befehl, mit zufahren, und brach¬
te die beſten Gruͤnde dafuͤr aus der natuͤrlichen und
theologiſchen Moral kurz bei. Aber der beſte Grund,
den der Doktor Beaten ins neue Schloß mitbrach¬
te, war ihre Mutter: ohne ſie haͤtte ſie ihre
ſcheuen, politiſchen, und weiblichen Beſorgniſſe
ſchwerlich uͤberwaͤltigt.

Sie kamen unter Gebeten im erhabenen Ster¬
bezimmer an, dieſer Sakriſtei eines unbekannten
Tempels, der nicht auf dieſer Erde ſteht: ich fah¬
re fort, obgleich hier die Szene meinem Herzen
und meiner Sprache zu groß wird . . . . Als der
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[91/0101] durch ſeine uͤberflorte Heiterkeit ſeine traurige Bit¬ te. Mein Gerichtsherr, der ſein angebornes Mit¬ leid allezeit gewaltſam daͤmmte, weil es gleich ei¬ nem Papagai ſein Geld wegtrug, uͤberließ ſich dem wohlthaͤtigen Thraͤnenſtrom hier deſto williger, weil er ihn nichts davonfuͤhrte als — auf eine Stunde Frau und Tochter. Der ſchlimmere Menſch hat ei¬ ne groͤßere Freude uͤber eine ſich abgerungene gute That als der beſſere. Roͤper ſchrieb ſelber an die Tochter ſeinen Befehl, mit zufahren, und brach¬ te die beſten Gruͤnde dafuͤr aus der natuͤrlichen und theologiſchen Moral kurz bei. Aber der beſte Grund, den der Doktor Beaten ins neue Schloß mitbrach¬ te, war ihre Mutter: ohne ſie haͤtte ſie ihre ſcheuen, politiſchen, und weiblichen Beſorgniſſe ſchwerlich uͤberwaͤltigt. Sie kamen unter Gebeten im erhabenen Ster¬ bezimmer an, dieſer Sakriſtei eines unbekannten Tempels, der nicht auf dieſer Erde ſteht: ich fah¬ re fort, obgleich hier die Szene meinem Herzen und meiner Sprache zu groß wird . . . . Als der Kranke die Geliebte ſeines ſterbenden Herzens ſah: ſo ſchimmerten ſeine untergegangnen Jugendtage mit ihren goldnen Hofnungen tief unter dem Ho¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/101>, abgerufen am 22.11.2024.