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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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schen und Katzen geneckten Spielers eben so viel zu
verlieren hatte als die Liebe desselben. -- Da ich
in einem ganzen Sektor zeige, daß Falkenberg
vom ältesten Adel im ganzen Lande war -- und da
zum Glück im Obristforstmeister die Sitten seiner
rohen Erziehung (wie bei mehreren Landedelleuten)
halb unter dem Firnis der Sitten seines feinern
Umgangs verborgen lagen wie seine alten Meublen
unter modischen: so gieng der elektrische Enthusias¬
mus des Doktors in großen Funken in des Vaters
Busen über, und Knör legte hingerissen die Hand
Ernestinens, die zum Scheine erstaunte, in des
Rittmeisters seine, der's im Ernste that -- der
Bräutigam drängte und warf sich in einem Chok
von Dankbarkeit an den Hals des neugebornen
Schwiegervaters, eh' er, weil seine Ehre mehr
als seine Liebe triumphierte, etwas kälter die ge¬
schickte Hand nachküßte, ihm bisher diesen dop¬
pelten Triumph entzogen. -- -- --

Das verdachte ihm die Inhaberin der Hand;
aber ich verdenke wieder ihr's; mit welchem Grund
will sie dem Manne, der gar keine Seele, seine
eigne kaum und eine weibliche nie errieth, ansin¬
nen, seine Weisheitszähne und seinen Bart soll er

ſchen und Katzen geneckten Spielers eben ſo viel zu
verlieren hatte als die Liebe deſſelben. — Da ich
in einem ganzen Sektor zeige, daß Falkenberg
vom aͤlteſten Adel im ganzen Lande war — und da
zum Gluͤck im Obriſtforſtmeiſter die Sitten ſeiner
rohen Erziehung (wie bei mehreren Landedelleuten)
halb unter dem Firnis der Sitten ſeines feinern
Umgangs verborgen lagen wie ſeine alten Meublen
unter modiſchen: ſo gieng der elektriſche Enthuſiaſ¬
mus des Doktors in großen Funken in des Vaters
Buſen uͤber, und Knoͤr legte hingeriſſen die Hand
Erneſtinens, die zum Scheine erſtaunte, in des
Rittmeiſters ſeine, der's im Ernſte that — der
Braͤutigam draͤngte und warf ſich in einem Chok
von Dankbarkeit an den Hals des neugebornen
Schwiegervaters, eh' er, weil ſeine Ehre mehr
als ſeine Liebe triumphierte, etwas kaͤlter die ge¬
ſchickte Hand nachkuͤßte, ihm bisher dieſen dop¬
pelten Triumph entzogen. — — —

Das verdachte ihm die Inhaberin der Hand;
aber ich verdenke wieder ihr's; mit welchem Grund
will ſie dem Manne, der gar keine Seele, ſeine
eigne kaum und eine weibliche nie errieth, anſin¬
nen, ſeine Weisheitszaͤhne und ſeinen Bart ſoll er

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[22/0058] ſchen und Katzen geneckten Spielers eben ſo viel zu verlieren hatte als die Liebe deſſelben. — Da ich in einem ganzen Sektor zeige, daß Falkenberg vom aͤlteſten Adel im ganzen Lande war — und da zum Gluͤck im Obriſtforſtmeiſter die Sitten ſeiner rohen Erziehung (wie bei mehreren Landedelleuten) halb unter dem Firnis der Sitten ſeines feinern Umgangs verborgen lagen wie ſeine alten Meublen unter modiſchen: ſo gieng der elektriſche Enthuſiaſ¬ mus des Doktors in großen Funken in des Vaters Buſen uͤber, und Knoͤr legte hingeriſſen die Hand Erneſtinens, die zum Scheine erſtaunte, in des Rittmeiſters ſeine, der's im Ernſte that — der Braͤutigam draͤngte und warf ſich in einem Chok von Dankbarkeit an den Hals des neugebornen Schwiegervaters, eh' er, weil ſeine Ehre mehr als ſeine Liebe triumphierte, etwas kaͤlter die ge¬ ſchickte Hand nachkuͤßte, ihm bisher dieſen dop¬ pelten Triumph entzogen. — — — Das verdachte ihm die Inhaberin der Hand; aber ich verdenke wieder ihr's; mit welchem Grund will ſie dem Manne, der gar keine Seele, ſeine eigne kaum und eine weibliche nie errieth, anſin¬ nen, ſeine Weisheitszaͤhne und ſeinen Bart ſoll er

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/58>, abgerufen am 21.11.2024.