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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Amen!" Kein Mensch wich mit seiner Fußsohle von
der Stelle, der Doktor blieb keine Minute auf der
seinigen und warf sich endlich in einem Enthusias¬
mus, den unsre verlegne Stille immer mehr er¬
hob, vor einer weißen Amorbüste, vor einem Mi¬
niatürportrait meines Vaters und vor seinem ei¬
gnen Bilde im Spiegel auf die Knie hin und bete¬
te: "Heiliger H. v. Knör! heiliger Amor! heiliger
Fenk! bittet für den Rittmeister und schlagt die
Katze todt! Ach würdet ihr drei Bilder lebendig:
so würde Amor gewiß die Gestallt des D. Fenks
annehmen und der lebendig gewordene Amor wür¬
de die Hand des lebendig gewordnen Knörs ergrei¬
fen und ihr die der Spielerin geben -- seine gäbe
ihre dann vielleicht weiter. Ihr Heiligen! bittet
doch für den Rittmeister, der gewonnen hätte!"
Das ist nicht wahr und zum Unglück war der Ter¬
min zu einem neuen Spiele zu kurz. . . .

Da nun der Iltis Doktor (ich selber erzähle
wieder) aufstand und wirklich die Hand von Knör
in Ernestinens ihre legte und sagte, er wäre der
Amor -- da überhaupt jezt durch die Versicherun¬
gen des Doktors und durch die Unentschiedenheit
des Spiels die Ehre des empfindlichen von Men¬

Amen!” Kein Menſch wich mit ſeiner Fußſohle von
der Stelle, der Doktor blieb keine Minute auf der
ſeinigen und warf ſich endlich in einem Enthuſias¬
mus, den unſre verlegne Stille immer mehr er¬
hob, vor einer weißen Amorbuͤſte, vor einem Mi¬
niatuͤrportrait meines Vaters und vor ſeinem ei¬
gnen Bilde im Spiegel auf die Knie hin und bete¬
te: „Heiliger H. v. Knoͤr! heiliger Amor! heiliger
Fenk! bittet fuͤr den Rittmeiſter und ſchlagt die
Katze todt! Ach wuͤrdet ihr drei Bilder lebendig:
ſo wuͤrde Amor gewiß die Geſtallt des D. Fenks
annehmen und der lebendig gewordene Amor wuͤr¬
de die Hand des lebendig gewordnen Knoͤrs ergrei¬
fen und ihr die der Spielerin geben — ſeine gaͤbe
ihre dann vielleicht weiter. Ihr Heiligen! bittet
doch fuͤr den Rittmeiſter, der gewonnen haͤtte!“
Das iſt nicht wahr und zum Ungluͤck war der Ter¬
min zu einem neuen Spiele zu kurz. . . .

Da nun der Iltis Doktor (ich ſelber erzaͤhle
wieder) aufſtand und wirklich die Hand von Knoͤr
in Erneſtinens ihre legte und ſagte, er waͤre der
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[21/0057] Amen!” Kein Menſch wich mit ſeiner Fußſohle von der Stelle, der Doktor blieb keine Minute auf der ſeinigen und warf ſich endlich in einem Enthuſias¬ mus, den unſre verlegne Stille immer mehr er¬ hob, vor einer weißen Amorbuͤſte, vor einem Mi¬ niatuͤrportrait meines Vaters und vor ſeinem ei¬ gnen Bilde im Spiegel auf die Knie hin und bete¬ te: „Heiliger H. v. Knoͤr! heiliger Amor! heiliger Fenk! bittet fuͤr den Rittmeiſter und ſchlagt die Katze todt! Ach wuͤrdet ihr drei Bilder lebendig: ſo wuͤrde Amor gewiß die Geſtallt des D. Fenks annehmen und der lebendig gewordene Amor wuͤr¬ de die Hand des lebendig gewordnen Knoͤrs ergrei¬ fen und ihr die der Spielerin geben — ſeine gaͤbe ihre dann vielleicht weiter. Ihr Heiligen! bittet doch fuͤr den Rittmeiſter, der gewonnen haͤtte!“ Das iſt nicht wahr und zum Ungluͤck war der Ter¬ min zu einem neuen Spiele zu kurz. . . . Da nun der Iltis Doktor (ich ſelber erzaͤhle wieder) aufſtand und wirklich die Hand von Knoͤr in Erneſtinens ihre legte und ſagte, er waͤre der Amor — da uͤberhaupt jezt durch die Verſicherun¬ gen des Doktors und durch die Unentſchiedenheit des Spiels die Ehre des empfindlichen von Men¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/57>, abgerufen am 01.05.2024.