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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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ungesehen, wie um den eingemauerten Men¬
schengeist, zwischen dem und dessen höherem
Mutterland der dunkle Menschenkörper innen
steht; aber ich habe mich so traurig gemacht,
daß ich jezt in das schmetternde Trommeten- und
Laubhüttenfest, das die Natur von einem Ge¬
bürge zum andern begeht, nicht hineintreten
will: sondern erst wenn die Sonne tiefer in
den Himmel gesunken und wenn in ihren Licht¬
strom der Schattenstrom der Erde fällt, dann
wird unter die stummen Schatten noch ein neuer
beglückter stiller Schatten gehen. -- -- Auf¬
richtiger zu sprechen, ich kann bloß von euch --
ihr schönern Leser, deren geträumte, zuweilen
erblickte Gestalten ich wie Genien auf den Höhen
des Schönen und großen wandeln und winken
sah -- nicht Abschied nehmen: ich bleibe noch
ein wenig bei euch, wer weiß, wenn, und
ob die Augenblicke wo unsre Seelen über einem
zerstiebenden Blatte sich die Hände geben, je
wiederkommen -- vielleicht bin ich hin, vielleicht
du, bekannte oder unbekannte theuere Seele,

ungeſehen, wie um den eingemauerten Men¬
ſchengeiſt, zwiſchen dem und deſſen hoͤherem
Mutterland der dunkle Menſchenkoͤrper innen
ſteht; aber ich habe mich ſo traurig gemacht,
daß ich jezt in das ſchmetternde Trommeten- und
Laubhuͤttenfeſt, das die Natur von einem Ge¬
buͤrge zum andern begeht, nicht hineintreten
will: ſondern erſt wenn die Sonne tiefer in
den Himmel geſunken und wenn in ihren Licht¬
ſtrom der Schattenſtrom der Erde faͤllt, dann
wird unter die ſtummen Schatten noch ein neuer
begluͤckter ſtiller Schatten gehen. — — Auf¬
richtiger zu ſprechen, ich kann bloß von euch —
ihr ſchoͤnern Leſer, deren getraͤumte, zuweilen
erblickte Geſtalten ich wie Genien auf den Hoͤhen
des Schoͤnen und großen wandeln und winken
ſah — nicht Abſchied nehmen: ich bleibe noch
ein wenig bei euch, wer weiß, wenn, und
ob die Augenblicke wo unſre Seelen uͤber einem
zerſtiebenden Blatte ſich die Haͤnde geben, je
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du, bekannte oder unbekannte theuere Seele,

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[XXI/0033] ungeſehen, wie um den eingemauerten Men¬ ſchengeiſt, zwiſchen dem und deſſen hoͤherem Mutterland der dunkle Menſchenkoͤrper innen ſteht; aber ich habe mich ſo traurig gemacht, daß ich jezt in das ſchmetternde Trommeten- und Laubhuͤttenfeſt, das die Natur von einem Ge¬ buͤrge zum andern begeht, nicht hineintreten will: ſondern erſt wenn die Sonne tiefer in den Himmel geſunken und wenn in ihren Licht¬ ſtrom der Schattenſtrom der Erde faͤllt, dann wird unter die ſtummen Schatten noch ein neuer begluͤckter ſtiller Schatten gehen. — — Auf¬ richtiger zu ſprechen, ich kann bloß von euch — ihr ſchoͤnern Leſer, deren getraͤumte, zuweilen erblickte Geſtalten ich wie Genien auf den Hoͤhen des Schoͤnen und großen wandeln und winken ſah — nicht Abſchied nehmen: ich bleibe noch ein wenig bei euch, wer weiß, wenn, und ob die Augenblicke wo unſre Seelen uͤber einem zerſtiebenden Blatte ſich die Haͤnde geben, je wiederkommen — vielleicht bin ich hin, vielleicht du, bekannte oder unbekannte theuere Seele,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. XXI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/33>, abgerufen am 19.04.2024.