Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.schenkt. Uebrigens sprang er mit seinen Lehn-Un¬ Du treues Herz! lass' mich einige Zeilen bei ſchenkt. Uebrigens ſprang er mit ſeinen Lehn-Un¬ Du treues Herz! laſſ' mich einige Zeilen bei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0299" n="263"/> ſchenkt. Uebrigens ſprang er mit ſeinen Lehn-Un¬<lb/> terthanen zutraulicher und freigebiger um als mit<lb/> uns geadelten Gaͤſten — „ſo handelt ein Mann<lb/> ſtets, der keinen Adelſtolz beſitzt“ ſagt der Rezen¬<lb/> ſent; „aber ſo handelt der Knicker ſtets, dem ge¬<lb/> ringere aber ſilberhaltige Leute lieber ſind als<lb/> ſtandsmaͤßige nehmende Gaͤſte und der einen eignen<lb/> Bedienten uͤber einen fremden Freund und uͤber<lb/> den Stand die Nutzbarkeit hinaufſetzt“ ſag' ich. —<lb/> Die Kommerzien-Agentin von Roͤper legte jeder<lb/> Bier-Arche ihres Mannes noch eine kleine Chaloup¬<lb/> pe zu; ſeine Geſchenke waren ihr allemal ein Vor¬<lb/> wand, geheime Zuſaͤtze dazu machen. Nur befahl<lb/> ſie dem Dorfrichter, ein waches Auge darauf zu<lb/> haben, daß ihr von der Bierhefe nichts verloren<lb/> gehe. Die Natur hatte ihr eine freie liebende<lb/> Seele gegeben; aber eben dieſe Liebe fuͤr ihren<lb/> Mann gab ihr von ſeinen <choice><sic>Fehler</sic><corr>Fehlern</corr></choice> wenigſtens den<lb/> Schein.</p><lb/> <p>Du treues Herz! laſſ' mich einige Zeilen bei<lb/> deiner ehelichen Uneigennuͤtzigkeit verweilen, die<lb/> alle eigne Wuͤnſche fuͤr Suͤnden und alle Wuͤnſche<lb/> ihres Mannes fuͤr Tugenden haͤlt, der kein Lob<lb/> gefaͤllet als eines auf den, den du uͤbertrifſt!<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [263/0299]
ſchenkt. Uebrigens ſprang er mit ſeinen Lehn-Un¬
terthanen zutraulicher und freigebiger um als mit
uns geadelten Gaͤſten — „ſo handelt ein Mann
ſtets, der keinen Adelſtolz beſitzt“ ſagt der Rezen¬
ſent; „aber ſo handelt der Knicker ſtets, dem ge¬
ringere aber ſilberhaltige Leute lieber ſind als
ſtandsmaͤßige nehmende Gaͤſte und der einen eignen
Bedienten uͤber einen fremden Freund und uͤber
den Stand die Nutzbarkeit hinaufſetzt“ ſag' ich. —
Die Kommerzien-Agentin von Roͤper legte jeder
Bier-Arche ihres Mannes noch eine kleine Chaloup¬
pe zu; ſeine Geſchenke waren ihr allemal ein Vor¬
wand, geheime Zuſaͤtze dazu machen. Nur befahl
ſie dem Dorfrichter, ein waches Auge darauf zu
haben, daß ihr von der Bierhefe nichts verloren
gehe. Die Natur hatte ihr eine freie liebende
Seele gegeben; aber eben dieſe Liebe fuͤr ihren
Mann gab ihr von ſeinen Fehlern wenigſtens den
Schein.
Du treues Herz! laſſ' mich einige Zeilen bei
deiner ehelichen Uneigennuͤtzigkeit verweilen, die
alle eigne Wuͤnſche fuͤr Suͤnden und alle Wuͤnſche
ihres Mannes fuͤr Tugenden haͤlt, der kein Lob
gefaͤllet als eines auf den, den du uͤbertrifſt!
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/299>, abgerufen am 05.07.2024. |