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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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linkes Bein bekanntlich ansehnlich kürzer ist als
das andre und weil noch dazu unten mehr ein
Quadrat- als Kubikfuß dran sitzt. Es ist mir
bekannt, Menschen, die gleich den ostindischen
Hummern eine kurze Scheere neben der langen
haben, können allerdings sich mit der chaussu¬
re
behelfen die ihre Kinder ablegen; aber es
ist eben so unläugbar, daß das Zipperlein ei¬
nem solchen Mann dennoch an beiden Füßen
kneift und diesen den verdammtesten spanischen
Stiefel anschraubt, den je ein Inquisit getra¬
gen.

Ich hätte gar nicht sagen sollen, daß ich
mit meinem lieben Hof in Voigtland schriftlich
am Fichtelberge sprechen wollte, da ichs münd¬
lich kann und mein eigner Kerl daraus her ist.
Mein Wunsch und Zweck in einem solchen Wer¬
ke wie diesem ist und bleibt bloß der, daß diese
betagte und bejahrte Stadt den Schlaf, den ich
ihr darin mit den harten Federn einer Gans
einflößen will, auf den weichen dieses Thiers
genießen möge. . . . .

linkes Bein bekanntlich anſehnlich kuͤrzer iſt als
das andre und weil noch dazu unten mehr ein
Quadrat- als Kubikfuß dran ſitzt. Es iſt mir
bekannt, Menſchen, die gleich den oſtindiſchen
Hummern eine kurze Scheere neben der langen
haben, koͤnnen allerdings ſich mit der chaussu¬
re
behelfen die ihre Kinder ablegen; aber es
iſt eben ſo unlaͤugbar, daß das Zipperlein ei¬
nem ſolchen Mann dennoch an beiden Fuͤßen
kneift und dieſen den verdammteſten ſpaniſchen
Stiefel anſchraubt, den je ein Inquiſit getra¬
gen.

Ich haͤtte gar nicht ſagen ſollen, daß ich
mit meinem lieben Hof in Voigtland ſchriftlich
am Fichtelberge ſprechen wollte, da ichs muͤnd¬
lich kann und mein eigner Kerl daraus her iſt.
Mein Wunſch und Zweck in einem ſolchen Wer¬
ke wie dieſem iſt und bleibt bloß der, daß dieſe
betagte und bejahrte Stadt den Schlaf, den ich
ihr darin mit den harten Federn einer Gans
einfloͤßen will, auf den weichen dieſes Thiers
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[XIII/0025] linkes Bein bekanntlich anſehnlich kuͤrzer iſt als das andre und weil noch dazu unten mehr ein Quadrat- als Kubikfuß dran ſitzt. Es iſt mir bekannt, Menſchen, die gleich den oſtindiſchen Hummern eine kurze Scheere neben der langen haben, koͤnnen allerdings ſich mit der chaussu¬ re behelfen die ihre Kinder ablegen; aber es iſt eben ſo unlaͤugbar, daß das Zipperlein ei¬ nem ſolchen Mann dennoch an beiden Fuͤßen kneift und dieſen den verdammteſten ſpaniſchen Stiefel anſchraubt, den je ein Inquiſit getra¬ gen. Ich haͤtte gar nicht ſagen ſollen, daß ich mit meinem lieben Hof in Voigtland ſchriftlich am Fichtelberge ſprechen wollte, da ichs muͤnd¬ lich kann und mein eigner Kerl daraus her iſt. Mein Wunſch und Zweck in einem ſolchen Wer¬ ke wie dieſem iſt und bleibt bloß der, daß dieſe betagte und bejahrte Stadt den Schlaf, den ich ihr darin mit den harten Federn einer Gans einfloͤßen will, auf den weichen dieſes Thiers genießen moͤge. . . . .

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. XIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/25>, abgerufen am 29.03.2024.