Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.Gedanke gesehen, der zurücksinkt unter den Stra¬ Am Abend dieses schwärmerischen Tages trug O 2
Gedanke geſehen, der zuruͤckſinkt unter den Stra¬ Am Abend dieſes ſchwaͤrmeriſchen Tages trug O 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0247" n="211"/> Gedanke geſehen, der zuruͤckſinkt unter den Stra¬<lb/> len des Genius; und in der andern Welt betet der<lb/> Menſch ſeine hieſigen verſtummten Gebete hin¬<lb/> aus. — — —</p><lb/> <p>Am Abend dieſes ſchwaͤrmeriſchen Tages trug<lb/> eine wiegende Ruhe auf ihren feſten Haͤnden ſein<lb/> uͤberſpanntes Herz; er ſchlug nicht gewaltſam die<lb/> kurzen Kinder- und Menſchen-Arme um die Freu¬<lb/> de, ſondern dieſe ſchloß die Mutterarme leiſ' um<lb/> ihn. Dieſer Zephyr der Ruhe ſpielte — anſtatt<lb/> daß der Orkan des Jauchzens den Menſchen durch<lb/> und wider alles reiſſet — noch am Pfingſttage mit<lb/> ſeinen Ideen und <choice><sic>erlag</sic><corr>er lag</corr></choice> darauf wie auf einer Wol¬<lb/> ke, da er heiter in die Pfingſtſonne trat; aber als<lb/> der Blumengeruch der geſchmuͤckten Bruſt, <choice><sic>daß</sic><corr>das</corr></choice> Ge¬<lb/> fuͤhl des preſſenden, rauſchenden Anzugs, das Glok¬<lb/> kengelaͤute, deſſen fortlaufende Toͤne wie goldne<lb/> Faͤden um alle einzelne Auftritte liefen nnd ſie in<lb/> Einem verbanden, der Birkenduft und das gruͤne<lb/> Helldunkel der Kirche, ſogar das Faſten, als alles<lb/> das ſeine Ideen und ſeine Blutkuͤgelchen in fliegende<lb/> Kreiſe warf: ſo ſtand in ſeiner Bruſt eine an¬<lb/> gezuͤndete Sonne; das Bild eines tugendhaf¬<lb/> ten Menſchen brannte nie in ſo großen uͤber<lb/> <fw place="bottom" type="sig">O 2<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [211/0247]
Gedanke geſehen, der zuruͤckſinkt unter den Stra¬
len des Genius; und in der andern Welt betet der
Menſch ſeine hieſigen verſtummten Gebete hin¬
aus. — — —
Am Abend dieſes ſchwaͤrmeriſchen Tages trug
eine wiegende Ruhe auf ihren feſten Haͤnden ſein
uͤberſpanntes Herz; er ſchlug nicht gewaltſam die
kurzen Kinder- und Menſchen-Arme um die Freu¬
de, ſondern dieſe ſchloß die Mutterarme leiſ' um
ihn. Dieſer Zephyr der Ruhe ſpielte — anſtatt
daß der Orkan des Jauchzens den Menſchen durch
und wider alles reiſſet — noch am Pfingſttage mit
ſeinen Ideen und er lag darauf wie auf einer Wol¬
ke, da er heiter in die Pfingſtſonne trat; aber als
der Blumengeruch der geſchmuͤckten Bruſt, das Ge¬
fuͤhl des preſſenden, rauſchenden Anzugs, das Glok¬
kengelaͤute, deſſen fortlaufende Toͤne wie goldne
Faͤden um alle einzelne Auftritte liefen nnd ſie in
Einem verbanden, der Birkenduft und das gruͤne
Helldunkel der Kirche, ſogar das Faſten, als alles
das ſeine Ideen und ſeine Blutkuͤgelchen in fliegende
Kreiſe warf: ſo ſtand in ſeiner Bruſt eine an¬
gezuͤndete Sonne; das Bild eines tugendhaf¬
ten Menſchen brannte nie in ſo großen uͤber
O 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/247 |
Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/247>, abgerufen am 16.02.2025. |