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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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ke das sechste Bein aus und daher schonte er die
seiner Leute, die viere weniger hatten, um so
mehr.

Endlich packen sie ein, die Falkenbergischen:
wir wollen dabei seyn. Da deine Seele wie Uh¬
ren und Pferde nur unter dem Reisen nicht stockte:
so war er am Abzugsmorgen am frohesten und ra¬
schesten; liebte keine Fortschreitung durch Sekun¬
den, sondern durch Nonen; fluchte über sämmt¬
liche Hände und Füße im Schloß, weil sie nicht
flogen; drückte und stauchte das weibliche Schif
und Geschirr mit ehernen Händen in die nächste
Schachtel hinein; und hatte keine andere absüh¬
rende Haarseile seiner ungeduldigen Langweile als
seine Füße, die stampften, und seine Hände, mit
denen er theils den Kutscher aus solchen Gründen
wie dieser die Pferde, auswirte, theils die Re¬
stanten im Schlosse sämmtlich recht gut beschenkte.

Die Rittmeisterin aber weiß alles so komplett
und vernünftig zu thun, daß sie mit nichts fertig
wird. Hätte sie drei Sprünge zu thun, um dem
herunterplumpenden Monde auszuweichen: so streif¬
te sie doch, eh' sie spränge, noch eine Falte aus
der Fenstergardine heraus -- beim Plätten wär's

ke das ſechſte Bein aus und daher ſchonte er die
ſeiner Leute, die viere weniger hatten, um ſo
mehr.

Endlich packen ſie ein, die Falkenbergiſchen:
wir wollen dabei ſeyn. Da deine Seele wie Uh¬
ren und Pferde nur unter dem Reiſen nicht ſtockte:
ſo war er am Abzugsmorgen am froheſten und ra¬
ſcheſten; liebte keine Fortſchreitung durch Sekun¬
den, ſondern durch Nonen; fluchte uͤber ſaͤmmt¬
liche Haͤnde und Fuͤße im Schloß, weil ſie nicht
flogen; druͤckte und ſtauchte das weibliche Schif
und Geſchirr mit ehernen Haͤnden in die naͤchſte
Schachtel hinein; und hatte keine andere abſuͤh¬
rende Haarſeile ſeiner ungeduldigen Langweile als
ſeine Fuͤße, die ſtampften, und ſeine Haͤnde, mit
denen er theils den Kutſcher aus ſolchen Gruͤnden
wie dieſer die Pferde, auswirte, theils die Re¬
ſtanten im Schloſſe ſaͤmmtlich recht gut beſchenkte.

Die Rittmeiſterin aber weiß alles ſo komplett
und vernuͤnftig zu thun, daß ſie mit nichts fertig
wird. Haͤtte ſie drei Spruͤnge zu thun, um dem
herunterplumpenden Monde auszuweichen: ſo ſtreif¬
te ſie doch, eh' ſie ſpraͤnge, noch eine Falte aus
der Fenſtergardine heraus — beim Plaͤtten waͤr's

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[98/0134] ke das ſechſte Bein aus und daher ſchonte er die ſeiner Leute, die viere weniger hatten, um ſo mehr. Endlich packen ſie ein, die Falkenbergiſchen: wir wollen dabei ſeyn. Da deine Seele wie Uh¬ ren und Pferde nur unter dem Reiſen nicht ſtockte: ſo war er am Abzugsmorgen am froheſten und ra¬ ſcheſten; liebte keine Fortſchreitung durch Sekun¬ den, ſondern durch Nonen; fluchte uͤber ſaͤmmt¬ liche Haͤnde und Fuͤße im Schloß, weil ſie nicht flogen; druͤckte und ſtauchte das weibliche Schif und Geſchirr mit ehernen Haͤnden in die naͤchſte Schachtel hinein; und hatte keine andere abſuͤh¬ rende Haarſeile ſeiner ungeduldigen Langweile als ſeine Fuͤße, die ſtampften, und ſeine Haͤnde, mit denen er theils den Kutſcher aus ſolchen Gruͤnden wie dieſer die Pferde, auswirte, theils die Re¬ ſtanten im Schloſſe ſaͤmmtlich recht gut beſchenkte. Die Rittmeiſterin aber weiß alles ſo komplett und vernuͤnftig zu thun, daß ſie mit nichts fertig wird. Haͤtte ſie drei Spruͤnge zu thun, um dem herunterplumpenden Monde auszuweichen: ſo ſtreif¬ te ſie doch, eh' ſie ſpraͤnge, noch eine Falte aus der Fenſtergardine heraus — beim Plaͤtten waͤr's

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/134>, abgerufen am 28.04.2024.