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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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hol' ich ihn her", versetzte sie und wollte davon
eilen; er hielt sie an der Hand fest,
blickte sie an, wollte etwas sagen, ließ aber
die Hand fahren und rief: "Ach Gott, ich kann
Sie nur nicht weinen sehen." Sie eilte in
einen Felsen-Thalweg hinein, er folgte ihr
unwillkürlich nach -- da fand er sie mit dem
Kopfe an eine Felsenzacke gelehnt, sie winkte
ihn weg, und sagte leise: "O laßt mich wei-
nen, es fehlt mir nichts, es ist nur die dumme
Musik." -- Ich höre keine (sagte der Krieger
außer sich, und riß sie vom Felsen an sein
Herz) -- O du himmlisches, gutes Wesen
bleib' an meiner Brust -- ich meine es redlich,
muß ich von dir lassen, so muß ich zu Grunde
gehen." Sie schauerte in seinen Armen, das
weinende Angesicht hing wie aufgelöset seitwärts
herab, die Töne drangen zu heftig ins gespal-
tene Herz, und seine Worte noch heftiger.
"Theoda, so sagst du nichts zu mir?" --
Ach, antwortete sie, was hab' ich denn zu
sagen?" und bedeckte das erröthende Gesicht
mit seiner Brust. -- Da war der ewige Bund

hol’ ich ihn her“, verſetzte ſie und wollte davon
eilen; er hielt ſie an der Hand feſt,
blickte ſie an, wollte etwas ſagen, ließ aber
die Hand fahren und rief: „Ach Gott, ich kann
Sie nur nicht weinen ſehen.“ Sie eilte in
einen Felſen-Thalweg hinein, er folgte ihr
unwillkuͤrlich nach — da fand er ſie mit dem
Kopfe an eine Felſenzacke gelehnt, ſie winkte
ihn weg, und ſagte leiſe: „O laßt mich wei-
nen, es fehlt mir nichts, es iſt nur die dumme
Muſik.“ — Ich höre keine (ſagte der Krieger
außer ſich, und riß ſie vom Felſen an ſein
Herz) — O du himmliſches, gutes Weſen
bleib’ an meiner Bruſt — ich meine es redlich,
muß ich von dir laſſen, ſo muß ich zu Grunde
gehen.“ Sie ſchauerte in ſeinen Armen, das
weinende Angeſicht hing wie aufgeloͤſet ſeitwaͤrts
herab, die Toͤne drangen zu heftig ins geſpal-
tene Herz, und ſeine Worte noch heftiger.
„Theoda, ſo ſagſt du nichts zu mir?“ —
Ach, antwortete ſie, was hab’ ich denn zu
ſagen?“ und bedeckte das erroͤthende Geſicht
mit ſeiner Bruſt. — Da war der ewige Bund

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[86/0092] hol’ ich ihn her“, verſetzte ſie und wollte davon eilen; er hielt ſie an der Hand feſt, blickte ſie an, wollte etwas ſagen, ließ aber die Hand fahren und rief: „Ach Gott, ich kann Sie nur nicht weinen ſehen.“ Sie eilte in einen Felſen-Thalweg hinein, er folgte ihr unwillkuͤrlich nach — da fand er ſie mit dem Kopfe an eine Felſenzacke gelehnt, ſie winkte ihn weg, und ſagte leiſe: „O laßt mich wei- nen, es fehlt mir nichts, es iſt nur die dumme Muſik.“ — Ich höre keine (ſagte der Krieger außer ſich, und riß ſie vom Felſen an ſein Herz) — O du himmliſches, gutes Weſen bleib’ an meiner Bruſt — ich meine es redlich, muß ich von dir laſſen, ſo muß ich zu Grunde gehen.“ Sie ſchauerte in ſeinen Armen, das weinende Angeſicht hing wie aufgeloͤſet ſeitwaͤrts herab, die Toͤne drangen zu heftig ins geſpal- tene Herz, und ſeine Worte noch heftiger. „Theoda, ſo ſagſt du nichts zu mir?“ — Ach, antwortete ſie, was hab’ ich denn zu ſagen?“ und bedeckte das erroͤthende Geſicht mit ſeiner Bruſt. — Da war der ewige Bund

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/92>, abgerufen am 28.04.2024.