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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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Bergschloß-Ruine -- dann vor ein Schiefer-
Häuschen, blos aus Schiefern voll Schiefer-
Abdrücke gemacht -- dann tönte auf den ent-
fernten unterirdischen Alpen zuweilen ein
Alphorn die Hölungen hindurch -- sie kam an
einen Bach, in welchem die unterirdischen
Lampen zum zweytenmale unterirdisch wieder-
glänzten -- dann an einen kleinen See, worin
eine abgespiegelte Gestalt gegen den umgekehr-
ten Himmel hinunterhing; es war die Statüe
der Fürstin-Mutter, die ihr Sohn dicht
neben ihrem Grabe aufgestellt. Theoda eilte
zu dem blassen Marmor, wie zu einer stillen
Geistergestalt, und setzte sich auf das Grab
daneben. Sie durfte jetzt alles vergessen, und
nur an ihre Mutter denken und sogar weinen;
wer konnt' es im Dunkel bemerken?

Theudobach kam jetzt aus Felsengängen
gegen sie daher, dessen schöne Gestalt ihr durch
den Zauber des Helldunkels noch höher auf-
wuchs. Sie erschrack nicht, sondern sah lieb-
reich zu seiner entblößten Stirn empor, auf
der das Licht einer unbefleckten Jugend blühte:

Bergſchloß-Ruine — dann vor ein Schiefer-
Haͤuschen, blos aus Schiefern voll Schiefer-
Abdruͤcke gemacht — dann toͤnte auf den ent-
fernten unterirdiſchen Alpen zuweilen ein
Alphorn die Hoͤlungen hindurch — ſie kam an
einen Bach, in welchem die unterirdiſchen
Lampen zum zweytenmale unterirdiſch wieder-
glaͤnzten — dann an einen kleinen See, worin
eine abgeſpiegelte Geſtalt gegen den umgekehr-
ten Himmel hinunterhing; es war die Statuͤe
der Fuͤrſtin-Mutter, die ihr Sohn dicht
neben ihrem Grabe aufgeſtellt. Theoda eilte
zu dem blaſſen Marmor, wie zu einer ſtillen
Geiſtergeſtalt, und ſetzte ſich auf das Grab
daneben. Sie durfte jetzt alles vergeſſen, und
nur an ihre Mutter denken und ſogar weinen;
wer konnt’ es im Dunkel bemerken?

Theudobach kam jetzt aus Felſengaͤngen
gegen ſie daher, deſſen ſchöne Geſtalt ihr durch
den Zauber des Helldunkels noch hoͤher auf-
wuchs. Sie erſchrack nicht, ſondern ſah lieb-
reich zu ſeiner entbloͤßten Stirn empor, auf
der das Licht einer unbefleckten Jugend bluͤhte:

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[84/0090] Bergſchloß-Ruine — dann vor ein Schiefer- Haͤuschen, blos aus Schiefern voll Schiefer- Abdruͤcke gemacht — dann toͤnte auf den ent- fernten unterirdiſchen Alpen zuweilen ein Alphorn die Hoͤlungen hindurch — ſie kam an einen Bach, in welchem die unterirdiſchen Lampen zum zweytenmale unterirdiſch wieder- glaͤnzten — dann an einen kleinen See, worin eine abgeſpiegelte Geſtalt gegen den umgekehr- ten Himmel hinunterhing; es war die Statuͤe der Fuͤrſtin-Mutter, die ihr Sohn dicht neben ihrem Grabe aufgeſtellt. Theoda eilte zu dem blaſſen Marmor, wie zu einer ſtillen Geiſtergeſtalt, und ſetzte ſich auf das Grab daneben. Sie durfte jetzt alles vergeſſen, und nur an ihre Mutter denken und ſogar weinen; wer konnt’ es im Dunkel bemerken? Theudobach kam jetzt aus Felſengaͤngen gegen ſie daher, deſſen ſchöne Geſtalt ihr durch den Zauber des Helldunkels noch hoͤher auf- wuchs. Sie erſchrack nicht, ſondern ſah lieb- reich zu ſeiner entbloͤßten Stirn empor, auf der das Licht einer unbefleckten Jugend bluͤhte:

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/90>, abgerufen am 28.04.2024.