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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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schen und des Wildbads zu Abach, wie schon
das häßliche Stinken nach faulen Eyern ver-
spreche. Hier wollt' er das Traktätchen aus der
Tasche ziehen, bekam aber statt dessen den
Schwanz des ausgestopften Kätzchens von St.
Wolfgang in die Hand und wollte nicht gern
heraus; er fuhr in die andern Taschen, stieß
aber auf den neuesten Hölenbären-Knochen,
den er aus der Höle zu sich gesteckt. "Ei wie
böse, sagt' er. Alle Taschen sind voll, es ist
aber nichts darin, ich meine keine Abhandlung."
Der Fürst lächelte, vergab und ersuchte um
das Traktätchen, und nahm von dem unab-
hängigen berühmten Gelehrten -- der seinen
Bückling mehr nur mit dem innern Menschen
machen konnte, obwol nur vor einem van
Swieten, Sydenham, Haller, Swift -- mit
größerer Höflichkeit Abschied als Katzenberger
verhältnismäßig erwiederte. Warum aber?
vielleicht weil überhaupt Fürsten gern dem
fremden Gelehrten am höflichsten begegnen
-- weil ihre Höflichkeit sie noch nichts kostet --
weil sie ihn erst angeln wollen -- weil ein

ſchen und des Wildbads zu Abach, wie ſchon
das haͤßliche Stinken nach faulen Eyern ver-
ſpreche. Hier wollt’ er das Traktaͤtchen aus der
Taſche ziehen, bekam aber ſtatt deſſen den
Schwanz des ausgeſtopften Kaͤtzchens von St.
Wolfgang in die Hand und wollte nicht gern
heraus; er fuhr in die andern Taſchen, ſtieß
aber auf den neueſten Hoͤlenbaͤren-Knochen,
den er aus der Hoͤle zu ſich geſteckt. „Ei wie
boͤſe, ſagt’ er. Alle Taſchen ſind voll, es iſt
aber nichts darin, ich meine keine Abhandlung.”
Der Fuͤrſt laͤchelte, vergab und erſuchte um
das Traktaͤtchen, und nahm von dem unab-
haͤngigen beruͤhmten Gelehrten — der ſeinen
Buͤckling mehr nur mit dem innern Menſchen
machen konnte, obwol nur vor einem van
Swieten, Sydenham, Haller, Swift — mit
groͤßerer Hoͤflichkeit Abſchied als Katzenberger
verhaͤltnismäßig erwiederte. Warum aber?
vielleicht weil uͤberhaupt Fuͤrſten gern dem
fremden Gelehrten am höflichſten begegnen
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[67/0073] ſchen und des Wildbads zu Abach, wie ſchon das haͤßliche Stinken nach faulen Eyern ver- ſpreche. Hier wollt’ er das Traktaͤtchen aus der Taſche ziehen, bekam aber ſtatt deſſen den Schwanz des ausgeſtopften Kaͤtzchens von St. Wolfgang in die Hand und wollte nicht gern heraus; er fuhr in die andern Taſchen, ſtieß aber auf den neueſten Hoͤlenbaͤren-Knochen, den er aus der Hoͤle zu ſich geſteckt. „Ei wie boͤſe, ſagt’ er. Alle Taſchen ſind voll, es iſt aber nichts darin, ich meine keine Abhandlung.” Der Fuͤrſt laͤchelte, vergab und erſuchte um das Traktaͤtchen, und nahm von dem unab- haͤngigen beruͤhmten Gelehrten — der ſeinen Buͤckling mehr nur mit dem innern Menſchen machen konnte, obwol nur vor einem van Swieten, Sydenham, Haller, Swift — mit groͤßerer Hoͤflichkeit Abſchied als Katzenberger verhaͤltnismäßig erwiederte. Warum aber? vielleicht weil uͤberhaupt Fuͤrſten gern dem fremden Gelehrten am höflichſten begegnen — weil ihre Hoͤflichkeit ſie noch nichts koſtet — weil ſie ihn erſt angeln wollen — weil ein

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/73>, abgerufen am 27.04.2024.