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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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mein Deutschland wieder zu erkennen, das ich
so oft eine lebendige Wirthschafts-Teleologie
hieß im besten Sinn. Wenn wir schon in der
Poesie, den Bienen gleich -- die daher auf
unsern Krönungsmantel zu stecken wären, --
auf der Rose der Schönheit nur den Honig-
thau des Nutzens suchten, so wird uns diese
kamerale Kenntnis wohl mit mehr Recht in ge-
meinern Verhältnissen von jedem zugemuthet.
Wir dürfen gern den ordentlichen Regen himm-
lisch-rein, thau-schimmernd und frühlings-
duftend finden; aber er kann uns nicht gleich-
gültig statt durstig machen gegen zwey wichti-
gere Strichregen im Jahre 1665*), wovon
der eine in Naumburg, nach Happel, in schön-
blauer Seide, der andere in Norwegen, nach
Prätor, in gutem Kammertuch niederfiel, von
welchem sich der damalige Dänenkönig zwanzig
Ellen kommen lassen. Aber wollte ein solcher
Tuch-Landregen einmal eine Armee in der Re-
vue bedecken, o Gott! -- -- Ohnehin gibts

*) Tharsanders Schauplatz ungereimter Meinungen
1. S. 365.
Zweyter Theil. 11

mein Deutſchland wieder zu erkennen, das ich
ſo oft eine lebendige Wirthſchafts-Teleologie
hieß im beſten Sinn. Wenn wir ſchon in der
Poeſie, den Bienen gleich — die daher auf
unſern Kroͤnungsmantel zu ſtecken waͤren, —
auf der Roſe der Schoͤnheit nur den Honig-
thau des Nutzens ſuchten, ſo wird uns dieſe
kamerale Kenntnis wohl mit mehr Recht in ge-
meinern Verhaͤltniſſen von jedem zugemuthet.
Wir duͤrfen gern den ordentlichen Regen himm-
liſch-rein, thau-ſchimmernd und fruͤhlings-
duftend finden; aber er kann uns nicht gleich-
guͤltig ſtatt durſtig machen gegen zwey wichti-
gere Strichregen im Jahre 1665*), wovon
der eine in Naumburg, nach Happel, in ſchoͤn-
blauer Seide, der andere in Norwegen, nach
Praͤtor, in gutem Kammertuch niederfiel, von
welchem ſich der damalige Daͤnenkoͤnig zwanzig
Ellen kommen laſſen. Aber wollte ein ſolcher
Tuch-Landregen einmal eine Armee in der Re-
vue bedecken, o Gott! — — Ohnehin gibts

*) Tharſanders Schauplatz ungereimter Meinungen
1. S. 365.
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[161/0167] mein Deutſchland wieder zu erkennen, das ich ſo oft eine lebendige Wirthſchafts-Teleologie hieß im beſten Sinn. Wenn wir ſchon in der Poeſie, den Bienen gleich — die daher auf unſern Kroͤnungsmantel zu ſtecken waͤren, — auf der Roſe der Schoͤnheit nur den Honig- thau des Nutzens ſuchten, ſo wird uns dieſe kamerale Kenntnis wohl mit mehr Recht in ge- meinern Verhaͤltniſſen von jedem zugemuthet. Wir duͤrfen gern den ordentlichen Regen himm- liſch-rein, thau-ſchimmernd und fruͤhlings- duftend finden; aber er kann uns nicht gleich- guͤltig ſtatt durſtig machen gegen zwey wichti- gere Strichregen im Jahre 1665 *), wovon der eine in Naumburg, nach Happel, in ſchoͤn- blauer Seide, der andere in Norwegen, nach Praͤtor, in gutem Kammertuch niederfiel, von welchem ſich der damalige Daͤnenkoͤnig zwanzig Ellen kommen laſſen. Aber wollte ein ſolcher Tuch-Landregen einmal eine Armee in der Re- vue bedecken, o Gott! — — Ohnehin gibts *) Tharſanders Schauplatz ungereimter Meinungen 1. S. 365. Zweyter Theil. 11

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/167>, abgerufen am 02.05.2024.