Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.von einem denkenden Geiste entzündet, seine gepre¬ F 2
von einem denkenden Geiſte entzuͤndet‚ ſeine gepre¬ F 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0093" n="83"/> von einem denkenden Geiſte entzuͤndet‚ ſeine gepre¬<lb/> ſten und eben darum dunkelroͤtheren uͤbervollen Lip¬<lb/> pen waren in die menſchenfreundliche Erhebung zum<lb/> Kuße befeſtigt; blos die Naſe war nicht fein genug‚<lb/> ſondern juriſtiſch oder deutſch gebildet. Die Naſe<lb/> großer Juriſten ſieht meines Erachtens ſo elend aus‚<lb/> wie die Naſe der Juſtiz‚ mit der ſie aber nichts ge¬<lb/> mein hat als die — Form. Nicht zu erklaͤren iſts<lb/> beilaͤufig‚ warum die Geſichter großer Theologen —<lb/> ſie muͤſten denn noch etwas anderes Großes ſeyn —<lb/> etwas von der typographiſchen Pracht der <hi rendition="#g">deut¬<lb/> ſchen</hi> Bibeln an ſich haben. Viktors Geſicht hinge¬<lb/> gen hatte am wenigſten unter allen von juriſtiſchem<lb/> Matgold und von theologiſcher Packpapier- und Kur¬<lb/> rent-Gemeinheit: ſeine Naſe lief‚ die Schaͤrfe und<lb/> den Stirn-Einſchnitt abgezogen‚ griechiſch-gerade gerade<lb/> nieder‚ die ſpitzigen Mundwinkel betrugen (wenn er<lb/> aber nicht lachte) vielleicht uͤber <hi rendition="#aq">I</hi>′′′′′ formirten mit<lb/> einer ſolchen Naſen-Schneide das Ordens-kreutz‚<lb/> das ſatiriſche Leute tragen; — ſeine weite Stirne<lb/> woͤlbte ſich zu einem hellen und geraͤumigen Chor<lb/> einer geiſtigen Rotunda‚ worin eine <hi rendition="#g">ſokratiſch</hi>¬<lb/> gleichbeleuchtete Seele wohnt‚ aber weder dieſe Helle<lb/> noch jene Stirne gatten ſich mit <hi rendition="#g">angeborner</hi> wil¬<lb/> der Feſtigkeit obwohl mit <hi rendition="#g">erworbener</hi>; — ſeine<lb/> Phantaſie‚ dieſer große Gewinn‚ hatte wie mehr¬<lb/> mals gar keine Lotteriedeviſe auf ſeinem Geſicht; —<lb/> <fw place="bottom" type="sig">F 2<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [83/0093]
von einem denkenden Geiſte entzuͤndet‚ ſeine gepre¬
ſten und eben darum dunkelroͤtheren uͤbervollen Lip¬
pen waren in die menſchenfreundliche Erhebung zum
Kuße befeſtigt; blos die Naſe war nicht fein genug‚
ſondern juriſtiſch oder deutſch gebildet. Die Naſe
großer Juriſten ſieht meines Erachtens ſo elend aus‚
wie die Naſe der Juſtiz‚ mit der ſie aber nichts ge¬
mein hat als die — Form. Nicht zu erklaͤren iſts
beilaͤufig‚ warum die Geſichter großer Theologen —
ſie muͤſten denn noch etwas anderes Großes ſeyn —
etwas von der typographiſchen Pracht der deut¬
ſchen Bibeln an ſich haben. Viktors Geſicht hinge¬
gen hatte am wenigſten unter allen von juriſtiſchem
Matgold und von theologiſcher Packpapier- und Kur¬
rent-Gemeinheit: ſeine Naſe lief‚ die Schaͤrfe und
den Stirn-Einſchnitt abgezogen‚ griechiſch-gerade gerade
nieder‚ die ſpitzigen Mundwinkel betrugen (wenn er
aber nicht lachte) vielleicht uͤber I′′′′′ formirten mit
einer ſolchen Naſen-Schneide das Ordens-kreutz‚
das ſatiriſche Leute tragen; — ſeine weite Stirne
woͤlbte ſich zu einem hellen und geraͤumigen Chor
einer geiſtigen Rotunda‚ worin eine ſokratiſch¬
gleichbeleuchtete Seele wohnt‚ aber weder dieſe Helle
noch jene Stirne gatten ſich mit angeborner wil¬
der Feſtigkeit obwohl mit erworbener; — ſeine
Phantaſie‚ dieſer große Gewinn‚ hatte wie mehr¬
mals gar keine Lotteriedeviſe auf ſeinem Geſicht; —
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