Blick, um zu Gott zu kommen, von der Erde auf und von den grünenden Rändern der Bäche und stieg auf die herumgebognen Wälder, aus denen die eisernen Funken und Dampf-Säulen *) über die Gipfel sprangen, und zog auf die weissen Berge, wo der Winter in Wolken schläft, -- -- aber als der heilige Blick in dem Sternen-Himmel war und zu Gott hinaufsehen wollte, der die Nacht und den Frühling und die Seele geschaffen hat: so fiel er mit zurücksinkendem Flügel und weinend und fromm und demüthig und seelig zurück. . . . Seine schwe¬ re Seele konnte nur sagen: Er ist! --
Aber sein Herz sog sich voll Leben an der unend¬ lichen, quellenden, wehenden Welt um ihn, über ihm, unter ihm, worin Kraft an Kraft, Blüthe an Blüthe reicht, und deren Lebensquellen von einer Erde in die andere sprützen, und deren leere Räume nur die Steige der feinern Kräfte und der Aufent¬ halt der kleinern sind -- die ganze unermeßliche Welt stand vor ihm, deren ausgespanter Wasserfall, in Düfte und Ströme, in Milchstraßen und Herzen zersprungen, zwischen den zwei Donnern des Gi¬ pfels und des Abgrunds, reissend, gestirnt, geflammt herabfährt aus einer vergangnen Ewigkeit und nie¬
*) Von den Eisen- und Kohlenhütten.
Hesperus. III. Th. E
Blick, um zu Gott zu kommen, von der Erde auf und von den gruͤnenden Raͤndern der Baͤche und ſtieg auf die herumgebognen Waͤlder, aus denen die eiſernen Funken und Dampf-Saͤulen *) uͤber die Gipfel ſprangen, und zog auf die weiſſen Berge, wo der Winter in Wolken ſchlaͤft, — — aber als der heilige Blick in dem Sternen-Himmel war und zu Gott hinaufſehen wollte, der die Nacht und den Fruͤhling und die Seele geſchaffen hat: ſo fiel er mit zuruͤckſinkendem Fluͤgel und weinend und fromm und demuͤthig und ſeelig zuruͤck. . . . Seine ſchwe¬ re Seele konnte nur ſagen: Er iſt! —
Aber ſein Herz ſog ſich voll Leben an der unend¬ lichen, quellenden, wehenden Welt um ihn, uͤber ihm, unter ihm, worin Kraft an Kraft, Bluͤthe an Bluͤthe reicht, und deren Lebensquellen von einer Erde in die andere ſpruͤtzen, und deren leere Raͤume nur die Steige der feinern Kraͤfte und der Aufent¬ halt der kleinern ſind — die ganze unermeßliche Welt ſtand vor ihm, deren ausgeſpanter Waſſerfall, in Duͤfte und Stroͤme, in Milchſtraßen und Herzen zerſprungen, zwiſchen den zwei Donnern des Gi¬ pfels und des Abgrunds, reiſſend, geſtirnt, geflammt herabfaͤhrt aus einer vergangnen Ewigkeit und nie¬
*) Von den Eiſen- und Kohlenhütten.
Heſperus. III. Th. E
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Blick, um zu Gott zu kommen, von der Erde auf
und von den gruͤnenden Raͤndern der Baͤche und
ſtieg auf die herumgebognen Waͤlder, aus denen die
eiſernen Funken und Dampf-Saͤulen *) uͤber die
Gipfel ſprangen, und zog auf die weiſſen Berge,
wo der Winter in Wolken ſchlaͤft, — — aber als
der heilige Blick in dem Sternen-Himmel war und
zu Gott hinaufſehen wollte, der die Nacht und den
Fruͤhling und die Seele geſchaffen hat: ſo fiel er
mit zuruͤckſinkendem Fluͤgel und weinend und fromm
und demuͤthig und ſeelig zuruͤck. . . . Seine ſchwe¬
re Seele konnte nur ſagen: Er iſt! —
Aber ſein Herz ſog ſich voll Leben an der unend¬
lichen, quellenden, wehenden Welt um ihn, uͤber
ihm, unter ihm, worin Kraft an Kraft, Bluͤthe an
Bluͤthe reicht, und deren Lebensquellen von einer
Erde in die andere ſpruͤtzen, und deren leere Raͤume
nur die Steige der feinern Kraͤfte und der Aufent¬
halt der kleinern ſind — die ganze unermeßliche
Welt ſtand vor ihm, deren ausgeſpanter Waſſerfall,
in Duͤfte und Stroͤme, in Milchſtraßen und Herzen
zerſprungen, zwiſchen den zwei Donnern des Gi¬
pfels und des Abgrunds, reiſſend, geſtirnt, geflammt
herabfaͤhrt aus einer vergangnen Ewigkeit und nie¬
*) Von den Eiſen- und Kohlenhütten.
Heſperus. III. Th. E
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/75>, abgerufen am 21.11.2024.
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