glücks als einen großen vollendeten Zauberkreis zwischen der Erde und Sonne hängen. -- Im Schlosse bat die Lady ihre Tochter, allein in das dunkle Zimmer der Mundharmonika zu gehen, sie woll' ihr das Angebinde des Geburtstags geben. Klotildens Auge nahm vom bleibenden Freund mit einem zweiten Dank für seine Seele einen zärtlichen Abschied. --
Nach ihrer Entfernung gab ihm die Lady einen Wink, mit ihr hinter den andern nachzubleiben -- da sank er gern vor Klotildens Mutter, die um ihre Einwilligung in seine Liebe noch nicht gebeten war, mit den Worten auf das Knie: "wenn Sie "meine Bitte nicht errathen: so hab ich nicht den "Muth, sie anzufangen." Sie hob ihn auf und sagte: "Bitten, die so stillschweigend geschehen, wer¬ "den eben so stille erfüllt -- aber jetzt kommen Sie "lieber und sehen zu, womit ich meine Tochter be¬ "schenke." -- Aber er mußte erst lange die Hand benetzen und küssen, die ihm den Lindenhonig eines ganzen Lebens reichen will.
Beide giengen nun in diesem aus dem tausend¬ jährigen Reiche herübergeschickten Abende ins dunkle Zimmer zur Tochter. Warum entflossen Klotilden Thränen vor Wonne, noch eh' die Mutter sprach? -- weil sie schon alles errathen konnte. Die Mut ter führte den Geliebten an die Geliebte und sagte
gluͤcks als einen großen vollendeten Zauberkreis zwiſchen der Erde und Sonne haͤngen. — Im Schloſſe bat die Lady ihre Tochter, allein in das dunkle Zimmer der Mundharmonika zu gehen, ſie woll' ihr das Angebinde des Geburtstags geben. Klotildens Auge nahm vom bleibenden Freund mit einem zweiten Dank fuͤr ſeine Seele einen zaͤrtlichen Abſchied. —
Nach ihrer Entfernung gab ihm die Lady einen Wink, mit ihr hinter den andern nachzubleiben — da ſank er gern vor Klotildens Mutter, die um ihre Einwilligung in ſeine Liebe noch nicht gebeten war, mit den Worten auf das Knie: »wenn Sie »meine Bitte nicht errathen: ſo hab ich nicht den »Muth, ſie anzufangen.« Sie hob ihn auf und ſagte: »Bitten, die ſo ſtillſchweigend geſchehen, wer¬ »den eben ſo ſtille erfuͤllt — aber jetzt kommen Sie »lieber und ſehen zu, womit ich meine Tochter be¬ »ſchenke.« — Aber er mußte erſt lange die Hand benetzen und kuͤſſen, die ihm den Lindenhonig eines ganzen Lebens reichen will.
Beide giengen nun in dieſem aus dem tauſend¬ jaͤhrigen Reiche heruͤbergeſchickten Abende ins dunkle Zimmer zur Tochter. Warum entfloſſen Klotilden Thraͤnen vor Wonne, noch eh' die Mutter ſprach? — weil ſie ſchon alles errathen konnte. Die Mut ter fuͤhrte den Geliebten an die Geliebte und ſagte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0417"n="407"/>
gluͤcks als einen großen vollendeten <hirendition="#g">Zauberkreis</hi><lb/>
zwiſchen der Erde und Sonne haͤngen. — Im<lb/>
Schloſſe bat die Lady ihre Tochter, allein in das<lb/>
dunkle Zimmer der Mundharmonika zu gehen, ſie<lb/>
woll' ihr das Angebinde des Geburtstags geben.<lb/>
Klotildens Auge nahm vom bleibenden Freund mit<lb/>
einem zweiten Dank fuͤr ſeine Seele einen zaͤrtlichen<lb/>
Abſchied. —</p><lb/><p>Nach ihrer Entfernung gab ihm die Lady einen<lb/>
Wink, mit ihr hinter den andern nachzubleiben —<lb/>
da ſank er gern vor Klotildens Mutter, die um<lb/>
ihre Einwilligung in ſeine Liebe noch nicht gebeten<lb/>
war, mit den Worten auf das Knie: »wenn Sie<lb/>
»meine Bitte nicht errathen: ſo hab ich nicht den<lb/>
»Muth, ſie anzufangen.« Sie hob ihn auf und<lb/>ſagte: »Bitten, die ſo ſtillſchweigend geſchehen, wer¬<lb/>
»den eben ſo ſtille erfuͤllt — aber jetzt kommen Sie<lb/>
»lieber und ſehen zu, womit ich meine Tochter be¬<lb/>
»ſchenke.« — Aber er mußte erſt lange die Hand<lb/>
benetzen und kuͤſſen, die ihm den Lindenhonig eines<lb/>
ganzen Lebens reichen will.</p><lb/><p>Beide giengen nun in dieſem aus dem tauſend¬<lb/>
jaͤhrigen Reiche heruͤbergeſchickten Abende ins dunkle<lb/>
Zimmer zur Tochter. Warum entfloſſen Klotilden<lb/>
Thraͤnen vor Wonne, noch eh' die Mutter ſprach?<lb/>— weil ſie ſchon alles errathen konnte. Die Mut<lb/>
ter fuͤhrte den Geliebten an die Geliebte und ſagte<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[407/0417]
gluͤcks als einen großen vollendeten Zauberkreis
zwiſchen der Erde und Sonne haͤngen. — Im
Schloſſe bat die Lady ihre Tochter, allein in das
dunkle Zimmer der Mundharmonika zu gehen, ſie
woll' ihr das Angebinde des Geburtstags geben.
Klotildens Auge nahm vom bleibenden Freund mit
einem zweiten Dank fuͤr ſeine Seele einen zaͤrtlichen
Abſchied. —
Nach ihrer Entfernung gab ihm die Lady einen
Wink, mit ihr hinter den andern nachzubleiben —
da ſank er gern vor Klotildens Mutter, die um
ihre Einwilligung in ſeine Liebe noch nicht gebeten
war, mit den Worten auf das Knie: »wenn Sie
»meine Bitte nicht errathen: ſo hab ich nicht den
»Muth, ſie anzufangen.« Sie hob ihn auf und
ſagte: »Bitten, die ſo ſtillſchweigend geſchehen, wer¬
»den eben ſo ſtille erfuͤllt — aber jetzt kommen Sie
»lieber und ſehen zu, womit ich meine Tochter be¬
»ſchenke.« — Aber er mußte erſt lange die Hand
benetzen und kuͤſſen, die ihm den Lindenhonig eines
ganzen Lebens reichen will.
Beide giengen nun in dieſem aus dem tauſend¬
jaͤhrigen Reiche heruͤbergeſchickten Abende ins dunkle
Zimmer zur Tochter. Warum entfloſſen Klotilden
Thraͤnen vor Wonne, noch eh' die Mutter ſprach?
— weil ſie ſchon alles errathen konnte. Die Mut
ter fuͤhrte den Geliebten an die Geliebte und ſagte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/417>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.