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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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und offenbarte ihm alles. -- "Wie? -- Sie? --
"Du? -- Der Sohn eines so vornehmen Lords
"wäre mein Sohn? -- Meinen Herrn Gevatter
"hätt' ich gezeugt? -- Das ist unerhört, ein Bru¬
"der der Pathe des andern -- zwei Sebastian hab'
"ich auf einmal im Hause." -- Er wurde die Pfar¬
rerin ansichtig und fieng einen Hader an, -- wel¬
ches allemal ein Zeichen seiner Freude war. "So,
"Frau? Das weist du heute den ganzen Tag und
"mich lässest du draussen im Steinbruch im Noth¬
"stall sitzen, mitten im Harm und ich läute bis
"Nachts an der Armensünderglocke? Hättest du nicht
"den Kalkanten hinaus lassen können zum Notifizieren?
"Das war recht schlecht -- die Frau steckt zu Hause
"und trinkt Bitterwasser, in das ihr ganze Zucker¬
"fässer und Konfektteller hineingeworfen sind -- und
"der Mann hält sich in Steinbrüchen auf und säuft
"seine bittern Extrakte aus einem Brechbecher
fort." -- Sie antwortete nie darauf.

Jetzt erfuhr erst Viktor von seiner Mutter, daß
Flamin bloß für den Freund (Matthieu) und für
das Vaterland habe sterben wollen -- daß er seine
eifersüchtige Ungerechtigkeit bereue und die verscherzte
Freundschaft bejammere und daß sie ihn eben darum
abhole, um ihn in die Hände der wahren Mutter
und vor das Angesicht der gekränkten Schwester zu
führen. Es war heute am Morgen menschliche

und offenbarte ihm alles. — »Wie? — Sie? —
»Du? — Der Sohn eines ſo vornehmen Lords
»waͤre mein Sohn? — Meinen Herrn Gevatter
»haͤtt' ich gezeugt? — Das iſt unerhoͤrt, ein Bru¬
»der der Pathe des andern — zwei Sebaſtian hab'
»ich auf einmal im Hauſe.» — Er wurde die Pfar¬
rerin anſichtig und fieng einen Hader an, — wel¬
ches allemal ein Zeichen ſeiner Freude war. »So,
»Frau? Das weiſt du heute den ganzen Tag und
»mich laͤſſeſt du drauſſen im Steinbruch im Noth¬
»ſtall ſitzen, mitten im Harm und ich laͤute bis
»Nachts an der Armenſuͤnderglocke? Haͤtteſt du nicht
»den Kalkanten hinaus laſſen koͤnnen zum Notifizieren?
»Das war recht ſchlecht — die Frau ſteckt zu Hauſe
»und trinkt Bitterwaſſer, in das ihr ganze Zucker¬
»faͤſſer und Konfektteller hineingeworfen ſind — und
»der Mann haͤlt ſich in Steinbruͤchen auf und ſaͤuft
»ſeine bittern Extrakte aus einem Brechbecher
fort.» — Sie antwortete nie darauf.

Jetzt erfuhr erſt Viktor von ſeiner Mutter, daß
Flamin bloß fuͤr den Freund (Matthieu) und fuͤr
das Vaterland habe ſterben wollen — daß er ſeine
eiferſuͤchtige Ungerechtigkeit bereue und die verſcherzte
Freundſchaft bejammere und daß ſie ihn eben darum
abhole, um ihn in die Haͤnde der wahren Mutter
und vor das Angeſicht der gekraͤnkten Schweſter zu
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[399/0409] und offenbarte ihm alles. — »Wie? — Sie? — »Du? — Der Sohn eines ſo vornehmen Lords »waͤre mein Sohn? — Meinen Herrn Gevatter »haͤtt' ich gezeugt? — Das iſt unerhoͤrt, ein Bru¬ »der der Pathe des andern — zwei Sebaſtian hab' »ich auf einmal im Hauſe.» — Er wurde die Pfar¬ rerin anſichtig und fieng einen Hader an, — wel¬ ches allemal ein Zeichen ſeiner Freude war. »So, »Frau? Das weiſt du heute den ganzen Tag und »mich laͤſſeſt du drauſſen im Steinbruch im Noth¬ »ſtall ſitzen, mitten im Harm und ich laͤute bis »Nachts an der Armenſuͤnderglocke? Haͤtteſt du nicht »den Kalkanten hinaus laſſen koͤnnen zum Notifizieren? »Das war recht ſchlecht — die Frau ſteckt zu Hauſe »und trinkt Bitterwaſſer, in das ihr ganze Zucker¬ »faͤſſer und Konfektteller hineingeworfen ſind — und »der Mann haͤlt ſich in Steinbruͤchen auf und ſaͤuft »ſeine bittern Extrakte aus einem Brechbecher fort.» — Sie antwortete nie darauf. Jetzt erfuhr erſt Viktor von ſeiner Mutter, daß Flamin bloß fuͤr den Freund (Matthieu) und fuͤr das Vaterland habe ſterben wollen — daß er ſeine eiferſuͤchtige Ungerechtigkeit bereue und die verſcherzte Freundſchaft bejammere und daß ſie ihn eben darum abhole, um ihn in die Haͤnde der wahren Mutter und vor das Angeſicht der gekraͤnkten Schweſter zu fuͤhren. Es war heute am Morgen menſchliche

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/409>, abgerufen am 25.11.2024.