sal und das Herz ballet sich gleichsam zur Wehre ergrimmt zusammen -- aber diese Stärke ist Lä¬ sterung, o! es ist schöner gegen dich, Allgütiger, mit dem entzweigepreßten Herzen hinzurinnen und zur Thräne zu werden und so lange zu lieben und zu schweigen bis man stirbt!
Die bekannten Flötentöne drangen in Klotildens dicke Regenwolke des Grams -- sie zitterte ans Fen¬ ster -- sie sah den Blinden -- aber sie ging schnell zurück und hüllte ihr Herz tiefer in die kalte Wolke -- denn jetzt wußte sie alles, der Blinde war der Todesbote, daß ihr großer Freund die Erde und die Trostlosen verlassen habe. "Mein Lehrer ist auch todt" sagte sie zur Begleiterin; und als Viktor um eine Unterredung bitten ließ: konnte sie nur sprach¬ loß mit dem Kopfe nicken -- Dann bat sie die Pfar¬ rerin, in ein anderes Zimmer zu treten, weil ihr der Anblick Viktors aus vielen Gründen drückend seyn mußte. Viktor stieg die Treppe gleichsam zu einem Blutgerüst hinauf, auf dem ihm das Schick¬ sal sein Herz herausnehmen werde, nämlich die gu¬ te Klotilde, von der er heute sowol durch ihre Reise als durch seinen Vorsatz sie zu entbehren abgeschie¬ den wurde. Als er aufmachte und die Bekümmerte erblickte bleich und müde an die Wand gelehnt; und als beide einander mit niedergesunknen Händen in
ſal und das Herz ballet ſich gleichſam zur Wehre ergrimmt zuſammen — aber dieſe Staͤrke iſt Laͤ¬ ſterung, o! es iſt ſchoͤner gegen dich, Allguͤtiger, mit dem entzweigepreßten Herzen hinzurinnen und zur Thraͤne zu werden und ſo lange zu lieben und zu ſchweigen bis man ſtirbt!
Die bekannten Floͤtentoͤne drangen in Klotildens dicke Regenwolke des Grams — ſie zitterte ans Fen¬ ſter — ſie ſah den Blinden — aber ſie ging ſchnell zuruͤck und huͤllte ihr Herz tiefer in die kalte Wolke — denn jetzt wußte ſie alles, der Blinde war der Todesbote, daß ihr großer Freund die Erde und die Troſtloſen verlaſſen habe. »Mein Lehrer iſt auch todt» ſagte ſie zur Begleiterin; und als Viktor um eine Unterredung bitten ließ: konnte ſie nur ſprach¬ loß mit dem Kopfe nicken — Dann bat ſie die Pfar¬ rerin, in ein anderes Zimmer zu treten, weil ihr der Anblick Viktors aus vielen Gruͤnden druͤckend ſeyn mußte. Viktor ſtieg die Treppe gleichſam zu einem Blutgeruͤſt hinauf, auf dem ihm das Schick¬ ſal ſein Herz herausnehmen werde, naͤmlich die gu¬ te Klotilde, von der er heute ſowol durch ihre Reiſe als durch ſeinen Vorſatz ſie zu entbehren abgeſchie¬ den wurde. Als er aufmachte und die Bekuͤmmerte erblickte bleich und muͤde an die Wand gelehnt; und als beide einander mit niedergeſunknen Haͤnden in
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ſal und das Herz ballet ſich gleichſam zur Wehre
ergrimmt zuſammen — aber dieſe Staͤrke iſt Laͤ¬
ſterung, o! es iſt ſchoͤner gegen dich, Allguͤtiger,
mit dem entzweigepreßten Herzen hinzurinnen und
zur Thraͤne zu werden und ſo lange zu lieben und
zu ſchweigen bis man ſtirbt!
Die bekannten Floͤtentoͤne drangen in Klotildens
dicke Regenwolke des Grams — ſie zitterte ans Fen¬
ſter — ſie ſah den Blinden — aber ſie ging ſchnell
zuruͤck und huͤllte ihr Herz tiefer in die kalte Wolke
— denn jetzt wußte ſie alles, der Blinde war der
Todesbote, daß ihr großer Freund die Erde und die
Troſtloſen verlaſſen habe. »Mein Lehrer iſt auch
todt» ſagte ſie zur Begleiterin; und als Viktor um
eine Unterredung bitten ließ: konnte ſie nur ſprach¬
loß mit dem Kopfe nicken — Dann bat ſie die Pfar¬
rerin, in ein anderes Zimmer zu treten, weil ihr
der Anblick Viktors aus vielen Gruͤnden druͤckend
ſeyn mußte. Viktor ſtieg die Treppe gleichſam zu
einem Blutgeruͤſt hinauf, auf dem ihm das Schick¬
ſal ſein Herz herausnehmen werde, naͤmlich die gu¬
te Klotilde, von der er heute ſowol durch ihre Reiſe
als durch ſeinen Vorſatz ſie zu entbehren abgeſchie¬
den wurde. Als er aufmachte und die Bekuͤmmerte
erblickte bleich und muͤde an die Wand gelehnt; und
als beide einander mit niedergeſunknen Haͤnden in
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/319>, abgerufen am 17.05.2024.
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