ge der zweiten Welt zu verhüllen und zu betäu¬ ben --
Und als unter dem Liede das Lächeln über einen unbekannten Traum in dem letzten Schweiß ausfloß -- und als eine bloße Zuckung der Hand die Hand des trostlosen Freundes drückte, und als die Zuckung mit dem Augenlied winkte und weiter hinab die blassen Lippen öfnete und verging, und als die Abend¬ röthe die bleiche Gestalt bedeckte -- -- Siehe da trat der Tod, kalt gegen die Erde und unsern Jam¬ mer, eisern, aufgerichtet und stumm, durch den schönen Abend unter die Lindenblüte hin zur über¬ deckten Seele im beruhigten Leichnam und reichte die verhüllte Seele mit unermeßlichem Arm von der Erde durch unbekannte Welten hindurch in Deine ewige warme väterliche Hand, die uns geschaffen hat -- in das Elysium, für das du uns gebildet hast -- unter die Verwandten unsers Herzens -- in das Land der Ruhe, der Tugend und des Lichts . . . .
Julius stockte aus Schmerz und Horion sagte: spiele das Lied der Entzückung fort, er ist erst ge¬ storben. -- Unter den Tönen drückte Horion dem Geliebten die Augen zu und sagte mit einem Herzen über der Erde: "Nun schließet euch zu -- der Geist ist über der Erde, dem ihr das Licht gegeben -- du blasse geheiligte Gestalt, du geheiligtes Herz,
ge der zweiten Welt zu verhuͤllen und zu betaͤu¬ ben —
Und als unter dem Liede das Laͤcheln uͤber einen unbekannten Traum in dem letzten Schweiß ausfloß — und als eine bloße Zuckung der Hand die Hand des troſtloſen Freundes druͤckte, und als die Zuckung mit dem Augenlied winkte und weiter hinab die blaſſen Lippen oͤfnete und verging, und als die Abend¬ roͤthe die bleiche Geſtalt bedeckte — — Siehe da trat der Tod, kalt gegen die Erde und unſern Jam¬ mer, eiſern, aufgerichtet und ſtumm, durch den ſchoͤnen Abend unter die Lindenbluͤte hin zur uͤber¬ deckten Seele im beruhigten Leichnam und reichte die verhuͤllte Seele mit unermeßlichem Arm von der Erde durch unbekannte Welten hindurch in Deine ewige warme vaͤterliche Hand, die uns geſchaffen hat — in das Elyſium, fuͤr das du uns gebildet haſt — unter die Verwandten unſers Herzens — in das Land der Ruhe, der Tugend und des Lichts . . . .
Julius ſtockte aus Schmerz und Horion ſagte: ſpiele das Lied der Entzuͤckung fort, er iſt erſt ge¬ ſtorben. — Unter den Toͤnen druͤckte Horion dem Geliebten die Augen zu und ſagte mit einem Herzen uͤber der Erde: »Nun ſchließet euch zu — der Geiſt iſt uͤber der Erde, dem ihr das Licht gegeben — du blaſſe geheiligte Geſtalt, du geheiligtes Herz,
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ge der zweiten Welt zu verhuͤllen und zu betaͤu¬
ben —
Und als unter dem Liede das Laͤcheln uͤber einen
unbekannten Traum in dem letzten Schweiß ausfloß
— und als eine bloße Zuckung der Hand die Hand
des troſtloſen Freundes druͤckte, und als die Zuckung
mit dem Augenlied winkte und weiter hinab die
blaſſen Lippen oͤfnete und verging, und als die Abend¬
roͤthe die bleiche Geſtalt bedeckte — — Siehe da
trat der Tod, kalt gegen die Erde und unſern Jam¬
mer, eiſern, aufgerichtet und ſtumm, durch den
ſchoͤnen Abend unter die Lindenbluͤte hin zur uͤber¬
deckten Seele im beruhigten Leichnam und reichte
die verhuͤllte Seele mit unermeßlichem Arm von der
Erde durch unbekannte Welten hindurch in Deine
ewige warme vaͤterliche Hand, die uns geſchaffen
hat — in das Elyſium, fuͤr das du uns gebildet
haſt — unter die Verwandten unſers Herzens —
in das Land der Ruhe, der Tugend und des
Lichts . . . .
Julius ſtockte aus Schmerz und Horion ſagte:
ſpiele das Lied der Entzuͤckung fort, er iſt erſt ge¬
ſtorben. — Unter den Toͤnen druͤckte Horion dem
Geliebten die Augen zu und ſagte mit einem Herzen
uͤber der Erde: »Nun ſchließet euch zu — der
Geiſt iſt uͤber der Erde, dem ihr das Licht gegeben
— du blaſſe geheiligte Geſtalt, du geheiligtes Herz,
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/308>, abgerufen am 23.11.2024.
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