Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.in meinen alten Tagen mich an der gemahlten Viktor ging zum stillen Julius an der Nachtigal¬ in meinen alten Tagen mich an der gemahlten Viktor ging zum ſtillen Julius an der Nachtigal¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0198" n="188"/> in meinen alten Tagen mich an der gemahlten<lb/> Stunde der jetzigen Begeiſterung erquicke und etwan<lb/> ſagen koͤnne: ach du wußteſt es damals wohl, daß<lb/> du niemals eine ſolche Nacht erleben wuͤrdeſt, dar¬<lb/> um warſt du ſo weitlaͤuftig. Und was anders als<lb/> verſteinerte Bluͤten eines Klima, das auf dieſer Erde<lb/> nicht iſt, graben wir aus unſerer Phantaſie aus ſo<lb/> wie man in unſrem Norden verſteinerte Palmbaͤume<lb/> aus der Erde holt. . . .</p><lb/> <p>Viktor ging zum ſtillen Julius an der Nachtigal¬<lb/> lenhecke und legte ihm Nachtviolen in die Hand und<lb/> kuͤßte ihn auf das verhangne Auge, das nicht ſehen<lb/> aber doch weinen konnte vor Freude — und die be<lb/> nachbarte Nachtigal hielt nicht innen unter dem<lb/> Kuß. — Viktor kam den Garten hinauf als Ema¬<lb/> nuel herunterkam, und neben der Morgenfontaine<lb/> ſahen ſie einander an und Emanuels Angeſicht leuch¬<lb/> tete im Wiederſchein der Wellen als wenn er vor<lb/> dem Engel des Todes ſtaͤnde und zerfloͤſſe, um zu<lb/> ſterben und er ſagte: »Der Unendliche druͤckt uns<lb/> »heute an ſich — warum kann ich nicht weinen, da<lb/> »ich ſo gluͤcklich bin.« — Und als ſie wieder ausein¬<lb/> ander waren: rief er ſeinem Viktor zuruͤck und ſag¬<lb/> te: »ſchau wie bluͤhendroth der Abend gegen Mor¬<lb/> gen zieht wie ein Sterbender, als wenn ihn die Toͤ¬<lb/> ne fortruͤckten — ſchau die Sterne haͤngen wie Bluͤ¬<lb/> ten aus der Ewigkeit in unſere Erde herein — ſchau<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [188/0198]
in meinen alten Tagen mich an der gemahlten
Stunde der jetzigen Begeiſterung erquicke und etwan
ſagen koͤnne: ach du wußteſt es damals wohl, daß
du niemals eine ſolche Nacht erleben wuͤrdeſt, dar¬
um warſt du ſo weitlaͤuftig. Und was anders als
verſteinerte Bluͤten eines Klima, das auf dieſer Erde
nicht iſt, graben wir aus unſerer Phantaſie aus ſo
wie man in unſrem Norden verſteinerte Palmbaͤume
aus der Erde holt. . . .
Viktor ging zum ſtillen Julius an der Nachtigal¬
lenhecke und legte ihm Nachtviolen in die Hand und
kuͤßte ihn auf das verhangne Auge, das nicht ſehen
aber doch weinen konnte vor Freude — und die be
nachbarte Nachtigal hielt nicht innen unter dem
Kuß. — Viktor kam den Garten hinauf als Ema¬
nuel herunterkam, und neben der Morgenfontaine
ſahen ſie einander an und Emanuels Angeſicht leuch¬
tete im Wiederſchein der Wellen als wenn er vor
dem Engel des Todes ſtaͤnde und zerfloͤſſe, um zu
ſterben und er ſagte: »Der Unendliche druͤckt uns
»heute an ſich — warum kann ich nicht weinen, da
»ich ſo gluͤcklich bin.« — Und als ſie wieder ausein¬
ander waren: rief er ſeinem Viktor zuruͤck und ſag¬
te: »ſchau wie bluͤhendroth der Abend gegen Mor¬
gen zieht wie ein Sterbender, als wenn ihn die Toͤ¬
ne fortruͤckten — ſchau die Sterne haͤngen wie Bluͤ¬
ten aus der Ewigkeit in unſere Erde herein — ſchau
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