Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.still -- der Schlaf spielte mit dem Tod -- jedes Und hier bei diesem Eintritt gleichsam aus dem ſtill — der Schlaf ſpielte mit dem Tod — jedes Und hier bei dieſem Eintritt gleichſam aus dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0391" n="381"/> ſtill — der Schlaf ſpielte mit dem Tod — jedes<lb/> Herz ruhte in ſeiner eignen Nacht. —</p><lb/> <p>Und hier bei dieſem Eintritt gleichſam aus dem<lb/> Getuͤmmel der Erde in die ſtille uͤberdaͤmmerte Un¬<lb/> terwelt floßen kalte Schauer und nach ihnen gluͤhen¬<lb/> de Schauer uͤber Viktors Nerven. — Dies geſchieht<lb/> wenn die Seele des Menſchen zu voll iſt und zu<lb/> ſehr erſchuͤttert wird und alle Faͤden ihres zitternden<lb/> Koͤrpergewebes ſchwanken dann mit ihr. — Sein<lb/> Schlitten wurde jetzt eine fliegende Gondel. — Die<lb/> entgegenſchlagende Nachtluft wehte alle ſeine Flam¬<lb/> men an. — O! der Strom voll Eisſpitzen, wenn er<lb/> uͤber ihn gezogen, die kuͤhle Decke von Schnee wenn<lb/> ſie auf ihm gelegen waͤre! — Immerfort rief es in ihm:<lb/> »du faͤhrſt die Stille, die Geduldige mit ihrem<lb/> »ſchwarzen Schleier dem Tode zu — es iſt ihr Lei¬<lb/> »chenwagen — die edle Perlenfiſcherin hat dem Him¬<lb/> »mel ihr Zeichen gegeben, daß ſie hier unten<lb/> »Schmerzen und Tugenden genug geſammelt habe,<lb/> »damit er ſie wieder hinaufziehe zu ſich.» — —<lb/> Die voruͤberruͤckenden Berge, die vorbeiſtuͤrzenden<lb/> Baͤume, die wegrinnenden Felder, dieſe Flucht der<lb/> Natur ſchien in einen großen Waſſerfall zuſammen¬<lb/> zufließen, der alles mittrieb und den Menſchen zu¬<lb/> erſt und nichts ſtehen ließ als die Zeit. — Und als<lb/> er in das Thal, wo die Stadt verſchwindet wie vor<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [381/0391]
ſtill — der Schlaf ſpielte mit dem Tod — jedes
Herz ruhte in ſeiner eignen Nacht. —
Und hier bei dieſem Eintritt gleichſam aus dem
Getuͤmmel der Erde in die ſtille uͤberdaͤmmerte Un¬
terwelt floßen kalte Schauer und nach ihnen gluͤhen¬
de Schauer uͤber Viktors Nerven. — Dies geſchieht
wenn die Seele des Menſchen zu voll iſt und zu
ſehr erſchuͤttert wird und alle Faͤden ihres zitternden
Koͤrpergewebes ſchwanken dann mit ihr. — Sein
Schlitten wurde jetzt eine fliegende Gondel. — Die
entgegenſchlagende Nachtluft wehte alle ſeine Flam¬
men an. — O! der Strom voll Eisſpitzen, wenn er
uͤber ihn gezogen, die kuͤhle Decke von Schnee wenn
ſie auf ihm gelegen waͤre! — Immerfort rief es in ihm:
»du faͤhrſt die Stille, die Geduldige mit ihrem
»ſchwarzen Schleier dem Tode zu — es iſt ihr Lei¬
»chenwagen — die edle Perlenfiſcherin hat dem Him¬
»mel ihr Zeichen gegeben, daß ſie hier unten
»Schmerzen und Tugenden genug geſammelt habe,
»damit er ſie wieder hinaufziehe zu ſich.» — —
Die voruͤberruͤckenden Berge, die vorbeiſtuͤrzenden
Baͤume, die wegrinnenden Felder, dieſe Flucht der
Natur ſchien in einen großen Waſſerfall zuſammen¬
zufließen, der alles mittrieb und den Menſchen zu¬
erſt und nichts ſtehen ließ als die Zeit. — Und als
er in das Thal, wo die Stadt verſchwindet wie vor
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/391>, abgerufen am 17.07.2024. |