der gestoßenen Schminkmuschen gemacht zu seyn. Der Pater ging auch fort, sobald er die Hofnung der baldigen Heilung vom Doktor hatte. Für den Medikus wars aber wahrhaftig jetzt kein Spas, ei¬ nem italienischen Rosen- und Madonnengesicht gegen¬ über zu sitzen -- noch dazu so nahe, daß er den Athem flüstern hören kann, nachdem er ihn vorher wachsen sehen konnte -- einem Gesicht gegen über zu halten (mein' ich war kein Spas) auf dem Ro¬ sen den Lilien eingeimpfet sind wie Abendröthe den lichten Mondwolken und das ein malerischer Schat¬ ten, nämlich ein schwarzes Ordensband, eine priester¬ liche Kopfbinde, ein wahrer postillon d'amour so schön zertheilt und hebt -- ein zugebundnes Gesicht, das er recht bequem in einem fort anschauen kann und das sich (in einer diagonalen pittoresken Attitüde) auf das Kopfkissen und auf die Hand, ihm zugerichtet, flützt. . . .
Ich hätte einen Klimax machen und bei Bastians Seele anfangen sollen, die heute aus ihrer eignen Schwermuth, aus ihren Sorgen, aus ihrer durch die pharmazeytische Verläumdung vergrößerten Liebe für Agnola lauter Schönheitslinien und flüßige Tuschen machte, um damit in Bastians Gesicht ein so schönes neues hineinzumalen als je eine schöne Seele eines auf Leinwand, oder am eignen Kopf oder an einem fremden erschaffen hat.
der geſtoßenen Schminkmuſchen gemacht zu ſeyn. Der Pater ging auch fort, ſobald er die Hofnung der baldigen Heilung vom Doktor hatte. Fuͤr den Medikus wars aber wahrhaftig jetzt kein Spas, ei¬ nem italieniſchen Roſen- und Madonnengeſicht gegen¬ uͤber zu ſitzen — noch dazu ſo nahe, daß er den Athem fluͤſtern hoͤren kann, nachdem er ihn vorher wachſen ſehen konnte — einem Geſicht gegen uͤber zu halten (mein' ich war kein Spas) auf dem Ro¬ ſen den Lilien eingeimpfet ſind wie Abendroͤthe den lichten Mondwolken und das ein maleriſcher Schat¬ ten, naͤmlich ein ſchwarzes Ordensband, eine prieſter¬ liche Kopfbinde, ein wahrer postillon d'amour ſo ſchoͤn zertheilt und hebt — ein zugebundnes Geſicht, das er recht bequem in einem fort anſchauen kann und das ſich (in einer diagonalen pittoreſken Attituͤde) auf das Kopfkiſſen und auf die Hand, ihm zugerichtet, fluͤtzt. . . .
Ich haͤtte einen Klimax machen und bei Baſtians Seele anfangen ſollen, die heute aus ihrer eignen Schwermuth, aus ihren Sorgen, aus ihrer durch die pharmazeytiſche Verlaͤumdung vergroͤßerten Liebe fuͤr Agnola lauter Schoͤnheitslinien und fluͤßige Tuſchen machte, um damit in Baſtians Geſicht ein ſo ſchoͤnes neues hineinzumalen als je eine ſchoͤne Seele eines auf Leinwand, oder am eignen Kopf oder an einem fremden erſchaffen hat.
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der geſtoßenen Schminkmuſchen gemacht zu ſeyn.
Der Pater ging auch fort, ſobald er die Hofnung
der baldigen Heilung vom Doktor hatte. Fuͤr den
Medikus wars aber wahrhaftig jetzt kein Spas, ei¬
nem italieniſchen Roſen- und Madonnengeſicht gegen¬
uͤber zu ſitzen — noch dazu ſo nahe, daß er den
Athem fluͤſtern hoͤren kann, nachdem er ihn vorher
wachſen ſehen konnte — einem Geſicht gegen uͤber
zu halten (mein' ich war kein Spas) auf dem Ro¬
ſen den Lilien eingeimpfet ſind wie Abendroͤthe den
lichten Mondwolken und das ein maleriſcher Schat¬
ten, naͤmlich ein ſchwarzes Ordensband, eine prieſter¬
liche Kopfbinde, ein wahrer postillon d'amour ſo
ſchoͤn zertheilt und hebt — ein zugebundnes Geſicht,
das er recht bequem in einem fort anſchauen kann
und das ſich (in einer diagonalen pittoreſken
Attituͤde) auf das Kopfkiſſen und auf die Hand,
ihm zugerichtet, fluͤtzt. . . .
Ich haͤtte einen Klimax machen und bei Baſtians
Seele anfangen ſollen, die heute aus ihrer eignen
Schwermuth, aus ihren Sorgen, aus ihrer durch die
pharmazeytiſche Verlaͤumdung vergroͤßerten Liebe fuͤr
Agnola lauter Schoͤnheitslinien und fluͤßige Tuſchen
machte, um damit in Baſtians Geſicht ein ſo ſchoͤnes
neues hineinzumalen als je eine ſchoͤne Seele eines
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/323>, abgerufen am 28.11.2024.
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