Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

dickes Buch -- z. B. in die Hundsposttage -- stek¬
ken wie in eine Laterne.

-- Es ist warlich ein Skandal: seit ich und das
Publikum im fürstlichen Zimmer sind: folgt eine
Ausschweifung nach der andern -- ich meine Ster¬
nische. --

Der fürstliche Puls ging noch ein wenig erhitzter
als dessen seiner, der ihn hier beschreibt. Sie hatte
kurz vorher eh' er kam, einen warmen Verband aus
zerbratnen Aepfeln von den Augen abgenommen.
Sie begehrte einen Interimsverband, indeß man das
präpariren würde, was der Doktor verordnete. Er
konnte aber jetzt in der Nacht, bei diesem Wirwar
des Helldunkels in allen vier Kammern seines Ge¬
hirns und in den acht kleinern Gehirnen der vierten
Gehirnkammer keinen Augendoktor auftreiben als den
D. v. Rosenstein, der darin aufstand und ihm
rieth, er sollte rathen, Safranpulver, 1/5 Kampfer und
zerschmolzene Winteräpfel auf gezupfte feine Linnen
zu streichen. Die Kammerfrau wurde fortgeschickt,
die Zubereitung des Rezeptes zu besorgen oder zu be¬
fehlen, nachdem sie vorher ein schwarzes Taftband
mit der Aepfel-Emulsion um zwei der schönsten Au¬
gen vorgebunden hatte, die einer angenehmern Binde
und Blindheit würdig waren. Ich bin lebhaft, wenn
ich schreibe, die Emulsion schien aus dem Apfel der
Schönheit -- und das schwarze Band aus aneinan¬

dickes Buch — z. B. in die Hundspoſttage — ſtek¬
ken wie in eine Laterne.

— Es iſt warlich ein Skandal: ſeit ich und das
Publikum im fuͤrſtlichen Zimmer ſind: folgt eine
Ausſchweifung nach der andern — ich meine Ster¬
niſche. —

Der fuͤrſtliche Puls ging noch ein wenig erhitzter
als deſſen ſeiner, der ihn hier beſchreibt. Sie hatte
kurz vorher eh' er kam, einen warmen Verband aus
zerbratnen Aepfeln von den Augen abgenommen.
Sie begehrte einen Interimsverband, indeß man das
praͤpariren wuͤrde, was der Doktor verordnete. Er
konnte aber jetzt in der Nacht, bei dieſem Wirwar
des Helldunkels in allen vier Kammern ſeines Ge¬
hirns und in den acht kleinern Gehirnen der vierten
Gehirnkammer keinen Augendoktor auftreiben als den
D. v. Roſenſtein, der darin aufſtand und ihm
rieth, er ſollte rathen, Safranpulver, ⅕ Kampfer und
zerſchmolzene Winteraͤpfel auf gezupfte feine Linnen
zu ſtreichen. Die Kammerfrau wurde fortgeſchickt,
die Zubereitung des Rezeptes zu beſorgen oder zu be¬
fehlen, nachdem ſie vorher ein ſchwarzes Taftband
mit der Aepfel-Emulſion um zwei der ſchoͤnſten Au¬
gen vorgebunden hatte, die einer angenehmern Binde
und Blindheit wuͤrdig waren. Ich bin lebhaft, wenn
ich ſchreibe, die Emulſion ſchien aus dem Apfel der
Schoͤnheit — und das ſchwarze Band aus aneinan¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0322" n="312"/>
dickes Buch &#x2014; z. B. in die Hundspo&#x017F;ttage &#x2014; &#x017F;tek¬<lb/>
ken wie in eine Laterne.</p><lb/>
            <p>&#x2014; Es i&#x017F;t warlich ein Skandal: &#x017F;eit ich und das<lb/>
Publikum im fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Zimmer &#x017F;ind: folgt eine<lb/>
Aus&#x017F;chweifung nach der andern &#x2014; ich meine Ster¬<lb/>
ni&#x017F;che. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Der fu&#x0364;r&#x017F;tliche Puls ging noch ein wenig erhitzter<lb/>
als de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;einer, der ihn hier be&#x017F;chreibt. Sie hatte<lb/>
kurz vorher eh' er kam, einen warmen Verband aus<lb/>
zerbratnen Aepfeln von den Augen abgenommen.<lb/>
Sie begehrte einen Interimsverband, indeß man das<lb/>
pra&#x0364;pariren wu&#x0364;rde, was der Doktor verordnete. Er<lb/>
konnte aber jetzt in der Nacht, bei die&#x017F;em Wirwar<lb/>
des Helldunkels in allen vier Kammern &#x017F;eines Ge¬<lb/>
hirns und in den acht kleinern Gehirnen der vierten<lb/>
Gehirnkammer keinen Augendoktor auftreiben als den<lb/>
D. v. <hi rendition="#g">Ro&#x017F;en&#x017F;tein</hi>, der darin auf&#x017F;tand und ihm<lb/>
rieth, er &#x017F;ollte rathen, Safranpulver, &#x2155; Kampfer und<lb/>
zer&#x017F;chmolzene Wintera&#x0364;pfel auf gezupfte feine Linnen<lb/>
zu &#x017F;treichen. Die Kammerfrau wurde fortge&#x017F;chickt,<lb/>
die Zubereitung des Rezeptes zu be&#x017F;orgen oder zu be¬<lb/>
fehlen, nachdem &#x017F;ie vorher ein &#x017F;chwarzes Taftband<lb/>
mit der Aepfel-Emul&#x017F;ion um zwei der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Au¬<lb/>
gen vorgebunden hatte, die einer angenehmern Binde<lb/>
und Blindheit wu&#x0364;rdig waren. Ich bin lebhaft, wenn<lb/>
ich &#x017F;chreibe, die Emul&#x017F;ion &#x017F;chien aus dem Apfel der<lb/>
Scho&#x0364;nheit &#x2014; und das &#x017F;chwarze Band aus aneinan¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0322] dickes Buch — z. B. in die Hundspoſttage — ſtek¬ ken wie in eine Laterne. — Es iſt warlich ein Skandal: ſeit ich und das Publikum im fuͤrſtlichen Zimmer ſind: folgt eine Ausſchweifung nach der andern — ich meine Ster¬ niſche. — Der fuͤrſtliche Puls ging noch ein wenig erhitzter als deſſen ſeiner, der ihn hier beſchreibt. Sie hatte kurz vorher eh' er kam, einen warmen Verband aus zerbratnen Aepfeln von den Augen abgenommen. Sie begehrte einen Interimsverband, indeß man das praͤpariren wuͤrde, was der Doktor verordnete. Er konnte aber jetzt in der Nacht, bei dieſem Wirwar des Helldunkels in allen vier Kammern ſeines Ge¬ hirns und in den acht kleinern Gehirnen der vierten Gehirnkammer keinen Augendoktor auftreiben als den D. v. Roſenſtein, der darin aufſtand und ihm rieth, er ſollte rathen, Safranpulver, ⅕ Kampfer und zerſchmolzene Winteraͤpfel auf gezupfte feine Linnen zu ſtreichen. Die Kammerfrau wurde fortgeſchickt, die Zubereitung des Rezeptes zu beſorgen oder zu be¬ fehlen, nachdem ſie vorher ein ſchwarzes Taftband mit der Aepfel-Emulſion um zwei der ſchoͤnſten Au¬ gen vorgebunden hatte, die einer angenehmern Binde und Blindheit wuͤrdig waren. Ich bin lebhaft, wenn ich ſchreibe, die Emulſion ſchien aus dem Apfel der Schoͤnheit — und das ſchwarze Band aus aneinan¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/322
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/322>, abgerufen am 18.05.2024.