Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

"ihm gefallen konnte, zu vermählen nicht unterlas¬
"sen; aber entweder das verschiedene Interesse des
"Tochtermanns war allemal dem seinigen ungünstig
"oder der Einfluß Sr. Herrlichkeit (des Lords).
"Daher sey er mehr zu entschuldigen als zu ver¬
"dammen, daß er die Parthey des Schwächern
"ergriffen, der verlassenen Fürstin, die doch allemal
"etwas sey und die ihre italienischen Künste nur
"noch verdecke. Im Ganzen genommen wär' es al¬
"so nicht unrecht, daß man die Fürstin, die viel
"Temperament habe, durch Matthieu an Schleu¬
"nes Haus zu knüpfen suche, worin man sich nach
"ihrer äussern Tugend-Grandezza geniere, indeß man
"sie durch den Hofjunker über die Kälte ihres Ge¬
"mahls beruhige." . . .

Wenn sich der Leser das Schlimmste vorstellet:
so begreift er Viktors ungläubiges Erstarren und
Verfluchen; er ließ ihn aber erst ausreden.

"Zum Glück habe der Hofmedikus dem Hause
"die Ehre erwiesen, oft hinzukommen: und die
"Schleunesschen werden ihn wahrscheinlich auf alle
"Weise zum öftern Geschenk seiner Besuche ermun¬
"tert haben, da er zumal dadurch auch den Fürsten
"eingewöhne. Er wisse hierüber allerlei von guter
"Hand." . . .

Viktor errieth, was Zeusel aus Höflichkeit ver¬
schwieg -- den Wink auf Joachime. "Sonderbar

»ihm gefallen konnte, zu vermaͤhlen nicht unterlaſ¬
»ſen; aber entweder das verſchiedene Intereſſe des
»Tochtermanns war allemal dem ſeinigen unguͤnſtig
»oder der Einfluß Sr. Herrlichkeit (des Lords).
»Daher ſey er mehr zu entſchuldigen als zu ver¬
»dammen, daß er die Parthey des Schwaͤchern
»ergriffen, der verlaſſenen Fuͤrſtin, die doch allemal
»etwas ſey und die ihre italieniſchen Kuͤnſte nur
»noch verdecke. Im Ganzen genommen waͤr' es al¬
»ſo nicht unrecht, daß man die Fuͤrſtin, die viel
»Temperament habe, durch Matthieu an Schleu¬
»nes Haus zu knuͤpfen ſuche, worin man ſich nach
»ihrer aͤuſſern Tugend-Grandezza geniere, indeß man
»ſie durch den Hofjunker uͤber die Kaͤlte ihres Ge¬
»mahls beruhige.» . . .

Wenn ſich der Leſer das Schlimmſte vorſtellet:
ſo begreift er Viktors unglaͤubiges Erſtarren und
Verfluchen; er ließ ihn aber erſt ausreden.

»Zum Gluͤck habe der Hofmedikus dem Hauſe
»die Ehre erwieſen, oft hinzukommen: und die
»Schleunesſchen werden ihn wahrſcheinlich auf alle
»Weiſe zum oͤftern Geſchenk ſeiner Beſuche ermun¬
»tert haben, da er zumal dadurch auch den Fuͤrſten
»eingewoͤhne. Er wiſſe hieruͤber allerlei von guter
»Hand.» . . .

Viktor errieth, was Zeuſel aus Hoͤflichkeit ver¬
ſchwieg — den Wink auf Joachime. »Sonderbar

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0307" n="297"/>
»ihm gefallen konnte, zu verma&#x0364;hlen nicht unterla&#x017F;¬<lb/>
»&#x017F;en; aber entweder das ver&#x017F;chiedene Intere&#x017F;&#x017F;e des<lb/>
»Tochtermanns war allemal dem &#x017F;einigen ungu&#x0364;n&#x017F;tig<lb/>
»oder der Einfluß Sr. Herrlichkeit (des Lords).<lb/>
»Daher &#x017F;ey er mehr zu ent&#x017F;chuldigen als zu ver¬<lb/>
»dammen, daß er die Parthey des <hi rendition="#g">Schwa&#x0364;chern</hi><lb/>
»ergriffen, der verla&#x017F;&#x017F;enen Fu&#x0364;r&#x017F;tin, die doch allemal<lb/>
»etwas &#x017F;ey und die ihre italieni&#x017F;chen Ku&#x0364;n&#x017F;te nur<lb/>
»noch verdecke. Im Ganzen genommen wa&#x0364;r' es al¬<lb/>
»&#x017F;o nicht unrecht, daß man die Fu&#x0364;r&#x017F;tin, die viel<lb/>
»<hi rendition="#g">Temperament</hi> habe, durch Matthieu an Schleu¬<lb/>
»nes Haus zu knu&#x0364;pfen &#x017F;uche, worin man &#x017F;ich nach<lb/>
»ihrer a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern Tugend-Grandezza geniere, indeß man<lb/>
»&#x017F;ie durch den Hofjunker u&#x0364;ber die <hi rendition="#g">Ka&#x0364;lte</hi> ihres Ge¬<lb/>
»mahls beruhige.» . . .</p><lb/>
          <p>Wenn &#x017F;ich der Le&#x017F;er das Schlimm&#x017F;te vor&#x017F;tellet:<lb/>
&#x017F;o begreift er Viktors ungla&#x0364;ubiges Er&#x017F;tarren und<lb/>
Verfluchen; er ließ ihn aber er&#x017F;t ausreden.</p><lb/>
          <p>»Zum Glu&#x0364;ck habe der Hofmedikus dem Hau&#x017F;e<lb/>
»die Ehre erwie&#x017F;en, oft hinzukommen: und die<lb/>
»Schleunes&#x017F;chen werden ihn wahr&#x017F;cheinlich auf <hi rendition="#g">alle</hi><lb/>
»Wei&#x017F;e zum o&#x0364;ftern Ge&#x017F;chenk &#x017F;einer Be&#x017F;uche ermun¬<lb/>
»tert haben, da er zumal dadurch auch den Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
»eingewo&#x0364;hne. Er wi&#x017F;&#x017F;e hieru&#x0364;ber allerlei von guter<lb/>
»Hand.» . . .</p><lb/>
          <p>Viktor errieth, was Zeu&#x017F;el aus Ho&#x0364;flichkeit ver¬<lb/>
&#x017F;chwieg &#x2014; den Wink auf Joachime. »Sonderbar<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[297/0307] »ihm gefallen konnte, zu vermaͤhlen nicht unterlaſ¬ »ſen; aber entweder das verſchiedene Intereſſe des »Tochtermanns war allemal dem ſeinigen unguͤnſtig »oder der Einfluß Sr. Herrlichkeit (des Lords). »Daher ſey er mehr zu entſchuldigen als zu ver¬ »dammen, daß er die Parthey des Schwaͤchern »ergriffen, der verlaſſenen Fuͤrſtin, die doch allemal »etwas ſey und die ihre italieniſchen Kuͤnſte nur »noch verdecke. Im Ganzen genommen waͤr' es al¬ »ſo nicht unrecht, daß man die Fuͤrſtin, die viel »Temperament habe, durch Matthieu an Schleu¬ »nes Haus zu knuͤpfen ſuche, worin man ſich nach »ihrer aͤuſſern Tugend-Grandezza geniere, indeß man »ſie durch den Hofjunker uͤber die Kaͤlte ihres Ge¬ »mahls beruhige.» . . . Wenn ſich der Leſer das Schlimmſte vorſtellet: ſo begreift er Viktors unglaͤubiges Erſtarren und Verfluchen; er ließ ihn aber erſt ausreden. »Zum Gluͤck habe der Hofmedikus dem Hauſe »die Ehre erwieſen, oft hinzukommen: und die »Schleunesſchen werden ihn wahrſcheinlich auf alle »Weiſe zum oͤftern Geſchenk ſeiner Beſuche ermun¬ »tert haben, da er zumal dadurch auch den Fuͤrſten »eingewoͤhne. Er wiſſe hieruͤber allerlei von guter »Hand.» . . . Viktor errieth, was Zeuſel aus Hoͤflichkeit ver¬ ſchwieg — den Wink auf Joachime. »Sonderbar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/307
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/307>, abgerufen am 19.05.2024.