Mangel an Konnexionen, die mündlichen Hofzei¬ tungen erst, wenn alle Heiducken, die Lakaien der Pagen und die Einheizer sie schon schwarz gelesen hatten; -- oft gar nicht. -- Der Apotheker ist im entgegengesetzten Fall, weil er zwar die schlechten Augen, aber auch die guten Ohren eines Maulwurfs hat, und weil in der camera obscura seines ähnlichern Herzens sich leichter die Bilder der verwandten Kniffe malen; noch dazu setzt er zwei lange Hörröh¬ re -- zwei Töchter -- an die Kabinete oder viel¬ mehr an ihre Liebhaber an, die daraus kommen und horcht durch die Röhre manches weg, was ich in meiner Biographie recht herrlich nutzen kann. Es giebt Menschen -- der war so -- die nur Nachrich¬ ten, ohne Interesse für den Inhalt erhetzen wollen, und Personalien ohne Realien, die alle große Ge¬ lehrte, aber keine Gelehrsamkeit -- alle große Staats¬ männer, aber keine Politik -- alle Generale, ohne Liebe zum Kriege -- zu kennen suchen persönlich und schriftlich.
Es kann seyn, daß mancher feine Leser schon aus dem Vorigen von dem, was Zeusel jetzt entdecken will, Wind hat. Ich gebe seine Zeichnung in fol¬ gender verjüngten:
"Der Minister habe den Fürsten sonst niemals "in sein Interesse ziehen können, selten in sein "Haus: er habe zwar zuweilen eine Tochter, die
Mangel an Konnexionen, die muͤndlichen Hofzei¬ tungen erſt, wenn alle Heiducken, die Lakaien der Pagen und die Einheizer ſie ſchon ſchwarz geleſen hatten; — oft gar nicht. — Der Apotheker iſt im entgegengeſetzten Fall, weil er zwar die ſchlechten Augen, aber auch die guten Ohren eines Maulwurfs hat, und weil in der camera obscura ſeines aͤhnlichern Herzens ſich leichter die Bilder der verwandten Kniffe malen; noch dazu ſetzt er zwei lange Hoͤrroͤh¬ re — zwei Toͤchter — an die Kabinete oder viel¬ mehr an ihre Liebhaber an, die daraus kommen und horcht durch die Roͤhre manches weg, was ich in meiner Biographie recht herrlich nutzen kann. Es giebt Menſchen — der war ſo — die nur Nachrich¬ ten, ohne Intereſſe fuͤr den Inhalt erhetzen wollen, und Perſonalien ohne Realien, die alle große Ge¬ lehrte, aber keine Gelehrſamkeit — alle große Staats¬ maͤnner, aber keine Politik — alle Generale, ohne Liebe zum Kriege — zu kennen ſuchen perſoͤnlich und ſchriftlich.
Es kann ſeyn, daß mancher feine Leſer ſchon aus dem Vorigen von dem, was Zeuſel jetzt entdecken will, Wind hat. Ich gebe ſeine Zeichnung in fol¬ gender verjuͤngten:
«Der Miniſter habe den Fuͤrſten ſonſt niemals »in ſein Intereſſe ziehen koͤnnen, ſelten in ſein »Haus: er habe zwar zuweilen eine Tochter, die
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Mangel an Konnexionen, die muͤndlichen Hofzei¬
tungen erſt, wenn alle Heiducken, die Lakaien der
Pagen und die Einheizer ſie ſchon ſchwarz geleſen
hatten; — oft gar nicht. — Der Apotheker iſt im
entgegengeſetzten Fall, weil er zwar die ſchlechten
Augen, aber auch die guten Ohren eines Maulwurfs
hat, und weil in der camera obscura ſeines aͤhnlichern
Herzens ſich leichter die Bilder der verwandten
Kniffe malen; noch dazu ſetzt er zwei lange Hoͤrroͤh¬
re — zwei Toͤchter — an die Kabinete oder viel¬
mehr an ihre Liebhaber an, die daraus kommen und
horcht durch die Roͤhre manches weg, was ich in
meiner Biographie recht herrlich nutzen kann. Es
giebt Menſchen — der war ſo — die nur Nachrich¬
ten, ohne Intereſſe fuͤr den Inhalt erhetzen wollen,
und Perſonalien ohne Realien, die alle große Ge¬
lehrte, aber keine Gelehrſamkeit — alle große Staats¬
maͤnner, aber keine Politik — alle Generale, ohne
Liebe zum Kriege — zu kennen ſuchen perſoͤnlich und
ſchriftlich.
Es kann ſeyn, daß mancher feine Leſer ſchon aus
dem Vorigen von dem, was Zeuſel jetzt entdecken
will, Wind hat. Ich gebe ſeine Zeichnung in fol¬
gender verjuͤngten:
«Der Miniſter habe den Fuͤrſten ſonſt niemals
»in ſein Intereſſe ziehen koͤnnen, ſelten in ſein
»Haus: er habe zwar zuweilen eine Tochter, die
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/306>, abgerufen am 23.11.2024.
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