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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

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man sodann lesen kann, was ein warmer Finger
daran geschrieben hat. Es traten nach dem unwil¬
kührlichen Hauche lauter französische, mit dem Fin¬
gernagel skizzirte Anfangs "S heraus. v. S!" --
dacht' er -- "das ist sonderbar: ich fange mich sel¬
ber so an."

Seine Hypothesen brach die mit einem seeligent¬
wölkten Angesicht wiederkommende Klotilde ab, die
dem denkenden Medikus einen großen Brief von Da¬
hore reichte. Nach dieser zweiten Freude folgte
statt der dritten eine Neuigkeit: sie eröfnete ihm
jetzt, "daß endlich Emanuel sie in Stand gesetzt,
"eine gehorsame, wenn auch nicht gläubige Pazientin
"zu seyn." Sie hatte nämlich bisher den Vorsatz
ihres Gehorsams und ihrer Frühlingskur so lange
verschwiegen bis ihr Freund in Maienthal ihr ein
Krankenzimmer -- gerade Giulias ihres -- bei der
Aebtissin auf einige Frühlingsmonate ausgewirket
hatte, damit da das Frühlingswehen ihre gesunknen
Schwingen hebe, der Blumenduft das zerspaltne Herz
ausheile und der große Freund die große Freundin
aufrichte.

Viktor entwich eilend, nicht allein aus Hunger
und Durst nach dem Inhalte seiner Hand, sondern
weil eine neue Gedankenfluth durch seine alten Ideen¬
reihen brach. -- "Bastian! (sagte Bastian unterwegs
"zu sich) ich hielt dich oft für dumm, aber für so

"dumm

man ſodann leſen kann, was ein warmer Finger
daran geſchrieben hat. Es traten nach dem unwil¬
kuͤhrlichen Hauche lauter franzoͤſiſche, mit dem Fin¬
gernagel ſkizzirte Anfangs »S heraus. v. S!« —
dacht' er — »das iſt ſonderbar: ich fange mich ſel¬
ber ſo an.«

Seine Hypotheſen brach die mit einem ſeeligent¬
woͤlkten Angeſicht wiederkommende Klotilde ab, die
dem denkenden Medikus einen großen Brief von Da¬
hore reichte. Nach dieſer zweiten Freude folgte
ſtatt der dritten eine Neuigkeit: ſie eroͤfnete ihm
jetzt, »daß endlich Emanuel ſie in Stand geſetzt,
»eine gehorſame, wenn auch nicht glaͤubige Pazientin
»zu ſeyn.« Sie hatte naͤmlich bisher den Vorſatz
ihres Gehorſams und ihrer Fruͤhlingskur ſo lange
verſchwiegen bis ihr Freund in Maienthal ihr ein
Krankenzimmer — gerade Giulias ihres — bei der
Aebtiſſin auf einige Fruͤhlingsmonate ausgewirket
hatte, damit da das Fruͤhlingswehen ihre geſunknen
Schwingen hebe, der Blumenduft das zerſpaltne Herz
ausheile und der große Freund die große Freundin
aufrichte.

Viktor entwich eilend, nicht allein aus Hunger
und Durſt nach dem Inhalte ſeiner Hand, ſondern
weil eine neue Gedankenfluth durch ſeine alten Ideen¬
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[256/0266] man ſodann leſen kann, was ein warmer Finger daran geſchrieben hat. Es traten nach dem unwil¬ kuͤhrlichen Hauche lauter franzoͤſiſche, mit dem Fin¬ gernagel ſkizzirte Anfangs »S heraus. v. S!« — dacht' er — »das iſt ſonderbar: ich fange mich ſel¬ ber ſo an.« Seine Hypotheſen brach die mit einem ſeeligent¬ woͤlkten Angeſicht wiederkommende Klotilde ab, die dem denkenden Medikus einen großen Brief von Da¬ hore reichte. Nach dieſer zweiten Freude folgte ſtatt der dritten eine Neuigkeit: ſie eroͤfnete ihm jetzt, »daß endlich Emanuel ſie in Stand geſetzt, »eine gehorſame, wenn auch nicht glaͤubige Pazientin »zu ſeyn.« Sie hatte naͤmlich bisher den Vorſatz ihres Gehorſams und ihrer Fruͤhlingskur ſo lange verſchwiegen bis ihr Freund in Maienthal ihr ein Krankenzimmer — gerade Giulias ihres — bei der Aebtiſſin auf einige Fruͤhlingsmonate ausgewirket hatte, damit da das Fruͤhlingswehen ihre geſunknen Schwingen hebe, der Blumenduft das zerſpaltne Herz ausheile und der große Freund die große Freundin aufrichte. Viktor entwich eilend, nicht allein aus Hunger und Durſt nach dem Inhalte ſeiner Hand, ſondern weil eine neue Gedankenfluth durch ſeine alten Ideen¬ reihen brach. — »Baſtian! (ſagte Baſtian unterwegs »zu ſich) ich hielt dich oft fuͤr dumm, aber fuͤr ſo »dumm

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/266>, abgerufen am 22.11.2024.