Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Liebeserklärung zu thun, nichts als ihrer Seits ein
Unglück -- ein nasses Auge -- ein Seelensturm --
ein Kothurn. Mit deutlichern Worten: er sagte zu
sich: "ich wollte, sie wäre eine empfindsame Närrin
"und gar nicht auszuhalten: wenn sie dann einmal
"die Augen recht voll hätte und das Herz dazu und
"wenn ich dann vor Rührung nicht wüßte: wo mir der
"Kopf stände: so könnt' ich dann anrücken und mein
"Herz herausbringen und es ihr hinlangen und sa¬
"gen: es ist des armen Bastians seines, behalt' es
"nur." Mir ist, als hört' ich ihn leise dazu den¬
"ken:" wem will ichs weiter geben? --

Daß er das erste wirklich gedacht hat, sehen wir
daraus, weil ers in sein Tagebuch hineingesetzt, aus
dem mein Korrespondent alles zieht und das er mit
der Aufrichtigkeit der erhabensten Seele für seinen
Vater machte, um gleichsam seine Fehler durch das
Protokolliren derselben auszusöhnen. Sein italieni¬
scher Lakai that fast nichts als es mundiren. -- --
Hing ich nicht vom Hunde und seiner Zeitungskap¬
sel ab: so fiel seine Liebeserklärung noch heute vor:
ich bräche Joachimen etwan einen Arm -- oder legte
sie ins Krankenbette -- oder bliese dem Minister
das Lebenslicht aus oder richtete irgend ein Unglück
in ihrem Hause an -- -- und führte dann meinen
Helden hin zur leidenden Heldin und sagte: "wenn
"ich fort bin, so knie nieder und überreich' ihr dein

Liebeserklaͤrung zu thun, nichts als ihrer Seits ein
Ungluͤck — ein naſſes Auge — ein Seelenſturm —
ein Kothurn. Mit deutlichern Worten: er ſagte zu
ſich: »ich wollte, ſie waͤre eine empfindſame Naͤrrin
»und gar nicht auszuhalten: wenn ſie dann einmal
»die Augen recht voll haͤtte und das Herz dazu und
»wenn ich dann vor Ruͤhrung nicht wuͤßte: wo mir der
»Kopf ſtaͤnde: ſo koͤnnt' ich dann anruͤcken und mein
»Herz herausbringen und es ihr hinlangen und ſa¬
»gen: es iſt des armen Baſtians ſeines, behalt' es
»nur.« Mir iſt, als hoͤrt' ich ihn leiſe dazu den¬
»ken:« wem will ichs weiter geben? —

Daß er das erſte wirklich gedacht hat, ſehen wir
daraus, weil ers in ſein Tagebuch hineingeſetzt, aus
dem mein Korreſpondent alles zieht und das er mit
der Aufrichtigkeit der erhabenſten Seele fuͤr ſeinen
Vater machte, um gleichſam ſeine Fehler durch das
Protokolliren derſelben auszuſoͤhnen. Sein italieni¬
ſcher Lakai that faſt nichts als es mundiren. — —
Hing ich nicht vom Hunde und ſeiner Zeitungskap¬
ſel ab: ſo fiel ſeine Liebeserklaͤrung noch heute vor:
ich braͤche Joachimen etwan einen Arm — oder legte
ſie ins Krankenbette — oder blieſe dem Miniſter
das Lebenslicht aus oder richtete irgend ein Ungluͤck
in ihrem Hauſe an — — und fuͤhrte dann meinen
Helden hin zur leidenden Heldin und ſagte: »wenn
»ich fort bin, ſo knie nieder und uͤberreich' ihr dein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0243" n="233"/>
Liebeserkla&#x0364;rung zu thun, nichts als ihrer Seits ein<lb/>
Unglu&#x0364;ck &#x2014; ein na&#x017F;&#x017F;es Auge &#x2014; ein Seelen&#x017F;turm &#x2014;<lb/>
ein Kothurn. Mit deutlichern Worten: er &#x017F;agte zu<lb/>
&#x017F;ich: »ich wollte, &#x017F;ie wa&#x0364;re eine empfind&#x017F;ame Na&#x0364;rrin<lb/>
»und gar nicht auszuhalten: wenn &#x017F;ie dann einmal<lb/>
»die Augen recht voll ha&#x0364;tte und das Herz dazu und<lb/>
»wenn ich dann vor Ru&#x0364;hrung nicht wu&#x0364;ßte: wo mir der<lb/>
»Kopf &#x017F;ta&#x0364;nde: &#x017F;o ko&#x0364;nnt' ich dann anru&#x0364;cken und mein<lb/>
»Herz herausbringen und es ihr hinlangen und &#x017F;<lb/>
»gen: es i&#x017F;t des armen Ba&#x017F;tians &#x017F;eines, behalt' es<lb/>
»nur.« Mir i&#x017F;t, als ho&#x0364;rt' ich ihn lei&#x017F;e dazu den¬<lb/>
»ken:« wem will ichs weiter geben? &#x2014;</p><lb/>
          <p>Daß er das er&#x017F;te wirklich gedacht hat, &#x017F;ehen wir<lb/>
daraus, weil ers in &#x017F;ein Tagebuch hineinge&#x017F;etzt, aus<lb/>
dem mein Korre&#x017F;pondent alles zieht und das er mit<lb/>
der Aufrichtigkeit der erhaben&#x017F;ten Seele fu&#x0364;r &#x017F;einen<lb/>
Vater machte, um gleich&#x017F;am &#x017F;eine Fehler durch das<lb/>
Protokolliren der&#x017F;elben auszu&#x017F;o&#x0364;hnen. Sein italieni¬<lb/>
&#x017F;cher Lakai that fa&#x017F;t nichts als es mundiren. &#x2014; &#x2014;<lb/>
Hing ich nicht vom Hunde und &#x017F;einer Zeitungskap¬<lb/>
&#x017F;el ab: &#x017F;o fiel &#x017F;eine Liebeserkla&#x0364;rung noch heute vor:<lb/>
ich bra&#x0364;che Joachimen etwan einen Arm &#x2014; oder legte<lb/>
&#x017F;ie ins Krankenbette &#x2014; oder blie&#x017F;e dem Mini&#x017F;ter<lb/>
das Lebenslicht aus oder richtete irgend ein Unglu&#x0364;ck<lb/>
in ihrem Hau&#x017F;e an &#x2014; &#x2014; und fu&#x0364;hrte dann meinen<lb/>
Helden hin zur leidenden Heldin und &#x017F;agte: »wenn<lb/>
»ich fort bin, &#x017F;o knie nieder und u&#x0364;berreich' ihr dein<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0243] Liebeserklaͤrung zu thun, nichts als ihrer Seits ein Ungluͤck — ein naſſes Auge — ein Seelenſturm — ein Kothurn. Mit deutlichern Worten: er ſagte zu ſich: »ich wollte, ſie waͤre eine empfindſame Naͤrrin »und gar nicht auszuhalten: wenn ſie dann einmal »die Augen recht voll haͤtte und das Herz dazu und »wenn ich dann vor Ruͤhrung nicht wuͤßte: wo mir der »Kopf ſtaͤnde: ſo koͤnnt' ich dann anruͤcken und mein »Herz herausbringen und es ihr hinlangen und ſa¬ »gen: es iſt des armen Baſtians ſeines, behalt' es »nur.« Mir iſt, als hoͤrt' ich ihn leiſe dazu den¬ »ken:« wem will ichs weiter geben? — Daß er das erſte wirklich gedacht hat, ſehen wir daraus, weil ers in ſein Tagebuch hineingeſetzt, aus dem mein Korreſpondent alles zieht und das er mit der Aufrichtigkeit der erhabenſten Seele fuͤr ſeinen Vater machte, um gleichſam ſeine Fehler durch das Protokolliren derſelben auszuſoͤhnen. Sein italieni¬ ſcher Lakai that faſt nichts als es mundiren. — — Hing ich nicht vom Hunde und ſeiner Zeitungskap¬ ſel ab: ſo fiel ſeine Liebeserklaͤrung noch heute vor: ich braͤche Joachimen etwan einen Arm — oder legte ſie ins Krankenbette — oder blieſe dem Miniſter das Lebenslicht aus oder richtete irgend ein Ungluͤck in ihrem Hauſe an — — und fuͤhrte dann meinen Helden hin zur leidenden Heldin und ſagte: »wenn »ich fort bin, ſo knie nieder und uͤberreich' ihr dein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/243
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/243>, abgerufen am 08.05.2024.