dammte, den Freiheits-Salzgeist -- drittens sind wir alle so, daß, wenn wir unser Herz für irgend ein weibliches aus einer Familie eingeheizet haben, daß diese Einheizer nachher die Ofen Wärme auf die ganze Sip und Magenschaft ausdehnen, auf Brüder, Neffen, Väter -- viertens wurde Maz im¬ mer von seiner Schwester gelobt und entschuldigt. -- Als Viktor kam zu Joachime: hatte sie Kopfschmer¬ zen und Putzjungfern bei sich -- der Putz und der Schmerz nahm zu -- endlich schickte sie die lebendi¬ gen Appreturmaschinen fort und setzte sich, sobald sie aus dem Schaum der Puder- und Schmuckkästen, der Schminklappen und mouchoirs de Venus, der pou¬ dres d'odeur und der Lippenpomaden zu einer Ve¬ nus erhärtet war, da setzte sie sich nieder und sagte, sie bliebe zu Hause wegen Kopfschmerzen. Viktor blieb mit da; und recht gern. Denn auch Klotilde mied, eingedenk der letztern Beklemmungen, das Schauspiel, und bloß die fünfjährige Giulia mußte ihre liebende Seele kühlen. Wer nicht das Sparr- und Zellenwerk des Menschenherzens kennt, den frap¬ pirts, daß Viktors Freundschaft gegen Klotilde ein ganzes Honiggewirke von Liebe für Joachime in seine Zellen eintrug; es war ihm lieb, wenn sie ein¬ ander besuchten oder umarmten, er suchte in den Segensfingern des Pabstes nicht so viele Heilkraft als in Klotildens ihren; die Freundschaft derselben
Hesperus. II. Th. P
dammte, den Freiheits-Salzgeiſt — drittens ſind wir alle ſo, daß, wenn wir unſer Herz fuͤr irgend ein weibliches aus einer Familie eingeheizet haben, daß dieſe Einheizer nachher die Ofen Waͤrme auf die ganze Sip und Magenſchaft ausdehnen, auf Bruͤder, Neffen, Vaͤter — viertens wurde Maz im¬ mer von ſeiner Schweſter gelobt und entſchuldigt. — Als Viktor kam zu Joachime: hatte ſie Kopfſchmer¬ zen und Putzjungfern bei ſich — der Putz und der Schmerz nahm zu — endlich ſchickte ſie die lebendi¬ gen Appreturmaſchinen fort und ſetzte ſich, ſobald ſie aus dem Schaum der Puder- und Schmuckkaͤſten, der Schminklappen und mouchoirs de Venus, der pou¬ dres d'odeur und der Lippenpomaden zu einer Ve¬ nus erhaͤrtet war, da ſetzte ſie ſich nieder und ſagte, ſie bliebe zu Hauſe wegen Kopfſchmerzen. Viktor blieb mit da; und recht gern. Denn auch Klotilde mied, eingedenk der letztern Beklemmungen, das Schauſpiel, und bloß die fuͤnfjaͤhrige Giulia mußte ihre liebende Seele kuͤhlen. Wer nicht das Sparr- und Zellenwerk des Menſchenherzens kennt, den frap¬ pirts, daß Viktors Freundſchaft gegen Klotilde ein ganzes Honiggewirke von Liebe fuͤr Joachime in ſeine Zellen eintrug; es war ihm lieb, wenn ſie ein¬ ander beſuchten oder umarmten, er ſuchte in den Segensfingern des Pabſtes nicht ſo viele Heilkraft als in Klotildens ihren; die Freundſchaft derſelben
Heſperus. II. Th. P
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dammte, den Freiheits-Salzgeiſt — drittens ſind
wir alle ſo, daß, wenn wir unſer Herz fuͤr irgend
ein weibliches aus einer Familie eingeheizet haben,
daß dieſe Einheizer nachher die Ofen Waͤrme auf
die ganze Sip und Magenſchaft ausdehnen, auf
Bruͤder, Neffen, Vaͤter — viertens wurde Maz im¬
mer von ſeiner Schweſter gelobt und entſchuldigt. —
Als Viktor kam zu Joachime: hatte ſie Kopfſchmer¬
zen und Putzjungfern bei ſich — der Putz und der
Schmerz nahm zu — endlich ſchickte ſie die lebendi¬
gen Appreturmaſchinen fort und ſetzte ſich, ſobald ſie
aus dem Schaum der Puder- und Schmuckkaͤſten,
der Schminklappen und mouchoirs de Venus, der pou¬
dres d'odeur und der Lippenpomaden zu einer Ve¬
nus erhaͤrtet war, da ſetzte ſie ſich nieder und ſagte,
ſie bliebe zu Hauſe wegen Kopfſchmerzen. Viktor
blieb mit da; und recht gern. Denn auch Klotilde
mied, eingedenk der letztern Beklemmungen, das
Schauſpiel, und bloß die fuͤnfjaͤhrige Giulia mußte
ihre liebende Seele kuͤhlen. Wer nicht das Sparr-
und Zellenwerk des Menſchenherzens kennt, den frap¬
pirts, daß Viktors Freundſchaft gegen Klotilde ein
ganzes Honiggewirke von Liebe fuͤr Joachime in
ſeine Zellen eintrug; es war ihm lieb, wenn ſie ein¬
ander beſuchten oder umarmten, er ſuchte in den
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als in Klotildens ihren; die Freundſchaft derſelben
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/235>, abgerufen am 16.02.2025.
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