Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.der in den Gang zu bringen -- ich sage, es war Jetzt ging eine Zeit für ihn an, die gerade das Viktor suchte nämlich sein uneiniges unglückliches der in den Gang zu bringen — ich ſage‚ es war Jetzt ging eine Zeit fuͤr ihn an‚ die gerade das Viktor ſuchte naͤmlich ſein uneiniges ungluͤckliches <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0209" n="199"/> der in den Gang zu bringen — ich ſage‚ es war<lb/> ihm nicht ſowohl angenehm oder unangenehm als<lb/> beides‚ als unerwartet‚ als ein Wink‚ des — Teu¬<lb/> fels zu werden. Sein Herz und das Bild‚ das zu<lb/> lange drinnen war‚ wurden gar entzweigedruͤckt: »Es<lb/> ſey!« ſagt' er und zerbiß die krampfhafte Lippe‚ wo¬<lb/> mit ers ſagte. — Einige Tage lang mocht' er nicht<lb/> einmal Joachime ſehen. »Hat ſie denn ein Auge<lb/> »fuͤr die Natur und ein Herz fuͤr die Ewigkeit?«<lb/> fragt' er und er wußte wohl die Antwort.</p><lb/> <p>Jetzt ging eine Zeit fuͤr ihn an‚ die gerade das<lb/> Gegentheil der Sabbathswochen war — man kann<lb/> ſie die <hi rendition="#g">Renn-Wochen</hi> oder <hi rendition="#g">Viſiten-Ta¬<lb/> rantel</hi>-<hi rendition="#g">Tanzſtunden</hi> nennen. Es iſt eine ver¬<lb/> dammte Zeit‚ der Menſch weiß nicht wo er ſteht.<lb/> Sie fiel bei Viktor gerade in die Wintermonate‚ wo<lb/> ohnehin die ſauſenden Butterwochen der Staͤdte und<lb/> Hoͤft ſind. Ich will ſie jetzt ordentlich ſchildern.</p><lb/> <p>Viktor ſuchte naͤmlich ſein uneiniges ungluͤckliches<lb/> Herz zu uͤberſchreien und zu betaͤuben — nicht mit<lb/> den Trommelwirbeln der Luſtbarkeiten; unter dieſen<lb/> verblutete es vielmehr‚ ſo wie unter dem Trommeln<lb/> die Wunden ſtaͤrker fließen: ſondern — mit Men¬<lb/> ſchen: dieſe waren die Tourniquets und die blutſtil¬<lb/> lenden Schrauben‚ die er um ſeine Seele legte.<lb/> Sein Leib war jetzt wie ein transſubſtanzirter‚ an<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [199/0209]
der in den Gang zu bringen — ich ſage‚ es war
ihm nicht ſowohl angenehm oder unangenehm als
beides‚ als unerwartet‚ als ein Wink‚ des — Teu¬
fels zu werden. Sein Herz und das Bild‚ das zu
lange drinnen war‚ wurden gar entzweigedruͤckt: »Es
ſey!« ſagt' er und zerbiß die krampfhafte Lippe‚ wo¬
mit ers ſagte. — Einige Tage lang mocht' er nicht
einmal Joachime ſehen. »Hat ſie denn ein Auge
»fuͤr die Natur und ein Herz fuͤr die Ewigkeit?«
fragt' er und er wußte wohl die Antwort.
Jetzt ging eine Zeit fuͤr ihn an‚ die gerade das
Gegentheil der Sabbathswochen war — man kann
ſie die Renn-Wochen oder Viſiten-Ta¬
rantel-Tanzſtunden nennen. Es iſt eine ver¬
dammte Zeit‚ der Menſch weiß nicht wo er ſteht.
Sie fiel bei Viktor gerade in die Wintermonate‚ wo
ohnehin die ſauſenden Butterwochen der Staͤdte und
Hoͤft ſind. Ich will ſie jetzt ordentlich ſchildern.
Viktor ſuchte naͤmlich ſein uneiniges ungluͤckliches
Herz zu uͤberſchreien und zu betaͤuben — nicht mit
den Trommelwirbeln der Luſtbarkeiten; unter dieſen
verblutete es vielmehr‚ ſo wie unter dem Trommeln
die Wunden ſtaͤrker fließen: ſondern — mit Men¬
ſchen: dieſe waren die Tourniquets und die blutſtil¬
lenden Schrauben‚ die er um ſeine Seele legte.
Sein Leib war jetzt wie ein transſubſtanzirter‚ an
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/209>, abgerufen am 16.02.2025. |