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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

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che Gefühl unserer Vergänglichkeit aus ihm: --
und unter einem solchen heitern Himmel des Lebens
tanzet heute mein Viktor mit Allen: -- mit den
Vormittagshoren -- mit dem Regierungsrathe --
mit dem Apotheker -- durch die Apotheke hindurch
neben dem Pro[v]isor vorbei, um oben auf dem
Schlosse mit dem podagristischen Jenner einige Tou¬
ren zu machen.

-- Er ist kaum eine halbe Stunde bei dem Für¬
sten gewesen, so sieht ihn Zeusel wieder in sein me¬
dizinisches Waarenlager rennen . . . . "ei, ei!"
denkt der Apotheker.

Aber es war ganz anders: Viktor gelangte durch
einen Monturen-Verhau -- denn die Korridore der
Fürstenschlösser sind fast Zeltgassen und die Regenten
lassen sich so ängstlich umwachen als besorgten sie,
die ersten oder die letzten zu seyn -- ins Kran¬
kenzimmer. Vor einem Pazienten, der in wagrech¬
ter Verfassung liegt, behält man die lothrechte
leichter. Die Großen verwechseln auch oft die
Wirkung ihrer Zimmer und Meublen mit ihrer eig¬
nen: -- wenn sie der Gelehrte auf einem Rain, in
einem Walde, an einem Krautfelde überfallen könn¬
te: er wüste sich zu benehmen. Aber Viktor war
selber in bordirten und mit goldnen Klausuren verse¬
henen Zimmern erzogen. Da er den Freund seines
Vaters in Schmerzen und in emballirten Beinen

che Gefuͤhl unſerer Vergaͤnglichkeit aus ihm: —
und unter einem ſolchen heitern Himmel des Lebens
tanzet heute mein Viktor mit Allen: — mit den
Vormittagshoren — mit dem Regierungsrathe —
mit dem Apotheker — durch die Apotheke hindurch
neben dem Pro[v]iſor vorbei, um oben auf dem
Schloſſe mit dem podagriſtiſchen Jenner einige Tou¬
ren zu machen.

— Er iſt kaum eine halbe Stunde bei dem Fuͤr¬
ſten geweſen, ſo ſieht ihn Zeuſel wieder in ſein me¬
diziniſches Waarenlager rennen . . . . »ei, ei!»
denkt der Apotheker.

Aber es war ganz anders: Viktor gelangte durch
einen Monturen-Verhau — denn die Korridore der
Fuͤrſtenſchloͤſſer ſind faſt Zeltgaſſen und die Regenten
laſſen ſich ſo aͤngſtlich umwachen als beſorgten ſie,
die erſten oder die letzten zu ſeyn — ins Kran¬
kenzimmer. Vor einem Pazienten, der in wagrech¬
ter Verfaſſung liegt, behaͤlt man die lothrechte
leichter. Die Großen verwechſeln auch oft die
Wirkung ihrer Zimmer und Meublen mit ihrer eig¬
nen: — wenn ſie der Gelehrte auf einem Rain, in
einem Walde, an einem Krautfelde uͤberfallen koͤnn¬
te: er wuͤſte ſich zu benehmen. Aber Viktor war
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[9/0019] che Gefuͤhl unſerer Vergaͤnglichkeit aus ihm: — und unter einem ſolchen heitern Himmel des Lebens tanzet heute mein Viktor mit Allen: — mit den Vormittagshoren — mit dem Regierungsrathe — mit dem Apotheker — durch die Apotheke hindurch neben dem Proviſor vorbei, um oben auf dem Schloſſe mit dem podagriſtiſchen Jenner einige Tou¬ ren zu machen. — Er iſt kaum eine halbe Stunde bei dem Fuͤr¬ ſten geweſen, ſo ſieht ihn Zeuſel wieder in ſein me¬ diziniſches Waarenlager rennen . . . . »ei, ei!» denkt der Apotheker. Aber es war ganz anders: Viktor gelangte durch einen Monturen-Verhau — denn die Korridore der Fuͤrſtenſchloͤſſer ſind faſt Zeltgaſſen und die Regenten laſſen ſich ſo aͤngſtlich umwachen als beſorgten ſie, die erſten oder die letzten zu ſeyn — ins Kran¬ kenzimmer. Vor einem Pazienten, der in wagrech¬ ter Verfaſſung liegt, behaͤlt man die lothrechte leichter. Die Großen verwechſeln auch oft die Wirkung ihrer Zimmer und Meublen mit ihrer eig¬ nen: — wenn ſie der Gelehrte auf einem Rain, in einem Walde, an einem Krautfelde uͤberfallen koͤnn¬ te: er wuͤſte ſich zu benehmen. Aber Viktor war ſelber in bordirten und mit goldnen Klauſuren verſe¬ henen Zimmern erzogen. Da er den Freund ſeines Vaters in Schmerzen und in emballirten Beinen

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/19>, abgerufen am 24.11.2024.