Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

"nicht verbittern -- er soll sich hier gescheut genug auf¬
"führen -- und wenn du dann wieder kommst und
"hier am Hofe einen gehorsamen, einen begünstigten
"und doch unverdorbnen Sohn antrifft. . . ."
Als der Sohn gar dachte, daß er, wenn er so in
gerader Aszension am Hofe kulminirte, gewinnen
könnte das Herz der Kaplanei, das Herz von le Baut,
das Herz der Tochter glaub' ich: so hielt er die
Quaste abgedreht in seiner . . . . und legte sich still
zu Bette.

-- Steh auf, mein Held! Die Morgensonne
macht schon deinen Erker roth -- springe unter dem
Glockengeläute der Wochenpredigt und unter dem
Getöse des heutigen Markttages in deine helle Stu¬
be -- dein Vater, von dem du die ganze Nacht ge¬
träumt, hat sie voll musikalischem und malerischem
Schiff und Geschirr gestellt und du wirst den ganzen
Morgen an ihn. denken -- und doch schenkt dir der
Erker noch mehr, einen grünen Streif von Feldern
und Maienthals Anhöhen nach Abend -- den gan¬
zen Marktplatz -- das Privat-Haus des Stadtse¬
niors gegenüber, dem du in alle Stuben, die er an
deinen Flamin vermiethet, schauen kannst. -- --

Flamin ist aber nicht darin: denn er hatte mei¬
nen Helden schon angefaßt und mit meinen Worten
angeredet: steh' auf! -- Eine neue Lage ist eine
Frühlingskur für unser Herz und nimmt das ängstli¬

»nicht verbittern — er ſoll ſich hier geſcheut genug auf¬
»fuͤhren — und wenn du dann wieder kommſt und
»hier am Hofe einen gehorſamen, einen beguͤnſtigten
»und doch unverdorbnen Sohn antrifft. . . .»
Als der Sohn gar dachte, daß er, wenn er ſo in
gerader Aszenſion am Hofe kulminirte, gewinnen
koͤnnte das Herz der Kaplanei, das Herz von le Baut,
das Herz der Tochter glaub' ich: ſo hielt er die
Quaſte abgedreht in ſeiner . . . . und legte ſich ſtill
zu Bette.

— Steh auf, mein Held! Die Morgenſonne
macht ſchon deinen Erker roth — ſpringe unter dem
Glockengelaͤute der Wochenpredigt und unter dem
Getoͤſe des heutigen Markttages in deine helle Stu¬
be — dein Vater, von dem du die ganze Nacht ge¬
traͤumt, hat ſie voll muſikaliſchem und maleriſchem
Schiff und Geſchirr geſtellt und du wirſt den ganzen
Morgen an ihn. denken — und doch ſchenkt dir der
Erker noch mehr, einen gruͤnen Streif von Feldern
und Maienthals Anhoͤhen nach Abend — den gan¬
zen Marktplatz — das Privat-Haus des Stadtſe¬
niors gegenuͤber, dem du in alle Stuben, die er an
deinen Flamin vermiethet, ſchauen kannſt. — —

Flamin iſt aber nicht darin: denn er hatte mei¬
nen Helden ſchon angefaßt und mit meinen Worten
angeredet: ſteh' auf! — Eine neue Lage iſt eine
Fruͤhlingskur fuͤr unſer Herz und nimmt das aͤngſtli¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0018" n="8"/>
»nicht verbittern &#x2014; er &#x017F;oll &#x017F;ich hier ge&#x017F;cheut genug auf¬<lb/>
»fu&#x0364;hren &#x2014; und wenn du dann wieder komm&#x017F;t und<lb/>
»hier am Hofe einen gehor&#x017F;amen, einen begu&#x0364;n&#x017F;tigten<lb/>
»und doch unverdorbnen Sohn antrifft. . . .»<lb/>
Als der Sohn gar dachte, daß er, wenn er &#x017F;o in<lb/>
gerader Aszen&#x017F;ion am Hofe kulminirte, gewinnen<lb/>
ko&#x0364;nnte das Herz der Kaplanei, das Herz von le Baut,<lb/>
das Herz der Tochter glaub' ich: &#x017F;o hielt er die<lb/>
Qua&#x017F;te abgedreht in &#x017F;einer . . . . und legte &#x017F;ich &#x017F;till<lb/>
zu Bette.</p><lb/>
          <p>&#x2014; Steh auf, mein Held! Die Morgen&#x017F;onne<lb/>
macht &#x017F;chon deinen Erker roth &#x2014; &#x017F;pringe unter dem<lb/>
Glockengela&#x0364;ute der Wochenpredigt und unter dem<lb/>
Geto&#x0364;&#x017F;e des heutigen Markttages in deine helle Stu¬<lb/>
be &#x2014; dein Vater, von dem du die ganze Nacht ge¬<lb/>
tra&#x0364;umt, hat &#x017F;ie voll mu&#x017F;ikali&#x017F;chem und maleri&#x017F;chem<lb/>
Schiff und Ge&#x017F;chirr ge&#x017F;tellt und du wir&#x017F;t den ganzen<lb/>
Morgen an ihn. denken &#x2014; und doch &#x017F;chenkt dir der<lb/>
Erker noch mehr, einen gru&#x0364;nen Streif von Feldern<lb/>
und Maienthals Anho&#x0364;hen nach Abend &#x2014; den gan¬<lb/>
zen Marktplatz &#x2014; das Privat-Haus des Stadt&#x017F;<lb/>
niors gegenu&#x0364;ber, dem du in alle Stuben, die er an<lb/>
deinen Flamin vermiethet, &#x017F;chauen kann&#x017F;t. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Flamin i&#x017F;t aber nicht darin: denn er hatte mei¬<lb/>
nen Helden &#x017F;chon angefaßt und mit meinen Worten<lb/>
angeredet: &#x017F;teh' auf! &#x2014; Eine neue Lage i&#x017F;t eine<lb/>
Fru&#x0364;hlingskur fu&#x0364;r un&#x017F;er Herz und nimmt das a&#x0364;ng&#x017F;tli¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0018] »nicht verbittern — er ſoll ſich hier geſcheut genug auf¬ »fuͤhren — und wenn du dann wieder kommſt und »hier am Hofe einen gehorſamen, einen beguͤnſtigten »und doch unverdorbnen Sohn antrifft. . . .» Als der Sohn gar dachte, daß er, wenn er ſo in gerader Aszenſion am Hofe kulminirte, gewinnen koͤnnte das Herz der Kaplanei, das Herz von le Baut, das Herz der Tochter glaub' ich: ſo hielt er die Quaſte abgedreht in ſeiner . . . . und legte ſich ſtill zu Bette. — Steh auf, mein Held! Die Morgenſonne macht ſchon deinen Erker roth — ſpringe unter dem Glockengelaͤute der Wochenpredigt und unter dem Getoͤſe des heutigen Markttages in deine helle Stu¬ be — dein Vater, von dem du die ganze Nacht ge¬ traͤumt, hat ſie voll muſikaliſchem und maleriſchem Schiff und Geſchirr geſtellt und du wirſt den ganzen Morgen an ihn. denken — und doch ſchenkt dir der Erker noch mehr, einen gruͤnen Streif von Feldern und Maienthals Anhoͤhen nach Abend — den gan¬ zen Marktplatz — das Privat-Haus des Stadtſe¬ niors gegenuͤber, dem du in alle Stuben, die er an deinen Flamin vermiethet, ſchauen kannſt. — — Flamin iſt aber nicht darin: denn er hatte mei¬ nen Helden ſchon angefaßt und mit meinen Worten angeredet: ſteh' auf! — Eine neue Lage iſt eine Fruͤhlingskur fuͤr unſer Herz und nimmt das aͤngſtli¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/18
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/18>, abgerufen am 18.12.2024.