Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

-- die Weiber errathen so leicht, weil sie sich
immer nur errathen lassen und ergänzen und ver¬
bergen
jede Hälfte mit gleichem Glück; -- aber
zu ihren Reizen rechn' ich auch den Zwang vor der
Fürstin und den vor dem Besuchs-Apartement. --
Uebrigens war jetzt sein von Klotilden weggeworfenes
Herz in der Lage der Kinder, die gewettet haben,
Schläge in ihre Hand ohne Thränen aufzunehmen
und die noch fortlächeln wenn diese schon fließen.

Woche des 23. Post-Trinit. oder 46te des
Jahrs 179*

Jetzt ist er Vormittags auch dort. Es ist be¬
merkenswerth, daß er ihr am Martinitag die gepu¬
derte Stirn mit dem Pudermesser rasirte und daß er
um einige Toiletten-Hofämter bei ihr anhielt: "ich
"kann ihr Schminkdosenträger werden, wie der große
"Mogul Tabakspfeifen- und Betelträger hat --
"oder auch Ihr Cravatier ordinaire -- oder Ihr
"Sommier (d. h. Gebetspolsterträger) -- ich würde,
"wenn Sie sich nicht auf den Polster knieten, es
"selber thun vor Ihnen. -- -- Ich kannte in Han¬
"nover einen schönen Engländer, der sich das linke
"Knie füttern und polstern ließ, weil er nicht wußte
"wen er heute anzubeten bekäme und wie lange." --

Es ist eben so wichtig, daß er sie am Jonastag
ein Paar feine Handschuhe, worauf ein sehr einfälti¬

— die Weiber errathen ſo leicht, weil ſie ſich
immer nur errathen laſſen und ergaͤnzen und ver¬
bergen
jede Haͤlfte mit gleichem Gluͤck; — aber
zu ihren Reizen rechn' ich auch den Zwang vor der
Fuͤrſtin und den vor dem Beſuchs-Apartement. —
Uebrigens war jetzt ſein von Klotilden weggeworfenes
Herz in der Lage der Kinder, die gewettet haben,
Schlaͤge in ihre Hand ohne Thraͤnen aufzunehmen
und die noch fortlaͤcheln wenn dieſe ſchon fließen.

Woche des 23. Poſt-Trinit. oder 46te des
Jahrs 179*

Jetzt iſt er Vormittags auch dort. Es iſt be¬
merkenswerth, daß er ihr am Martinitag die gepu¬
derte Stirn mit dem Pudermeſſer raſirte und daß er
um einige Toiletten-Hofaͤmter bei ihr anhielt: »ich
»kann ihr Schminkdoſentraͤger werden, wie der große
»Mogul Tabakspfeifen- und Beteltraͤger hat —
»oder auch Ihr Cravatier ordinaire — oder Ihr
»Sommier (d. h. Gebetspolſtertraͤger) — ich wuͤrde,
»wenn Sie ſich nicht auf den Polſter knieten, es
»ſelber thun vor Ihnen. — — Ich kannte in Han¬
»nover einen ſchoͤnen Englaͤnder, der ſich das linke
»Knie fuͤttern und polſtern ließ, weil er nicht wußte
»wen er heute anzubeten bekaͤme und wie lange.« —

Es iſt eben ſo wichtig, daß er ſie am Jonastag
ein Paar feine Handſchuhe, worauf ein ſehr einfaͤlti¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0168" n="158"/>
&#x2014; die Weiber errathen &#x017F;o leicht, weil &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
immer nur errathen la&#x017F;&#x017F;en und <hi rendition="#g">erga&#x0364;nzen</hi> und <hi rendition="#g">ver¬<lb/>
bergen</hi> jede <hi rendition="#g">Ha&#x0364;lfte</hi> mit gleichem Glu&#x0364;ck; &#x2014; aber<lb/>
zu ihren Reizen rechn' ich auch den Zwang vor der<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tin und den vor dem Be&#x017F;uchs-Apartement. &#x2014;<lb/>
Uebrigens war jetzt &#x017F;ein von Klotilden weggeworfenes<lb/>
Herz in der Lage der Kinder, die gewettet haben,<lb/>
Schla&#x0364;ge in ihre Hand ohne Thra&#x0364;nen aufzunehmen<lb/>
und die noch fortla&#x0364;cheln wenn die&#x017F;e &#x017F;chon fließen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Woche des 23</hi>. <hi rendition="#g">Po&#x017F;t-Trinit</hi>. <hi rendition="#g">oder 46te des<lb/>
Jahrs 179*</hi></p><lb/>
            <p>Jetzt i&#x017F;t er Vormittags auch dort. Es i&#x017F;t be¬<lb/>
merkenswerth, daß er ihr am Martinitag die gepu¬<lb/>
derte Stirn mit dem Puderme&#x017F;&#x017F;er ra&#x017F;irte und daß er<lb/>
um einige Toiletten-Hofa&#x0364;mter bei ihr anhielt: »ich<lb/>
»kann ihr Schminkdo&#x017F;entra&#x0364;ger werden, wie der große<lb/>
»Mogul Tabakspfeifen- und Beteltra&#x0364;ger hat &#x2014;<lb/>
»oder auch Ihr <hi rendition="#aq">Cravatier ordinaire</hi> &#x2014; oder Ihr<lb/>
»<hi rendition="#aq">Sommier</hi> (d. h. Gebetspol&#x017F;tertra&#x0364;ger) &#x2014; ich wu&#x0364;rde,<lb/>
»wenn Sie &#x017F;ich nicht auf den Pol&#x017F;ter knieten, es<lb/>
»&#x017F;elber thun vor Ihnen. &#x2014; &#x2014; Ich kannte in Han¬<lb/>
»nover einen &#x017F;cho&#x0364;nen Engla&#x0364;nder, der &#x017F;ich das linke<lb/>
»Knie fu&#x0364;ttern und pol&#x017F;tern ließ, weil er nicht wußte<lb/>
»wen er heute anzubeten beka&#x0364;me und wie lange.« &#x2014;</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t eben &#x017F;o wichtig, daß er &#x017F;ie am Jonastag<lb/>
ein Paar feine Hand&#x017F;chuhe, worauf ein &#x017F;ehr einfa&#x0364;lti¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0168] — die Weiber errathen ſo leicht, weil ſie ſich immer nur errathen laſſen und ergaͤnzen und ver¬ bergen jede Haͤlfte mit gleichem Gluͤck; — aber zu ihren Reizen rechn' ich auch den Zwang vor der Fuͤrſtin und den vor dem Beſuchs-Apartement. — Uebrigens war jetzt ſein von Klotilden weggeworfenes Herz in der Lage der Kinder, die gewettet haben, Schlaͤge in ihre Hand ohne Thraͤnen aufzunehmen und die noch fortlaͤcheln wenn dieſe ſchon fließen. Woche des 23. Poſt-Trinit. oder 46te des Jahrs 179* Jetzt iſt er Vormittags auch dort. Es iſt be¬ merkenswerth, daß er ihr am Martinitag die gepu¬ derte Stirn mit dem Pudermeſſer raſirte und daß er um einige Toiletten-Hofaͤmter bei ihr anhielt: »ich »kann ihr Schminkdoſentraͤger werden, wie der große »Mogul Tabakspfeifen- und Beteltraͤger hat — »oder auch Ihr Cravatier ordinaire — oder Ihr »Sommier (d. h. Gebetspolſtertraͤger) — ich wuͤrde, »wenn Sie ſich nicht auf den Polſter knieten, es »ſelber thun vor Ihnen. — — Ich kannte in Han¬ »nover einen ſchoͤnen Englaͤnder, der ſich das linke »Knie fuͤttern und polſtern ließ, weil er nicht wußte »wen er heute anzubeten bekaͤme und wie lange.« — Es iſt eben ſo wichtig, daß er ſie am Jonastag ein Paar feine Handſchuhe, worauf ein ſehr einfaͤlti¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/168
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/168>, abgerufen am 06.05.2024.