und sein Magen es verstattet hätten) gern Flachsen¬ fingen zum Freistaat erhoben und sich zum Maire darin. Aber der Minister haßte das tödtlich und liebte allen politischen Schismatikern -- einem Rous¬ seau -- allen Girondisten -- allen Feuillants -- allen Republikanern -- und allen Philosophen den Namen Jakobiner auf, wie die Türken alle Fremde, Britten, Deutsche, Franzosen etc. Franken nennen. Indeß war das eine Ursache, warum Viktor Mazen, der besser dachte, jetzt lieber gewann; und warum er von dem Vater zu der Tochter floh.
Bei Joachimen gelangen in dieser Woche seine Gnadenmittel: sie gab dem feinen und wolriechenden Narren Dualis wie wir der Tugend nur das Acces¬ sit und meinem Helden wie wir der Neigung, die Preismedaille. Da er aber bloß eine gewisse Em¬ pfindsamkeit am meisten in der Freundschaft und Liebe achtete: so hätt' er, dacht' er, mit dieser Schekerin durch den Mond reisen können, ohne für sie (aber wohl über sie) zu seufzen -- aber diese lu¬ stigen, mein Bastian, haben den Henker gesehen; wenn sie etwas anders werden, dann wird mans auch mit. Sie sagte ihm, sie wolle gefallen wie ein lutherisches Heiligengemälde, aber sie wolle nicht angebetet seyn wie ein katholisches. Sie nahm ihn am meisten durch die ihrem Geschlecht ei¬ gne Gabe ein, delikate Wendungen zu verstehen
und ſein Magen es verſtattet haͤtten) gern Flachſen¬ fingen zum Freiſtaat erhoben und ſich zum Maire darin. Aber der Miniſter haßte das toͤdtlich und liebte allen politiſchen Schismatikern — einem Rouſ¬ ſeau — allen Girondiſten — allen Feuillants — allen Republikanern — und allen Philoſophen den Namen Jakobiner auf, wie die Tuͤrken alle Fremde, Britten, Deutſche, Franzoſen ꝛc. Franken nennen. Indeß war das eine Urſache, warum Viktor Mazen, der beſſer dachte, jetzt lieber gewann; und warum er von dem Vater zu der Tochter floh.
Bei Joachimen gelangen in dieſer Woche ſeine Gnadenmittel: ſie gab dem feinen und wolriechenden Narren Dualis wie wir der Tugend nur das Acceſ¬ ſit und meinem Helden wie wir der Neigung, die Preismedaille. Da er aber bloß eine gewiſſe Em¬ pfindſamkeit am meiſten in der Freundſchaft und Liebe achtete: ſo haͤtt' er, dacht' er, mit dieſer Schekerin durch den Mond reiſen koͤnnen, ohne fuͤr ſie (aber wohl uͤber ſie) zu ſeufzen — aber dieſe lu¬ ſtigen, mein Baſtian, haben den Henker geſehen; wenn ſie etwas anders werden, dann wird mans auch mit. Sie ſagte ihm, ſie wolle gefallen wie ein lutheriſches Heiligengemaͤlde, aber ſie wolle nicht angebetet ſeyn wie ein katholiſches. Sie nahm ihn am meiſten durch die ihrem Geſchlecht ei¬ gne Gabe ein, delikate Wendungen zu verſtehen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0167"n="157"/>
und ſein Magen es verſtattet haͤtten) gern Flachſen¬<lb/>
fingen zum Freiſtaat erhoben und ſich zum Maire<lb/>
darin. Aber der Miniſter haßte das toͤdtlich und<lb/>
liebte allen politiſchen Schismatikern — einem Rouſ¬<lb/>ſeau — allen Girondiſten — allen Feuillants —<lb/>
allen Republikanern — und allen Philoſophen den<lb/>
Namen Jakobiner auf, wie die Tuͤrken alle Fremde,<lb/>
Britten, Deutſche, Franzoſen ꝛc. <hirendition="#g">Franken</hi> nennen.<lb/>
Indeß war das eine Urſache, warum Viktor Mazen,<lb/>
der beſſer dachte, jetzt lieber gewann; und warum er<lb/>
von dem Vater zu der Tochter floh.</p><lb/><p>Bei Joachimen gelangen in dieſer Woche ſeine<lb/>
Gnadenmittel: ſie gab dem feinen und wolriechenden<lb/>
Narren Dualis wie wir der <hirendition="#g">Tugend</hi> nur das Acceſ¬<lb/>ſit und meinem Helden wie wir der <hirendition="#g">Neigung</hi>, die<lb/>
Preismedaille. Da er aber bloß eine gewiſſe Em¬<lb/>
pfindſamkeit am meiſten in der Freundſchaft und<lb/>
Liebe achtete: ſo haͤtt' er, dacht' er, mit dieſer<lb/>
Schekerin durch den Mond reiſen koͤnnen, ohne <hirendition="#g">fuͤr</hi><lb/>ſie (aber wohl <hirendition="#g">uͤber</hi>ſie) zu ſeufzen — aber dieſe lu¬<lb/>ſtigen, mein Baſtian, haben den Henker geſehen;<lb/>
wenn ſie etwas anders werden, dann wird mans<lb/>
auch mit. Sie ſagte ihm, ſie wolle <hirendition="#g">gefallen</hi> wie<lb/>
ein lutheriſches Heiligengemaͤlde, aber ſie wolle nicht<lb/><hirendition="#g">angebetet</hi>ſeyn wie ein katholiſches. Sie nahm<lb/>
ihn am meiſten durch die ihrem Geſchlecht ei¬<lb/>
gne Gabe ein, delikate Wendungen zu verſtehen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[157/0167]
und ſein Magen es verſtattet haͤtten) gern Flachſen¬
fingen zum Freiſtaat erhoben und ſich zum Maire
darin. Aber der Miniſter haßte das toͤdtlich und
liebte allen politiſchen Schismatikern — einem Rouſ¬
ſeau — allen Girondiſten — allen Feuillants —
allen Republikanern — und allen Philoſophen den
Namen Jakobiner auf, wie die Tuͤrken alle Fremde,
Britten, Deutſche, Franzoſen ꝛc. Franken nennen.
Indeß war das eine Urſache, warum Viktor Mazen,
der beſſer dachte, jetzt lieber gewann; und warum er
von dem Vater zu der Tochter floh.
Bei Joachimen gelangen in dieſer Woche ſeine
Gnadenmittel: ſie gab dem feinen und wolriechenden
Narren Dualis wie wir der Tugend nur das Acceſ¬
ſit und meinem Helden wie wir der Neigung, die
Preismedaille. Da er aber bloß eine gewiſſe Em¬
pfindſamkeit am meiſten in der Freundſchaft und
Liebe achtete: ſo haͤtt' er, dacht' er, mit dieſer
Schekerin durch den Mond reiſen koͤnnen, ohne fuͤr
ſie (aber wohl uͤber ſie) zu ſeufzen — aber dieſe lu¬
ſtigen, mein Baſtian, haben den Henker geſehen;
wenn ſie etwas anders werden, dann wird mans
auch mit. Sie ſagte ihm, ſie wolle gefallen wie
ein lutheriſches Heiligengemaͤlde, aber ſie wolle nicht
angebetet ſeyn wie ein katholiſches. Sie nahm
ihn am meiſten durch die ihrem Geſchlecht ei¬
gne Gabe ein, delikate Wendungen zu verſtehen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/167>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.