Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

"zu -- -- Gleichwohl müssen dieser Wasserkügelgen,
"die für die Schmerzen der armen, armen Menschen
"gemacht sind, sich in 24 Stunden nicht mehr als
"(wenns recht zugeht) 4 Unzen abseihen. -- -- Aber,
"du Lieber, es geht eben nicht recht zu, besonders
"bei mir und es ärgert mich heute, nicht daß du in
"den H. Janin nicht geguckt, sondern daß du
"meine fatale, verdammte, dumme Weise nicht
"merkst" ... Welche denn?" -- "Ja wohl, wel¬
"che; aber die heutige daß mir die Augen überlaufen
"-- du darfst es kühn bloß einem zu matten Thrä¬
"nenheber beimessen, worunter Petit alle einsau¬
"gende Thränenwege befaßt -- wenn mir z. B. ei¬
"ner Unrecht thut, oder wenn ich nur etwas stark
"begehre, oder mir eine nahe Freude oder nur über¬
"haupt eine starke Empfindung denke oder das
"menschliche Leben oder das bloße Weinen sel¬
"ber." -- --

Sein gutes Auge stand voll Wasser, da ers sagte
und rechtfertigte alles.

"Lieber Flamin, ich wollte, ich wäre eine Dame
"geworden oder ein Herrnhuter oder ein Komödiant
" -- wahrlich wenn ich den Zuschauern weißmachen
"wollte, ich wäre darüber (nämlich über dem Wei¬
"nen,) so wär' es noch dazu wahr." --

Und hier legt er sich sanft und froh mit Thrä¬
nen, die entschuldigt flossen, um die geliebte Brust.

»zu — — Gleichwohl muͤſſen dieſer Waſſerkuͤgelgen,
»die fuͤr die Schmerzen der armen, armen Menſchen
»gemacht ſind, ſich in 24 Stunden nicht mehr als
»(wenns recht zugeht) 4 Unzen abſeihen. — — Aber,
»du Lieber, es geht eben nicht recht zu, beſonders
»bei mir und es aͤrgert mich heute, nicht daß du in
»den H. Janin nicht geguckt, ſondern daß du
»meine fatale, verdammte, dumme Weiſe nicht
»merkſt« ... Welche denn?« — »Ja wohl, wel¬
»che; aber die heutige daß mir die Augen uͤberlaufen
»— du darfſt es kuͤhn bloß einem zu matten Thraͤ¬
»nenheber beimeſſen, worunter Petit alle einſau¬
»gende Thraͤnenwege befaßt — wenn mir z. B. ei¬
»ner Unrecht thut, oder wenn ich nur etwas ſtark
»begehre, oder mir eine nahe Freude oder nur uͤber¬
»haupt eine ſtarke Empfindung denke oder das
»menſchliche Leben oder das bloße Weinen ſel¬
»ber.« — —

Sein gutes Auge ſtand voll Waſſer, da ers ſagte
und rechtfertigte alles.

»Lieber Flamin, ich wollte, ich waͤre eine Dame
»geworden oder ein Herrnhuter oder ein Komoͤdiant
» — wahrlich wenn ich den Zuſchauern weißmachen
»wollte, ich waͤre daruͤber (naͤmlich uͤber dem Wei¬
»nen,) ſo waͤr' es noch dazu wahr.« —

Und hier legt er ſich ſanft und froh mit Thraͤ¬
nen, die entſchuldigt floſſen, um die geliebte Bruſt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0373" n="362"/>
»zu &#x2014; &#x2014; Gleichwohl mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;er Wa&#x017F;&#x017F;erku&#x0364;gelgen,<lb/>
»die fu&#x0364;r die Schmerzen der armen, armen Men&#x017F;chen<lb/>
»gemacht &#x017F;ind, &#x017F;ich in 24 Stunden <hi rendition="#g">nicht</hi> mehr als<lb/>
»(wenns recht zugeht) 4 Unzen ab&#x017F;eihen. &#x2014; &#x2014; Aber,<lb/>
»du Lieber, es geht eben nicht recht zu, be&#x017F;onders<lb/>
»bei mir und es a&#x0364;rgert mich heute, nicht daß du in<lb/>
»den H. <hi rendition="#g">Janin</hi> nicht geguckt, &#x017F;ondern daß du<lb/>
»meine fatale, verdammte, dumme Wei&#x017F;e nicht<lb/>
»merk&#x017F;t« ... Welche denn?« &#x2014; »Ja wohl, wel¬<lb/>
»che; aber die heutige daß mir die Augen u&#x0364;berlaufen<lb/>
»&#x2014; du darf&#x017F;t es ku&#x0364;hn bloß einem zu matten <hi rendition="#g">Thra&#x0364;¬</hi><lb/>
»<hi rendition="#g">nenheber</hi> beime&#x017F;&#x017F;en, worunter <hi rendition="#g">Petit</hi> alle ein&#x017F;au¬<lb/>
»gende Thra&#x0364;nenwege befaßt &#x2014; wenn mir z. B. ei¬<lb/>
»ner Unrecht thut, oder wenn ich nur etwas &#x017F;tark<lb/>
»begehre, oder mir eine nahe Freude oder nur u&#x0364;ber¬<lb/>
»haupt eine &#x017F;tarke Empfindung denke oder das<lb/>
»men&#x017F;chliche Leben oder das bloße Weinen &#x017F;el¬<lb/>
»ber.« &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Sein gutes Auge &#x017F;tand voll Wa&#x017F;&#x017F;er, da ers &#x017F;agte<lb/>
und rechtfertigte alles.</p><lb/>
        <p>»Lieber Flamin, ich wollte, ich wa&#x0364;re eine Dame<lb/>
»geworden oder ein Herrnhuter oder ein Komo&#x0364;diant<lb/>
» &#x2014; wahrlich wenn ich den Zu&#x017F;chauern weißmachen<lb/>
»wollte, ich wa&#x0364;re daru&#x0364;ber (na&#x0364;mlich u&#x0364;ber dem Wei¬<lb/>
»nen,) &#x017F;o wa&#x0364;r' es noch dazu wahr.« &#x2014;</p><lb/>
        <p>Und hier legt er &#x017F;ich &#x017F;anft und froh mit Thra&#x0364;¬<lb/>
nen, die ent&#x017F;chuldigt flo&#x017F;&#x017F;en, um die geliebte Bru&#x017F;t.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[362/0373] »zu — — Gleichwohl muͤſſen dieſer Waſſerkuͤgelgen, »die fuͤr die Schmerzen der armen, armen Menſchen »gemacht ſind, ſich in 24 Stunden nicht mehr als »(wenns recht zugeht) 4 Unzen abſeihen. — — Aber, »du Lieber, es geht eben nicht recht zu, beſonders »bei mir und es aͤrgert mich heute, nicht daß du in »den H. Janin nicht geguckt, ſondern daß du »meine fatale, verdammte, dumme Weiſe nicht »merkſt« ... Welche denn?« — »Ja wohl, wel¬ »che; aber die heutige daß mir die Augen uͤberlaufen »— du darfſt es kuͤhn bloß einem zu matten Thraͤ¬ »nenheber beimeſſen, worunter Petit alle einſau¬ »gende Thraͤnenwege befaßt — wenn mir z. B. ei¬ »ner Unrecht thut, oder wenn ich nur etwas ſtark »begehre, oder mir eine nahe Freude oder nur uͤber¬ »haupt eine ſtarke Empfindung denke oder das »menſchliche Leben oder das bloße Weinen ſel¬ »ber.« — — Sein gutes Auge ſtand voll Waſſer, da ers ſagte und rechtfertigte alles. »Lieber Flamin, ich wollte, ich waͤre eine Dame »geworden oder ein Herrnhuter oder ein Komoͤdiant » — wahrlich wenn ich den Zuſchauern weißmachen »wollte, ich waͤre daruͤber (naͤmlich uͤber dem Wei¬ »nen,) ſo waͤr' es noch dazu wahr.« — Und hier legt er ſich ſanft und froh mit Thraͤ¬ nen, die entſchuldigt floſſen, um die geliebte Bruſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/373
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/373>, abgerufen am 10.06.2024.