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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

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Schauplatz weiter -- Im Schauplatz lagen umher
Marmorstücke, auf welche die Schmiedekohle Ra¬
phaels Gestalten gerissen hatte, eingesunkne Sphinxe,
Landkartensteine, worauf die dunkle Natur kleine
Ruinen und ertretetene Städte geäzet hatte, -- und
tiefe Oefnungen in der Erde die weniger Gräber als
Formen zu Glocken waren, die darin gegossen wer¬
den -- dreißig giftvolle Eibenbäume standen von
Rosen umflochten, gleichsam als wären sie Zeichen
der dreißig wüthend-leidenschaftlichen Jahre des
Menschen -- drei und zwanzig Trauerbirken waren
zu einem niedrigen Gebüsch zusammengebogen und in
einander gedrückt -- in das Gebüsch liefen alle
Steige der Insel -- hinter dem Gebüsch verfinster¬
ten neunfache Flöre in verschlungen Wallungen den
Blick nach dem hohen Tempel -- durch die Flöre
stiegen fünf Gewitterableiter in den Himmel auf und
ein Regenbogen aus zweien in einander gekrümmten
Wasserstrahlen zweier Fontainen schwebte flimmernd
am Gezweige und immer wölbten sich die zwei Stra¬
len herauf und immer zersplitterten sie einander oben
in der Berührung -- --

Als Horion seinen Sohn, dessen Herz von lauter
unsichtbaren Händen gefasset, erschreckt, gedrückt,
entzündet, erkältet wurde, in das niedrige Birken-
Gebüsch hineinzog: so began die lallende Todtenzunge
eines Orgel-Tremulanten durch die öde Stille den

Schauplatz weiter — Im Schauplatz lagen umher
Marmorſtuͤcke, auf welche die Schmiedekohle Ra¬
phaels Geſtalten geriſſen hatte, eingeſunkne Sphinxe,
Landkartenſteine, worauf die dunkle Natur kleine
Ruinen und ertretetene Staͤdte geaͤzet hatte, — und
tiefe Oefnungen in der Erde die weniger Graͤber als
Formen zu Glocken waren, die darin gegoſſen wer¬
den — dreißig giftvolle Eibenbaͤume ſtanden von
Roſen umflochten, gleichſam als waͤren ſie Zeichen
der dreißig wuͤthend-leidenſchaftlichen Jahre des
Menſchen — drei und zwanzig Trauerbirken waren
zu einem niedrigen Gebuͤſch zuſammengebogen und in
einander gedruͤckt — in das Gebuͤſch liefen alle
Steige der Inſel — hinter dem Gebuͤſch verfinſter¬
ten neunfache Floͤre in verſchlungen Wallungen den
Blick nach dem hohen Tempel — durch die Floͤre
ſtiegen fuͤnf Gewitterableiter in den Himmel auf und
ein Regenbogen aus zweien in einander gekruͤmmten
Waſſerſtrahlen zweier Fontainen ſchwebte flimmernd
am Gezweige und immer woͤlbten ſich die zwei Stra¬
len herauf und immer zerſplitterten ſie einander oben
in der Beruͤhrung — —

Als Horion ſeinen Sohn, deſſen Herz von lauter
unſichtbaren Haͤnden gefaſſet, erſchreckt, gedruͤckt,
entzuͤndet, erkaͤltet wurde, in das niedrige Birken-
Gebuͤſch hineinzog: ſo began die lallende Todtenzunge
eines Orgel-Tremulanten durch die oͤde Stille den

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[286/0297] Schauplatz weiter — Im Schauplatz lagen umher Marmorſtuͤcke, auf welche die Schmiedekohle Ra¬ phaels Geſtalten geriſſen hatte, eingeſunkne Sphinxe, Landkartenſteine, worauf die dunkle Natur kleine Ruinen und ertretetene Staͤdte geaͤzet hatte, — und tiefe Oefnungen in der Erde die weniger Graͤber als Formen zu Glocken waren, die darin gegoſſen wer¬ den — dreißig giftvolle Eibenbaͤume ſtanden von Roſen umflochten, gleichſam als waͤren ſie Zeichen der dreißig wuͤthend-leidenſchaftlichen Jahre des Menſchen — drei und zwanzig Trauerbirken waren zu einem niedrigen Gebuͤſch zuſammengebogen und in einander gedruͤckt — in das Gebuͤſch liefen alle Steige der Inſel — hinter dem Gebuͤſch verfinſter¬ ten neunfache Floͤre in verſchlungen Wallungen den Blick nach dem hohen Tempel — durch die Floͤre ſtiegen fuͤnf Gewitterableiter in den Himmel auf und ein Regenbogen aus zweien in einander gekruͤmmten Waſſerſtrahlen zweier Fontainen ſchwebte flimmernd am Gezweige und immer woͤlbten ſich die zwei Stra¬ len herauf und immer zerſplitterten ſie einander oben in der Beruͤhrung — — Als Horion ſeinen Sohn, deſſen Herz von lauter unſichtbaren Haͤnden gefaſſet, erſchreckt, gedruͤckt, entzuͤndet, erkaͤltet wurde, in das niedrige Birken- Gebuͤſch hineinzog: ſo began die lallende Todtenzunge eines Orgel-Tremulanten durch die oͤde Stille den

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/297>, abgerufen am 25.11.2024.