Operationsplan zum Kusse der schönen Dunsin nicht aus dem Kopfe bringen können: "eine viehdumme "Huldin küss' ich Einmal, sagt' er, dann hab' ich "Ruh' auf Lebenslang." Aber zum Unglück mußte um die Dunsin die sogenannte Kleinste (Schwester) deren Verstand und Nase zu groß waren, als Senk¬ feder der Angel schwimmen und die Feder würde sich, hätt' er nur eine Lippe an den Köder gesetzt, sich sogleich gereget haben. Er war aber doch pfif¬ fig: er nahm die Kleinste auf die Schenkel und schau¬ kelte sie wie Zeusels Kutscher und sagte der Klu¬ gen süße Namen über den Kopf hinüber, die er alle mit den Augen der Dummen dedizirte (am Hofe wird er mit umgekehrtem Scheine dediziren) Er drückte der Kleinsten zweimal zum Spaße die Spionenaugen zu, bloß um es im Ernst zum dritten¬ male zu thun, wo er die Dunsin an sich zog und sie mit der rechten Hand in eine Stellung brachte, daß er ihr -- zumal da sie es litt, weil Mädgen der List ungern abschlagen, oft aus bloßer Freude, sie zu errathen -- unter den Hofdiensten gegen die Blinde den schleunigen Kuß hinreichen konnte, für den er schon so viele avant propos und Marschrouten ver¬ fertigt hatte. Jetzt war er satt und heil; hätt' er noch zwei Abende dem Kuß nachstellen müssen: er hätte sich vollständig verliebt.
Operationsplan zum Kuſſe der ſchoͤnen Dunſin nicht aus dem Kopfe bringen koͤnnen: »eine viehdumme »Huldin kuͤſſ' ich Einmal, ſagt' er, dann hab' ich »Ruh' auf Lebenslang.« Aber zum Ungluͤck mußte um die Dunſin die ſogenannte Kleinſte (Schweſter) deren Verſtand und Naſe zu groß waren, als Senk¬ feder der Angel ſchwimmen und die Feder wuͤrde ſich, haͤtt' er nur eine Lippe an den Koͤder geſetzt, ſich ſogleich gereget haben. Er war aber doch pfif¬ fig: er nahm die Kleinſte auf die Schenkel und ſchau¬ kelte ſie wie Zeuſels Kutſcher und ſagte der Klu¬ gen ſuͤße Namen uͤber den Kopf hinuͤber, die er alle mit den Augen der Dummen dedizirte (am Hofe wird er mit umgekehrtem Scheine dediziren) Er druͤckte der Kleinſten zweimal zum Spaße die Spionenaugen zu, bloß um es im Ernſt zum dritten¬ male zu thun, wo er die Dunſin an ſich zog und ſie mit der rechten Hand in eine Stellung brachte, daß er ihr — zumal da ſie es litt, weil Maͤdgen der Liſt ungern abſchlagen, oft aus bloßer Freude, ſie zu errathen — unter den Hofdienſten gegen die Blinde den ſchleunigen Kuß hinreichen konnte, fuͤr den er ſchon ſo viele avant propos und Marſchrouten ver¬ fertigt hatte. Jetzt war er ſatt und heil; haͤtt' er noch zwei Abende dem Kuß nachſtellen muͤſſen: er haͤtte ſich vollſtaͤndig verliebt.
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Operationsplan zum Kuſſe der ſchoͤnen Dunſin nicht
aus dem Kopfe bringen koͤnnen: »eine viehdumme
»Huldin kuͤſſ' ich Einmal, ſagt' er, dann hab' ich
»Ruh' auf Lebenslang.« Aber zum Ungluͤck mußte
um die Dunſin die ſogenannte Kleinſte (Schweſter)
deren Verſtand und Naſe zu groß waren, als Senk¬
feder der Angel ſchwimmen und die Feder wuͤrde
ſich, haͤtt' er nur eine Lippe an den Koͤder geſetzt,
ſich ſogleich gereget haben. Er war aber doch pfif¬
fig: er nahm die Kleinſte auf die Schenkel und ſchau¬
kelte ſie wie Zeuſels Kutſcher und ſagte der Klu¬
gen ſuͤße Namen uͤber den Kopf hinuͤber, die er
alle mit den Augen der Dummen dedizirte (am
Hofe wird er mit umgekehrtem Scheine dediziren)
Er druͤckte der Kleinſten zweimal zum Spaße die
Spionenaugen zu, bloß um es im Ernſt zum dritten¬
male zu thun, wo er die Dunſin an ſich zog und
ſie mit der rechten Hand in eine Stellung brachte,
daß er ihr — zumal da ſie es litt, weil Maͤdgen der
Liſt ungern abſchlagen, oft aus bloßer Freude, ſie zu
errathen — unter den Hofdienſten gegen die Blinde
den ſchleunigen Kuß hinreichen konnte, fuͤr den er
ſchon ſo viele avant propos und Marſchrouten ver¬
fertigt hatte. Jetzt war er ſatt und heil; haͤtt' er
noch zwei Abende dem Kuß nachſtellen muͤſſen: er
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/277>, abgerufen am 22.11.2024.
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