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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

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heit, welche befürchtete, drinnen auf Kosten der an¬
dern Gäste, des Lords wegen, fetirt zu werden.
Sein eignes Alleinseyn -- vielleicht in einem schmerz¬
lichen Sinn -- mahlte ihm die blöde Appel vor, die
als Heerd-Vestalin erst von zurückgehenden Speisen
den Rückzoll aß, blos um zu versuchen, wie es an¬
dern
geschmeckt. Er konnte den Gedanken dieser
Abtrennung nicht länger erdulden, sondern nahm
Wein und das Beste vom Desert und trug es ihr
in ihr Küchen-Winterquartier hinein. Da er dabei
auf seinem Gesicht statt seiner Munterkeit gegen
Mädgen, von der sie eine zu demüthige Auslegung
hätte machen können, den größten höflichen Ernst aus¬
gespannt hatte: so war er so glücklich, einer von der
Natur selber zusammengedrückten Seele -- die hier
in keinem andern Blumentopf ihre Wurzeln herum¬
treibt als in einem Kochtopf und deren Konzertsaal
in der Küche und deren Sphärenmusik im Braten¬
wender ist -- einen goldnen Abend gegeben zu ha¬
ben und ein gelüftetes Herz und eine frohe lange
Erinnerung. Kein Boshafter werfe einer solchen
guten Schneckenseele seine Faust in den Weg und
lache dazu, wie sie sich hinüberquält -- und der
Aufgerichtete bücke sich gern und hebe sie sanft über
ihre Steingen weg. . . .

Klotilden anlangend, so gings vor dem Essen
recht gut; aber nachher recht schlecht. Ich rede von

heit, welche befuͤrchtete, drinnen auf Koſten der an¬
dern Gaͤſte, des Lords wegen, fetirt zu werden.
Sein eignes Alleinſeyn — vielleicht in einem ſchmerz¬
lichen Sinn — mahlte ihm die bloͤde Appel vor, die
als Heerd-Veſtalin erſt von zuruͤckgehenden Speiſen
den Ruͤckzoll aß, blos um zu verſuchen, wie es an¬
dern
geſchmeckt. Er konnte den Gedanken dieſer
Abtrennung nicht laͤnger erdulden, ſondern nahm
Wein und das Beſte vom Deſert und trug es ihr
in ihr Kuͤchen-Winterquartier hinein. Da er dabei
auf ſeinem Geſicht ſtatt ſeiner Munterkeit gegen
Maͤdgen, von der ſie eine zu demuͤthige Auslegung
haͤtte machen koͤnnen, den groͤßten hoͤflichen Ernſt aus¬
geſpannt hatte: ſo war er ſo gluͤcklich, einer von der
Natur ſelber zuſammengedruͤckten Seele — die hier
in keinem andern Blumentopf ihre Wurzeln herum¬
treibt als in einem Kochtopf und deren Konzertſaal
in der Kuͤche und deren Sphaͤrenmuſik im Braten¬
wender iſt — einen goldnen Abend gegeben zu ha¬
ben und ein geluͤftetes Herz und eine frohe lange
Erinnerung. Kein Boshafter werfe einer ſolchen
guten Schneckenſeele ſeine Fauſt in den Weg und
lache dazu, wie ſie ſich hinuͤberquaͤlt — und der
Aufgerichtete buͤcke ſich gern und hebe ſie ſanft uͤber
ihre Steingen weg. . . .

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recht gut; aber nachher recht ſchlecht. Ich rede von

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[146/0157] heit, welche befuͤrchtete, drinnen auf Koſten der an¬ dern Gaͤſte, des Lords wegen, fetirt zu werden. Sein eignes Alleinſeyn — vielleicht in einem ſchmerz¬ lichen Sinn — mahlte ihm die bloͤde Appel vor, die als Heerd-Veſtalin erſt von zuruͤckgehenden Speiſen den Ruͤckzoll aß, blos um zu verſuchen, wie es an¬ dern geſchmeckt. Er konnte den Gedanken dieſer Abtrennung nicht laͤnger erdulden, ſondern nahm Wein und das Beſte vom Deſert und trug es ihr in ihr Kuͤchen-Winterquartier hinein. Da er dabei auf ſeinem Geſicht ſtatt ſeiner Munterkeit gegen Maͤdgen, von der ſie eine zu demuͤthige Auslegung haͤtte machen koͤnnen, den groͤßten hoͤflichen Ernſt aus¬ geſpannt hatte: ſo war er ſo gluͤcklich, einer von der Natur ſelber zuſammengedruͤckten Seele — die hier in keinem andern Blumentopf ihre Wurzeln herum¬ treibt als in einem Kochtopf und deren Konzertſaal in der Kuͤche und deren Sphaͤrenmuſik im Braten¬ wender iſt — einen goldnen Abend gegeben zu ha¬ ben und ein geluͤftetes Herz und eine frohe lange Erinnerung. Kein Boshafter werfe einer ſolchen guten Schneckenſeele ſeine Fauſt in den Weg und lache dazu, wie ſie ſich hinuͤberquaͤlt — und der Aufgerichtete buͤcke ſich gern und hebe ſie ſanft uͤber ihre Steingen weg. . . . Klotilden anlangend, ſo gings vor dem Eſſen recht gut; aber nachher recht ſchlecht. Ich rede von

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/157>, abgerufen am 24.11.2024.