Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

leiste, -- denn ich leiste sie -- brauch ich wahrlich
Ihnen in solchem Zimmer nicht auszusprechen;
glauben Sie mir!" sagt' er. Sie stürzte aus ei¬
ner von ihr halb angesetzten Umarmung zurück,
drückte die Hand und führte ihn daran heiter in
die Gesellschaft zurück, der sie alles meldete. Der
Reisediener dankte dem Mädchen lange und ver¬
bindlich, kam aber mit einer fein gekleideten Fra¬
ge über des Bürgen Rückbürgschaft zum Vor¬
schein. Sie schrieb hastig eine Bitte an ihren
Vater, den der Diener längst für solid gekannt,
damit er diesen über Walts künftige Reichthümer
belehre und bewähre. Paradisi ging handküssend
damit ab und versprach wieder zu kommen.

Vult bat freundlich den Notar um einen Au¬
genblick auf seinem Zimmer. Auf der Treppe da¬
hin sagte er: "Himmel, Hölle! Rasest du? --
"Oeffne nur hurtig! -- Eile, fleh' ich! -- O Walt,
"was hast du heute gemacht im Schlafzimmer!
"-- Dreh' nicht -- es ist Brod im Schlüssel --
"Klopf ihn aus -- Ist denn der Mensch ewig ein
"Hund, der zu passen hat? -- Was hast du
"darin gemacht! -- Wieder ein Ebenbild

leiſte, — denn ich leiſte ſie — brauch ich wahrlich
Ihnen in ſolchem Zimmer nicht auszuſprechen;
glauben Sie mir!“ ſagt' er. Sie ſtuͤrzte aus ei¬
ner von ihr halb angeſetzten Umarmung zuruͤck,
druͤckte die Hand und fuͤhrte ihn daran heiter in
die Geſellſchaft zuruͤck, der ſie alles meldete. Der
Reiſediener dankte dem Maͤdchen lange und ver¬
bindlich, kam aber mit einer fein gekleideten Fra¬
ge uͤber des Buͤrgen Ruͤckbuͤrgſchaft zum Vor¬
ſchein. Sie ſchrieb haſtig eine Bitte an ihren
Vater, den der Diener laͤngſt fuͤr ſolid gekannt,
damit er dieſen uͤber Walts kuͤnftige Reichthuͤmer
belehre und bewaͤhre. Paradiſi ging handkuͤſſend
damit ab und verſprach wieder zu kommen.

Vult bat freundlich den Notar um einen Au¬
genblick auf ſeinem Zimmer. Auf der Treppe da¬
hin ſagte er: „Himmel, Hoͤlle! Raſeſt du? —
„Oeffne nur hurtig! — Eile, fleh' ich! — O Walt,
„was haſt du heute gemacht im Schlafzimmer!
„— Dreh' nicht — es iſt Brod im Schluͤſſel —
„Klopf ihn aus — Iſt denn der Menſch ewig ein
„Hund, der zu paſſen hat? — Was haſt du
„darin gemacht! — Wieder ein Ebenbild

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0089" n="83"/>
lei&#x017F;te, &#x2014; denn ich lei&#x017F;te &#x017F;ie &#x2014; brauch ich wahrlich<lb/>
Ihnen in &#x017F;olchem Zimmer nicht auszu&#x017F;prechen;<lb/>
glauben Sie mir!&#x201C; &#x017F;agt' er. Sie &#x017F;tu&#x0364;rzte aus ei¬<lb/>
ner von ihr halb ange&#x017F;etzten Umarmung zuru&#x0364;ck,<lb/>
dru&#x0364;ckte die Hand und fu&#x0364;hrte ihn daran heiter in<lb/>
die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft zuru&#x0364;ck, der &#x017F;ie alles meldete. Der<lb/>
Rei&#x017F;ediener dankte dem Ma&#x0364;dchen lange und ver¬<lb/>
bindlich, kam aber mit einer fein gekleideten Fra¬<lb/>
ge u&#x0364;ber des Bu&#x0364;rgen Ru&#x0364;ckbu&#x0364;rg&#x017F;chaft zum Vor¬<lb/>
&#x017F;chein. Sie &#x017F;chrieb ha&#x017F;tig eine Bitte an ihren<lb/>
Vater, den der Diener la&#x0364;ng&#x017F;t fu&#x0364;r &#x017F;olid gekannt,<lb/>
damit er die&#x017F;en u&#x0364;ber Walts ku&#x0364;nftige Reichthu&#x0364;mer<lb/>
belehre und bewa&#x0364;hre. Paradi&#x017F;i ging handku&#x0364;&#x017F;&#x017F;end<lb/>
damit ab und ver&#x017F;prach wieder zu kommen.</p><lb/>
        <p>Vult bat freundlich den Notar um einen Au¬<lb/>
genblick auf &#x017F;einem Zimmer. Auf der Treppe da¬<lb/>
hin &#x017F;agte er: &#x201E;Himmel, Ho&#x0364;lle! Ra&#x017F;e&#x017F;t du? &#x2014;<lb/>
&#x201E;Oeffne nur hurtig! &#x2014; Eile, fleh' ich! &#x2014; O Walt,<lb/>
&#x201E;was ha&#x017F;t du heute gemacht im Schlafzimmer!<lb/>
&#x201E;&#x2014; Dreh' nicht &#x2014; es i&#x017F;t Brod im Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el &#x2014;<lb/>
&#x201E;Klopf ihn aus &#x2014; I&#x017F;t denn der Men&#x017F;ch ewig ein<lb/>
&#x201E;Hund, der zu pa&#x017F;&#x017F;en hat? &#x2014; Was ha&#x017F;t du<lb/>
&#x201E;darin gemacht! &#x2014; Wieder ein Ebenbild<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0089] leiſte, — denn ich leiſte ſie — brauch ich wahrlich Ihnen in ſolchem Zimmer nicht auszuſprechen; glauben Sie mir!“ ſagt' er. Sie ſtuͤrzte aus ei¬ ner von ihr halb angeſetzten Umarmung zuruͤck, druͤckte die Hand und fuͤhrte ihn daran heiter in die Geſellſchaft zuruͤck, der ſie alles meldete. Der Reiſediener dankte dem Maͤdchen lange und ver¬ bindlich, kam aber mit einer fein gekleideten Fra¬ ge uͤber des Buͤrgen Ruͤckbuͤrgſchaft zum Vor¬ ſchein. Sie ſchrieb haſtig eine Bitte an ihren Vater, den der Diener laͤngſt fuͤr ſolid gekannt, damit er dieſen uͤber Walts kuͤnftige Reichthuͤmer belehre und bewaͤhre. Paradiſi ging handkuͤſſend damit ab und verſprach wieder zu kommen. Vult bat freundlich den Notar um einen Au¬ genblick auf ſeinem Zimmer. Auf der Treppe da¬ hin ſagte er: „Himmel, Hoͤlle! Raſeſt du? — „Oeffne nur hurtig! — Eile, fleh' ich! — O Walt, „was haſt du heute gemacht im Schlafzimmer! „— Dreh' nicht — es iſt Brod im Schluͤſſel — „Klopf ihn aus — Iſt denn der Menſch ewig ein „Hund, der zu paſſen hat? — Was haſt du „darin gemacht! — Wieder ein Ebenbild

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/89
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/89>, abgerufen am 01.05.2024.