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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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und rother Fenstervorhänge, voll Amor und Psy¬
chen, und vergoldeter Standuhren mit herüber
gelegten Genien, -- weiß ich nur was."

"Ihre Bürgschaft für H. Flitter., (fing sie
an) sonst muß er heute noch ins Gefängniß; --
hier in Haßlau, ich betheure Ihnen, borgt und
bürgt für ihn kein Mensch, selber mein lieber Va¬
ter nicht. -- O wäre meine Wina da; -- oder
hätt' ich mein Nadelgeld noch. . . . --

Sie schlug ihren weissen Bettvorhang auf die
Seite und wieß ihn oben auf die kurze Furche des
blendenden Deckbettes mit den Worten: "da
liegt er stets am Morgen, der holdselige Wurm,
den ich ernähre, ein Soldatenkind -- aber ich
bürg' Ihnen für alles." -- "H. Notarius Har¬
nisch, rief Vult aus dem Malerzimmer, Sie
sind hier nöthig!" --

"Ich bin in der That selig (sagte Walt und
faltete die gehobnen Hände) -- Auch jene theuren
Spielwaaren dort auf dem Tisch, schafften Sie
für Kinder an?" -- "Ach ich wollte lieber, ich
hätte das Geld noch," sagte Raphaela. -- "Mit
welcher Gesinnung ich H. Paradisi'n Bürgschaft

und rother Fenſtervorhaͤnge, voll Amor und Pſy¬
chen, und vergoldeter Standuhren mit heruͤber
gelegten Genien, — weiß ich nur was.“

„Ihre Buͤrgſchaft fuͤr H. Flitter., (fing ſie
an) ſonſt muß er heute noch ins Gefaͤngniß; —
hier in Haßlau, ich betheure Ihnen, borgt und
buͤrgt fuͤr ihn kein Menſch, ſelber mein lieber Va¬
ter nicht. — O waͤre meine Wina da; — oder
haͤtt' ich mein Nadelgeld noch. . . . —

Sie ſchlug ihren weiſſen Bettvorhang auf die
Seite und wieß ihn oben auf die kurze Furche des
blendenden Deckbettes mit den Worten: „da
liegt er ſtets am Morgen, der holdſelige Wurm,
den ich ernaͤhre, ein Soldatenkind — aber ich
buͤrg' Ihnen fuͤr alles.“ — „H. Notarius Har¬
niſch, rief Vult aus dem Malerzimmer, Sie
ſind hier noͤthig!“ —

„Ich bin in der That ſelig (ſagte Walt und
faltete die gehobnen Haͤnde) — Auch jene theuren
Spielwaaren dort auf dem Tiſch, ſchafften Sie
fuͤr Kinder an?“ — „Ach ich wollte lieber, ich
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[82/0088] und rother Fenſtervorhaͤnge, voll Amor und Pſy¬ chen, und vergoldeter Standuhren mit heruͤber gelegten Genien, — weiß ich nur was.“ „Ihre Buͤrgſchaft fuͤr H. Flitter., (fing ſie an) ſonſt muß er heute noch ins Gefaͤngniß; — hier in Haßlau, ich betheure Ihnen, borgt und buͤrgt fuͤr ihn kein Menſch, ſelber mein lieber Va¬ ter nicht. — O waͤre meine Wina da; — oder haͤtt' ich mein Nadelgeld noch. . . . — Sie ſchlug ihren weiſſen Bettvorhang auf die Seite und wieß ihn oben auf die kurze Furche des blendenden Deckbettes mit den Worten: „da liegt er ſtets am Morgen, der holdſelige Wurm, den ich ernaͤhre, ein Soldatenkind — aber ich buͤrg' Ihnen fuͤr alles.“ — „H. Notarius Har¬ niſch, rief Vult aus dem Malerzimmer, Sie ſind hier noͤthig!“ — „Ich bin in der That ſelig (ſagte Walt und faltete die gehobnen Haͤnde) — Auch jene theuren Spielwaaren dort auf dem Tiſch, ſchafften Sie fuͤr Kinder an?“ — „Ach ich wollte lieber, ich haͤtte das Geld noch,“ ſagte Raphaela. — „Mit welcher Geſinnung ich H. Paradiſi'n Buͤrgſchaft

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/88>, abgerufen am 01.05.2024.