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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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Dadurch genoß er im Garten einen ganz an¬
dern schon beerdigten; als Feuerwerk hing das
phantastische Nachbild über dem liegenden Vorbild.
Glücklicher Weise that ihm Flitte -- der in jeder
Gesellschaft stets eine neue suchte -- den Gefallen,
daß er mit dem Garten-Restaurateur in ein Ge¬
spräch gerieth und ihn dadurch mit der köstlichen
Einsamkeit zu einigen träumerischen Streifzügen
beschenkte. Wie freudig that er diese! Er sah al¬
les und dabei an -- die grünen Schatten, von
Sonnen-Funken durchregnet -- die fernen Seen,
einige wie dunkle Augenlieder des Parks, einige
wie lichte Augen -- die Barken auf Wassern --
die Brücken über beide -- die weissen hohen Tem¬
pel-Staffeln auf Höhen -- die fernen aber hell¬
herglänzenden Pavillons -- und hoch über allen
die Berge und Strassen drausen, die kühn in den
blauen Himmel hinauf flogen -- Sein Vormittag
hatte sich stündlich geläutert, aus reinem Wasser
zur Zephyr-Luft, diese oben zu Aether, worin
nichts mehr war und flog als Welten und Licht. Den
Bruder hätt' er gern hergewünscht -- Wina's Blick
unter dem Wasserfall sah er am hellen Tage. Er

Dadurch genoß er im Garten einen ganz an¬
dern ſchon beerdigten; als Feuerwerk hing das
phantaſtiſche Nachbild uͤber dem liegenden Vorbild.
Gluͤcklicher Weiſe that ihm Flitte — der in jeder
Geſellſchaft ſtets eine neue ſuchte — den Gefallen,
daß er mit dem Garten-Reſtaurateur in ein Ge¬
ſpraͤch gerieth und ihn dadurch mit der koͤſtlichen
Einſamkeit zu einigen traͤumeriſchen Streifzuͤgen
beſchenkte. Wie freudig that er dieſe! Er ſah al¬
les und dabei an — die gruͤnen Schatten, von
Sonnen-Funken durchregnet — die fernen Seen,
einige wie dunkle Augenlieder des Parks, einige
wie lichte Augen — die Barken auf Waſſern —
die Bruͤcken uͤber beide — die weiſſen hohen Tem¬
pel-Staffeln auf Hoͤhen — die fernen aber hell¬
herglaͤnzenden Pavillons — und hoch uͤber allen
die Berge und Straſſen drauſen, die kuͤhn in den
blauen Himmel hinauf flogen — Sein Vormittag
hatte ſich ſtuͤndlich gelaͤutert, aus reinem Waſſer
zur Zephyr-Luft, dieſe oben zu Aether, worin
nichts mehr war und flog als Welten und Licht. Den
Bruder haͤtt' er gern hergewuͤnſcht — Wina's Blick
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[45/0051] Dadurch genoß er im Garten einen ganz an¬ dern ſchon beerdigten; als Feuerwerk hing das phantaſtiſche Nachbild uͤber dem liegenden Vorbild. Gluͤcklicher Weiſe that ihm Flitte — der in jeder Geſellſchaft ſtets eine neue ſuchte — den Gefallen, daß er mit dem Garten-Reſtaurateur in ein Ge¬ ſpraͤch gerieth und ihn dadurch mit der koͤſtlichen Einſamkeit zu einigen traͤumeriſchen Streifzuͤgen beſchenkte. Wie freudig that er dieſe! Er ſah al¬ les und dabei an — die gruͤnen Schatten, von Sonnen-Funken durchregnet — die fernen Seen, einige wie dunkle Augenlieder des Parks, einige wie lichte Augen — die Barken auf Waſſern — die Bruͤcken uͤber beide — die weiſſen hohen Tem¬ pel-Staffeln auf Hoͤhen — die fernen aber hell¬ herglaͤnzenden Pavillons — und hoch uͤber allen die Berge und Straſſen drauſen, die kuͤhn in den blauen Himmel hinauf flogen — Sein Vormittag hatte ſich ſtuͤndlich gelaͤutert, aus reinem Waſſer zur Zephyr-Luft, dieſe oben zu Aether, worin nichts mehr war und flog als Welten und Licht. Den Bruder haͤtt' er gern hergewuͤnſcht — Wina's Blick unter dem Waſſerfall ſah er am hellen Tage. Er

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/51>, abgerufen am 01.05.2024.