galanten liberalen, Länder, Weiber, Höfe besie¬ genden Ludwigs XIV. nachgeblieben, daß ihm dessen Jugend mit ihren Festen und Himmeln, wie eine eigene Vorjugend, schön als sanftes Feuer¬ werk in den Lüften vorschwebte, und wie der freie frische Morgen eines im Neglige spazierenden Hofs -- so daß ihn jeder Springbrunnen nach Marly warf, jede geschniegelte Allee nach Versailles, und hohe Fantanger Kupferstiche an Schränken-Wän¬ den ins damalige Königs-Schloß, ja sogar die ausgeschnittenen aufgepappten Bildchen auf sei¬ nem Schreibtische flogen mit ihm in jene lustige Hof-, wenn auch nicht lustige Völkerzeit. -- "Ist "nicht das Leben der Hofleute -- hat er sich mehr¬ "mals gesagt -- fortgehende Poesie, (wenn an¬ "ders die französischen Memoires nicht lügen,) oh¬ "ne pressende Nahrungs-Qualen und in geflü¬ "gelten Verhältnissen, und die Hofmänner können "sich an jedem Musik-Abend verlieben und dann "am Garten-Morgen mit den herrlichsten Ge¬ "liebten spazieren gehen? O wie ihnen die Göt¬ "tinnen blühen müssen im frischen schminkenden "Morgenroth!"
galanten liberalen, Laͤnder, Weiber, Hoͤfe beſie¬ genden Ludwigs XIV. nachgeblieben, daß ihm deſſen Jugend mit ihren Feſten und Himmeln, wie eine eigene Vorjugend, ſchoͤn als ſanftes Feuer¬ werk in den Luͤften vorſchwebte, und wie der freie friſche Morgen eines im Negligé ſpazierenden Hofs — ſo daß ihn jeder Springbrunnen nach Marly warf, jede geſchniegelte Allee nach Verſailles, und hohe Fantanger Kupferſtiche an Schraͤnken-Waͤn¬ den ins damalige Koͤnigs-Schloß, ja ſogar die ausgeſchnittenen aufgepappten Bildchen auf ſei¬ nem Schreibtiſche flogen mit ihm in jene luſtige Hof-, wenn auch nicht luſtige Voͤlkerzeit. — „Iſt „nicht das Leben der Hofleute — hat er ſich mehr¬ „mals geſagt — fortgehende Poeſie, (wenn an¬ „ders die franzoͤſiſchen Mémoires nicht luͤgen,) oh¬ „ne preſſende Nahrungs-Qualen und in gefluͤ¬ „gelten Verhaͤltniſſen, und die Hofmaͤnner koͤnnen „ſich an jedem Muſik-Abend verlieben und dann „am Garten-Morgen mit den herrlichſten Ge¬ „liebten ſpazieren gehen? O wie ihnen die Goͤt¬ „tinnen bluͤhen muͤſſen im friſchen ſchminkenden „Morgenroth!“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0050"n="44"/>
galanten liberalen, Laͤnder, Weiber, Hoͤfe beſie¬<lb/>
genden Ludwigs <hirendition="#aq">XIV</hi>. nachgeblieben, daß ihm<lb/>
deſſen Jugend mit ihren Feſten und Himmeln, wie<lb/>
eine eigene Vorjugend, ſchoͤn als ſanftes Feuer¬<lb/>
werk in den Luͤften vorſchwebte, und wie der freie<lb/>
friſche Morgen eines im Neglig<hirendition="#aq">é</hi>ſpazierenden Hofs<lb/>—ſo daß ihn jeder Springbrunnen nach Marly<lb/>
warf, jede geſchniegelte Allee nach Verſailles, und<lb/>
hohe Fantanger Kupferſtiche an Schraͤnken-Waͤn¬<lb/>
den ins damalige Koͤnigs-Schloß, ja ſogar die<lb/>
ausgeſchnittenen aufgepappten Bildchen auf ſei¬<lb/>
nem Schreibtiſche flogen mit ihm in jene luſtige<lb/>
Hof-, wenn auch nicht luſtige Voͤlkerzeit. —„Iſt<lb/>„nicht das Leben der Hofleute — hat er ſich mehr¬<lb/>„mals geſagt — fortgehende Poeſie, (wenn an¬<lb/>„ders die franzoͤſiſchen <hirendition="#aq">Mémoires</hi> nicht luͤgen,) oh¬<lb/>„ne preſſende Nahrungs-Qualen und in gefluͤ¬<lb/>„gelten Verhaͤltniſſen, und die Hofmaͤnner koͤnnen<lb/>„ſich an jedem Muſik-Abend verlieben und dann<lb/>„am Garten-Morgen mit den herrlichſten Ge¬<lb/>„liebten ſpazieren gehen? O wie ihnen die Goͤt¬<lb/>„tinnen bluͤhen muͤſſen im friſchen ſchminkenden<lb/>„Morgenroth!“</p><lb/></div></body></text></TEI>
[44/0050]
galanten liberalen, Laͤnder, Weiber, Hoͤfe beſie¬
genden Ludwigs XIV. nachgeblieben, daß ihm
deſſen Jugend mit ihren Feſten und Himmeln, wie
eine eigene Vorjugend, ſchoͤn als ſanftes Feuer¬
werk in den Luͤften vorſchwebte, und wie der freie
friſche Morgen eines im Negligé ſpazierenden Hofs
— ſo daß ihn jeder Springbrunnen nach Marly
warf, jede geſchniegelte Allee nach Verſailles, und
hohe Fantanger Kupferſtiche an Schraͤnken-Waͤn¬
den ins damalige Koͤnigs-Schloß, ja ſogar die
ausgeſchnittenen aufgepappten Bildchen auf ſei¬
nem Schreibtiſche flogen mit ihm in jene luſtige
Hof-, wenn auch nicht luſtige Voͤlkerzeit. — „Iſt
„nicht das Leben der Hofleute — hat er ſich mehr¬
„mals geſagt — fortgehende Poeſie, (wenn an¬
„ders die franzoͤſiſchen Mémoires nicht luͤgen,) oh¬
„ne preſſende Nahrungs-Qualen und in gefluͤ¬
„gelten Verhaͤltniſſen, und die Hofmaͤnner koͤnnen
„ſich an jedem Muſik-Abend verlieben und dann
„am Garten-Morgen mit den herrlichſten Ge¬
„liebten ſpazieren gehen? O wie ihnen die Goͤt¬
„tinnen bluͤhen muͤſſen im friſchen ſchminkenden
„Morgenroth!“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/50>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.