war selig ohne recht zu wissen wie oder warum. Seine Fackel brannte mit gerader Spitze auf in der sonst wehenden Welt und kein Lüftchen bog sie um. Nicht einmal einen Streckvers macht' er, aus Flucht des Sylbenzwangs, es war ihm, als würd' er selber gedichtet, und er fügte sich leicht in den Rhythmus eines fremden entzückten Dichters.
In diesem innern Wolklang stand er, vor ei¬ nem sonderbaren Garten im Garten und zog fast nur Spiels-Weise an einem Glöckchen ein wenig. Er hatte kaum einigemale geläutet: so kam ein reich besetzter schwerer Hofdiener ohne Hut herbei¬ gerudert, um einigen von der fürstlichen Familie die Thüre aufzureissen, weil das Glöckchen den Zweck einer Bedientenglocke hatte. Als aber der vornehme Mensch nichts an der Thüre fand als den sanften Notar: so filzte er den erstaunten Glöckner in einer der längsten Reden, die er je ge¬ halten, aus, als hätte Walt die Sturm- und Türkenglocke ohne Noth gezogen.
Diesem war indeß sein Inneres so leicht und fest gewölbt, daß das Aeussere schwer eindringen konnte, nicht mit einem Tropfen in sein leichtes
war ſelig ohne recht zu wiſſen wie oder warum. Seine Fackel brannte mit gerader Spitze auf in der ſonſt wehenden Welt und kein Luͤftchen bog ſie um. Nicht einmal einen Streckvers macht' er, aus Flucht des Sylbenzwangs, es war ihm, als wuͤrd' er ſelber gedichtet, und er fuͤgte ſich leicht in den Rhythmus eines fremden entzuͤckten Dichters.
In dieſem innern Wolklang ſtand er, vor ei¬ nem ſonderbaren Garten im Garten und zog faſt nur Spiels-Weiſe an einem Gloͤckchen ein wenig. Er hatte kaum einigemale gelaͤutet: ſo kam ein reich beſetzter ſchwerer Hofdiener ohne Hut herbei¬ gerudert, um einigen von der fuͤrſtlichen Familie die Thuͤre aufzureiſſen, weil das Gloͤckchen den Zweck einer Bedientenglocke hatte. Als aber der vornehme Menſch nichts an der Thuͤre fand als den ſanften Notar: ſo filzte er den erſtaunten Gloͤckner in einer der laͤngſten Reden, die er je ge¬ halten, aus, als haͤtte Walt die Sturm- und Tuͤrkenglocke ohne Noth gezogen.
Dieſem war indeß ſein Inneres ſo leicht und feſt gewoͤlbt, daß das Aeuſſere ſchwer eindringen konnte, nicht mit einem Tropfen in ſein leichtes
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0052"n="46"/>
war ſelig ohne recht zu wiſſen wie oder warum.<lb/>
Seine Fackel brannte mit gerader Spitze auf in der<lb/>ſonſt wehenden Welt und kein Luͤftchen bog ſie um.<lb/>
Nicht einmal einen Streckvers macht' er, aus<lb/>
Flucht des Sylbenzwangs, es war ihm, als wuͤrd'<lb/>
er ſelber gedichtet, und er fuͤgte ſich leicht in den<lb/>
Rhythmus eines fremden entzuͤckten Dichters.</p><lb/><p>In dieſem innern Wolklang ſtand er, vor ei¬<lb/>
nem ſonderbaren Garten im Garten und zog faſt<lb/>
nur Spiels-Weiſe an einem Gloͤckchen ein wenig.<lb/>
Er hatte kaum einigemale gelaͤutet: ſo kam ein<lb/>
reich beſetzter ſchwerer Hofdiener ohne Hut herbei¬<lb/>
gerudert, um einigen von der fuͤrſtlichen Familie<lb/>
die Thuͤre aufzureiſſen, weil das Gloͤckchen den<lb/>
Zweck einer Bedientenglocke hatte. Als aber der<lb/>
vornehme Menſch nichts an der Thuͤre fand als<lb/>
den ſanften Notar: ſo filzte er den erſtaunten<lb/>
Gloͤckner in einer der laͤngſten Reden, die er je ge¬<lb/>
halten, aus, als haͤtte Walt die Sturm- und<lb/>
Tuͤrkenglocke ohne Noth gezogen.</p><lb/><p>Dieſem war indeß ſein Inneres ſo leicht und<lb/>
feſt gewoͤlbt, daß das Aeuſſere ſchwer eindringen<lb/>
konnte, nicht mit einem Tropfen in ſein leichtes<lb/></p></div></body></text></TEI>
[46/0052]
war ſelig ohne recht zu wiſſen wie oder warum.
Seine Fackel brannte mit gerader Spitze auf in der
ſonſt wehenden Welt und kein Luͤftchen bog ſie um.
Nicht einmal einen Streckvers macht' er, aus
Flucht des Sylbenzwangs, es war ihm, als wuͤrd'
er ſelber gedichtet, und er fuͤgte ſich leicht in den
Rhythmus eines fremden entzuͤckten Dichters.
In dieſem innern Wolklang ſtand er, vor ei¬
nem ſonderbaren Garten im Garten und zog faſt
nur Spiels-Weiſe an einem Gloͤckchen ein wenig.
Er hatte kaum einigemale gelaͤutet: ſo kam ein
reich beſetzter ſchwerer Hofdiener ohne Hut herbei¬
gerudert, um einigen von der fuͤrſtlichen Familie
die Thuͤre aufzureiſſen, weil das Gloͤckchen den
Zweck einer Bedientenglocke hatte. Als aber der
vornehme Menſch nichts an der Thuͤre fand als
den ſanften Notar: ſo filzte er den erſtaunten
Gloͤckner in einer der laͤngſten Reden, die er je ge¬
halten, aus, als haͤtte Walt die Sturm- und
Tuͤrkenglocke ohne Noth gezogen.
Dieſem war indeß ſein Inneres ſo leicht und
feſt gewoͤlbt, daß das Aeuſſere ſchwer eindringen
konnte, nicht mit einem Tropfen in ſein leichtes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/52>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.