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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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Spielraum zu Fehlern aufthäte, geschweige --
Wahrlich, an und für sich oder für mich, lieber
Herr Flitte -- aber . . ." -- -- "Sacre --! wovon
"reden wir denn eigentlich? -- Wird denn ein
"Mensch auf der Erde prätendiren, daß man
"zum langnasigen Bürgermeister läuft und ihm
"es vorsingt, wie man lustig gewesen ist?" --
Walt faßte schnell die Hand und sagte: ich ver¬
traue; und Flitte umarmte ihn.

Sie frühstückten unter freudigen Gesprächen.
Die langen Fenster und Spiegel füllten das ge¬
glättete Zimmer mit Glanz; ein kühler blauer
Himmel lachte hinein. Der Notar verspürte sich
in vornehmer Behaglichkeit; das Glücksrad drehte
ihn, nicht er das Rad, und er brauchte es nicht
wie ein Wagenrad erst roth zu malen. Flitte las
ihm zwei für den Reichs-Anzeiger in wenigen Ta¬
gen ausgearbeitete Inserate vor; -- im ersten fo¬
derte er einen Generalkriegszahlmeister H. v. N. N.
in B. auf, ihm die Summa von 960 Albustha¬
lern für Wein innerhalb 6 Monaten zu bezahlen,
wenn er nicht gewärtig sein wolle, daß er ihn öf¬
fentlich an den Pranger in dem R. Anzeiger stellte.

Spielraum zu Fehlern aufthaͤte, geſchweige —
Wahrlich, an und fuͤr ſich oder fuͤr mich, lieber
Herr Flitte — aber . . .“ — — „Sacre —! wovon
„reden wir denn eigentlich? — Wird denn ein
„Menſch auf der Erde praͤtendiren, daß man
„zum langnaſigen Buͤrgermeiſter laͤuft und ihm
„es vorſingt, wie man luſtig geweſen iſt?“ —
Walt faßte ſchnell die Hand und ſagte: ich ver¬
traue; und Flitte umarmte ihn.

Sie fruͤhſtuͤckten unter freudigen Geſpraͤchen.
Die langen Fenſter und Spiegel fuͤllten das ge¬
glaͤttete Zimmer mit Glanz; ein kuͤhler blauer
Himmel lachte hinein. Der Notar verſpuͤrte ſich
in vornehmer Behaglichkeit; das Gluͤcksrad drehte
ihn, nicht er das Rad, und er brauchte es nicht
wie ein Wagenrad erſt roth zu malen. Flitte las
ihm zwei fuͤr den Reichs-Anzeiger in wenigen Ta¬
gen ausgearbeitete Inſerate vor; — im erſten fo¬
derte er einen Generalkriegszahlmeiſter H. v. N. N.
in B. auf, ihm die Summa von 960 Albustha¬
lern fuͤr Wein innerhalb 6 Monaten zu bezahlen,
wenn er nicht gewaͤrtig ſein wolle, daß er ihn oͤf¬
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[30/0036] Spielraum zu Fehlern aufthaͤte, geſchweige — Wahrlich, an und fuͤr ſich oder fuͤr mich, lieber Herr Flitte — aber . . .“ — — „Sacre —! wovon „reden wir denn eigentlich? — Wird denn ein „Menſch auf der Erde praͤtendiren, daß man „zum langnaſigen Buͤrgermeiſter laͤuft und ihm „es vorſingt, wie man luſtig geweſen iſt?“ — Walt faßte ſchnell die Hand und ſagte: ich ver¬ traue; und Flitte umarmte ihn. Sie fruͤhſtuͤckten unter freudigen Geſpraͤchen. Die langen Fenſter und Spiegel fuͤllten das ge¬ glaͤttete Zimmer mit Glanz; ein kuͤhler blauer Himmel lachte hinein. Der Notar verſpuͤrte ſich in vornehmer Behaglichkeit; das Gluͤcksrad drehte ihn, nicht er das Rad, und er brauchte es nicht wie ein Wagenrad erſt roth zu malen. Flitte las ihm zwei fuͤr den Reichs-Anzeiger in wenigen Ta¬ gen ausgearbeitete Inſerate vor; — im erſten fo¬ derte er einen Generalkriegszahlmeiſter H. v. N. N. in B. auf, ihm die Summa von 960 Albustha¬ lern fuͤr Wein innerhalb 6 Monaten zu bezahlen, wenn er nicht gewaͤrtig ſein wolle, daß er ihn oͤf¬ fentlich an den Pranger in dem R. Anzeiger ſtellte.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/36>, abgerufen am 29.03.2024.