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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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solchen Schnurpfeifereien den Leuten vom Halse zu
bleiben."

Alle mögliche Sünden im neuen Amte hätt' er
lieber getragen, als dieses harte Thürzuschlagen
vor demselben. -- Jemanden nun ferner Ordens¬
ketten durch geschenktes Vorkaufsrecht der Wohn¬
probewoche überhängen zu wollen, fiel ihm nicht
mehr ein: sondern wo ein armer, aber guter Teu¬
fel, mit welchem sich mehr Thränen- als Him¬
melsbrod, z. B. ein elendes Wohnloch, theilen
liesse, anzutreffen und zu beglücken wäre, darnach
ging sein Sehnen, nicht sein Fragen; denn besagter
Teufel war längst da, Flitte aus Elsaß. Walt
ging auf den Nikolai-Thurm und trug, aber furcht¬
sam, Flitten den Vorzug an, daß er bei ihm die
erste Probewoche halten wolle. Der Elsaßer um¬
halste ihn erfreuet; und versicherte, er ziehe diesen
Tag noch vom Thurm herab, weil er ganz herge¬
stellt sei und der frischen Thurmluft weniger bedürfe.
"Ich miethe für uns ein Paar kostbare garnierte
Zimmer beim Caffetier Fraisse; pardieu wir
wollen leben comme il faut," sagt' er. Walt
wurde zu selig. In einer halben Stunde hatte

ſolchen Schnurpfeifereien den Leuten vom Halſe zu
bleiben.“

Alle moͤgliche Suͤnden im neuen Amte haͤtt' er
lieber getragen, als dieſes harte Thuͤrzuſchlagen
vor demſelben. — Jemanden nun ferner Ordens¬
ketten durch geſchenktes Vorkaufsrecht der Wohn¬
probewoche uͤberhaͤngen zu wollen, fiel ihm nicht
mehr ein: ſondern wo ein armer, aber guter Teu¬
fel, mit welchem ſich mehr Thraͤnen- als Him¬
melsbrod, z. B. ein elendes Wohnloch, theilen
lieſſe, anzutreffen und zu begluͤcken waͤre, darnach
ging ſein Sehnen, nicht ſein Fragen; denn beſagter
Teufel war laͤngſt da, Flitte aus Elſaß. Walt
ging auf den Nikolai-Thurm und trug, aber furcht¬
ſam, Flitten den Vorzug an, daß er bei ihm die
erſte Probewoche halten wolle. Der Elſaßer um¬
halſte ihn erfreuet; und verſicherte, er ziehe dieſen
Tag noch vom Thurm herab, weil er ganz herge¬
ſtellt ſei und der friſchen Thurmluft weniger beduͤrfe.
„Ich miethe fuͤr uns ein Paar koſtbare garnierte
Zimmer beim Caffetier Fraisse; pardieu wir
wollen leben comme il faut,“ ſagt' er. Walt
wurde zu ſelig. In einer halben Stunde hatte

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[26/0032] ſolchen Schnurpfeifereien den Leuten vom Halſe zu bleiben.“ Alle moͤgliche Suͤnden im neuen Amte haͤtt' er lieber getragen, als dieſes harte Thuͤrzuſchlagen vor demſelben. — Jemanden nun ferner Ordens¬ ketten durch geſchenktes Vorkaufsrecht der Wohn¬ probewoche uͤberhaͤngen zu wollen, fiel ihm nicht mehr ein: ſondern wo ein armer, aber guter Teu¬ fel, mit welchem ſich mehr Thraͤnen- als Him¬ melsbrod, z. B. ein elendes Wohnloch, theilen lieſſe, anzutreffen und zu begluͤcken waͤre, darnach ging ſein Sehnen, nicht ſein Fragen; denn beſagter Teufel war laͤngſt da, Flitte aus Elſaß. Walt ging auf den Nikolai-Thurm und trug, aber furcht¬ ſam, Flitten den Vorzug an, daß er bei ihm die erſte Probewoche halten wolle. Der Elſaßer um¬ halſte ihn erfreuet; und verſicherte, er ziehe dieſen Tag noch vom Thurm herab, weil er ganz herge¬ ſtellt ſei und der friſchen Thurmluft weniger beduͤrfe. „Ich miethe fuͤr uns ein Paar koſtbare garnierte Zimmer beim Caffetier Fraisse; pardieu wir wollen leben comme il faut,“ ſagt' er. Walt wurde zu ſelig. In einer halben Stunde hatte

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/32>, abgerufen am 24.04.2024.