Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

Erben anstellen, welchem die erste Ehre davon zu¬
zuwenden sei. Er erlas sich zum wöchentlichen
Wohnen den, bei welchem er bisher gewohnt, H.
Neupeter. "Auch begehrts die Zarte" sagt' er.


Nro. 52. Ausgestopfter Fliegenschnäpper.

Vornehmes Leben.

Nachdem er am Morgen die feinste Anrede an
den Hofagenten ganz in den Kopf gebracht hatte,
woraus sie ohnehin noch nicht gekommen war: trat
er vor Neupeter, der ihn in der Schreibstube neben
einem brennenden Lichte, mit dem Petschaft am
nassen Maul und mit der Nachricht empfing, es
sei Posttag. Während der Kaufmann fortsiegelte,
hielt er hinter dessen Rücken leicht seine Rede voll
Zärte, bis dieser, da er ausgesiegelt hatte, das
Licht ausputzte und fragte: was giebts? Zerfahren
war dem Notar der ganze Sermon.

Kein Mensch kann dieselbe Rede zweimal nach
einander halten; in der Eile mußte er nur darauf
denken, aus dem Gesagten einen dünnen Bleiextrakt
zu liefern. Der Hofagent ersuchte ihn aber, "mit

Erben anſtellen, welchem die erſte Ehre davon zu¬
zuwenden ſei. Er erlas ſich zum woͤchentlichen
Wohnen den, bei welchem er bisher gewohnt, H.
Neupeter. „Auch begehrts die Zarte” ſagt' er.


Nro. 52. Ausgeſtopfter Fliegenſchnaͤpper.

Vornehmes Leben.

Nachdem er am Morgen die feinſte Anrede an
den Hofagenten ganz in den Kopf gebracht hatte,
woraus ſie ohnehin noch nicht gekommen war: trat
er vor Neupeter, der ihn in der Schreibſtube neben
einem brennenden Lichte, mit dem Petſchaft am
naſſen Maul und mit der Nachricht empfing, es
ſei Poſttag. Waͤhrend der Kaufmann fortſiegelte,
hielt er hinter deſſen Ruͤcken leicht ſeine Rede voll
Zaͤrte, bis dieſer, da er ausgeſiegelt hatte, das
Licht ausputzte und fragte: was giebts? Zerfahren
war dem Notar der ganze Sermon.

Kein Menſch kann dieſelbe Rede zweimal nach
einander halten; in der Eile mußte er nur darauf
denken, aus dem Geſagten einen duͤnnen Bleiextrakt
zu liefern. Der Hofagent erſuchte ihn aber, „mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0031" n="25"/>
Erben an&#x017F;tellen, welchem die er&#x017F;te Ehre davon zu¬<lb/>
zuwenden &#x017F;ei. Er erlas &#x017F;ich zum wo&#x0364;chentlichen<lb/>
Wohnen den, bei welchem er bisher gewohnt, H.<lb/>
Neupeter. &#x201E;Auch begehrts die Zarte&#x201D; &#x017F;agt' er.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#aq #b">N</hi> <hi rendition="#aq #b #sup">ro</hi> <hi rendition="#b">. 52. Ausge&#x017F;topfter Fliegen&#x017F;chna&#x0364;pper.</hi><lb/>
        </head>
        <argument>
          <p rendition="#c"><hi rendition="#g">Vornehmes Leben</hi>.</p>
        </argument><lb/>
        <p>Nachdem er am Morgen die fein&#x017F;te Anrede an<lb/>
den Hofagenten ganz in den Kopf gebracht hatte,<lb/>
woraus &#x017F;ie ohnehin noch nicht gekommen war: trat<lb/>
er vor Neupeter, der ihn in der Schreib&#x017F;tube neben<lb/>
einem brennenden Lichte, mit dem Pet&#x017F;chaft am<lb/>
na&#x017F;&#x017F;en Maul und mit der Nachricht empfing, es<lb/>
&#x017F;ei Po&#x017F;ttag. Wa&#x0364;hrend der Kaufmann fort&#x017F;iegelte,<lb/>
hielt er hinter de&#x017F;&#x017F;en Ru&#x0364;cken leicht &#x017F;eine Rede voll<lb/>
Za&#x0364;rte, bis die&#x017F;er, da er ausge&#x017F;iegelt hatte, das<lb/>
Licht ausputzte und fragte: was giebts? Zerfahren<lb/>
war dem Notar der ganze Sermon.</p><lb/>
        <p>Kein Men&#x017F;ch kann die&#x017F;elbe Rede zweimal nach<lb/>
einander halten; in der Eile mußte er nur darauf<lb/>
denken, aus dem Ge&#x017F;agten einen du&#x0364;nnen Bleiextrakt<lb/>
zu liefern. Der Hofagent er&#x017F;uchte ihn aber, &#x201E;mit<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0031] Erben anſtellen, welchem die erſte Ehre davon zu¬ zuwenden ſei. Er erlas ſich zum woͤchentlichen Wohnen den, bei welchem er bisher gewohnt, H. Neupeter. „Auch begehrts die Zarte” ſagt' er. Nro. 52. Ausgeſtopfter Fliegenſchnaͤpper. Vornehmes Leben. Nachdem er am Morgen die feinſte Anrede an den Hofagenten ganz in den Kopf gebracht hatte, woraus ſie ohnehin noch nicht gekommen war: trat er vor Neupeter, der ihn in der Schreibſtube neben einem brennenden Lichte, mit dem Petſchaft am naſſen Maul und mit der Nachricht empfing, es ſei Poſttag. Waͤhrend der Kaufmann fortſiegelte, hielt er hinter deſſen Ruͤcken leicht ſeine Rede voll Zaͤrte, bis dieſer, da er ausgeſiegelt hatte, das Licht ausputzte und fragte: was giebts? Zerfahren war dem Notar der ganze Sermon. Kein Menſch kann dieſelbe Rede zweimal nach einander halten; in der Eile mußte er nur darauf denken, aus dem Geſagten einen duͤnnen Bleiextrakt zu liefern. Der Hofagent erſuchte ihn aber, „mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/31
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/31>, abgerufen am 28.03.2024.