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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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Flitte ein- und darauf ausgepackt; denn mit sei¬
nem Geräthe hatt' er, wie eine Raupe und Spinne
mit ihrem Fadengespinnste, gewöhnlich den Gang
durch seine Wechselwohnungen bedeckt und bezeich¬
net; gleichsam mit schönen Haarlocken, die zum
Andenken ausgerauft werden; und hatte sich, wie
gedacht, wie Weltkörper durch Umlauf kleiner ein¬
geschliffen. Er wagte es jetzt, aus seinem Thurm,
-- seiner bisherigen Bastie und Gränzfestung gegen
Gläubiger -- herabzurücken in ein unbefestigtes
Caffeehaus, weil er theils sein eignes Testament
beerbet hatte, nämlich den Kredit davon, theils
das Kabelsche, in dessen Gütergemeinschaft ihn
Walts neueste Fehler vor der Stadt einzusetzen
schienen, theils die 10 Tannenstämme, Walts
Klage-Eichen. "Der ausgestopfte Blaumüller"
Nro. 51. erwähnte schon weitläufiger, mit welchem
Gepränge er die durch Walt gesäete Fehler-Ernte
von Steinobst und Kernhäusern aufgeknackt und
ausgekernet hatte, um sich der Stadt zu zeigen.

Walt schied am schönsten Nachsommer-Mor¬
gen halb wehmüthig aus seiner leisen Klause; ihm
war, als brauche sie ihn und habe denn so leer und

Flitte ein- und darauf ausgepackt; denn mit ſei¬
nem Geraͤthe hatt' er, wie eine Raupe und Spinne
mit ihrem Fadengeſpinnſte, gewoͤhnlich den Gang
durch ſeine Wechſelwohnungen bedeckt und bezeich¬
net; gleichſam mit ſchoͤnen Haarlocken, die zum
Andenken ausgerauft werden; und hatte ſich, wie
gedacht, wie Weltkoͤrper durch Umlauf kleiner ein¬
geſchliffen. Er wagte es jetzt, aus ſeinem Thurm,
— ſeiner bisherigen Baſtie und Graͤnzfeſtung gegen
Glaͤubiger — herabzuruͤcken in ein unbefeſtigtes
Caffeehaus, weil er theils ſein eignes Teſtament
beerbet hatte, naͤmlich den Kredit davon, theils
das Kabelſche, in deſſen Guͤtergemeinſchaft ihn
Walts neueſte Fehler vor der Stadt einzuſetzen
ſchienen, theils die 10 Tannenſtaͤmme, Walts
Klage-Eichen. „Der ausgeſtopfte Blaumuͤller“
Nro. 51. erwaͤhnte ſchon weitlaͤufiger, mit welchem
Gepraͤnge er die durch Walt geſaͤete Fehler-Ernte
von Steinobſt und Kernhaͤuſern aufgeknackt und
ausgekernet hatte, um ſich der Stadt zu zeigen.

Walt ſchied am ſchoͤnſten Nachſommer-Mor¬
gen halb wehmuͤthig aus ſeiner leiſen Klauſe; ihm
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[27/0033] Flitte ein- und darauf ausgepackt; denn mit ſei¬ nem Geraͤthe hatt' er, wie eine Raupe und Spinne mit ihrem Fadengeſpinnſte, gewoͤhnlich den Gang durch ſeine Wechſelwohnungen bedeckt und bezeich¬ net; gleichſam mit ſchoͤnen Haarlocken, die zum Andenken ausgerauft werden; und hatte ſich, wie gedacht, wie Weltkoͤrper durch Umlauf kleiner ein¬ geſchliffen. Er wagte es jetzt, aus ſeinem Thurm, — ſeiner bisherigen Baſtie und Graͤnzfeſtung gegen Glaͤubiger — herabzuruͤcken in ein unbefeſtigtes Caffeehaus, weil er theils ſein eignes Teſtament beerbet hatte, naͤmlich den Kredit davon, theils das Kabelſche, in deſſen Guͤtergemeinſchaft ihn Walts neueſte Fehler vor der Stadt einzuſetzen ſchienen, theils die 10 Tannenſtaͤmme, Walts Klage-Eichen. „Der ausgeſtopfte Blaumuͤller“ Nro. 51. erwaͤhnte ſchon weitlaͤufiger, mit welchem Gepraͤnge er die durch Walt geſaͤete Fehler-Ernte von Steinobſt und Kernhaͤuſern aufgeknackt und ausgekernet hatte, um ſich der Stadt zu zeigen. Walt ſchied am ſchoͤnſten Nachſommer-Mor¬ gen halb wehmuͤthig aus ſeiner leiſen Klauſe; ihm war, als brauche ſie ihn und habe denn ſo leer und

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/33>, abgerufen am 28.03.2024.