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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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nigte. Er wartete aber fest dessen Weggang ab;
dann fragte er nach der glühendsten Abendröthe vor
seinen Augen nichts, sondern er ließ in sich abstim¬
men, welches Erbamt, das seinen Vater freudig
lasse, er jetzt zu wählen habe.

Nun fehlte es ihm aus Mangel des Flötenspie¬
lers, an einer Stimmensammlung und an irgend
einer, auch nur kleinsten Minorität, weil die Ma¬
jorität selber (er) nur 1 Mann stark war, welches,
wenn nicht die kleinste -- denn oft ist gar kein Mann
beim Stimmen -- doch keine beträchtliche ist.

Endlich wählte er das kürzeste Amt, nämlich
das siebentägige Leben bei einem Erben. Die Stelle
darüber heißet im Corpus juris des Testaments
claus. 6. Litt. g. so: "er (Walt) soll bei jedem
"der H. Akzessit-Erben eine Woche lange wohnen
"(der Erbe müßt' es sich dann verbitten) und alle
"Wünsche des zeitigen Miethsherrn, die sich mit
"der Ehre vertragen, gut erfüllen." Ein so kurzes
Amt, hoffte er, ohne große Fehltritte und Fehl¬
sprünge und mit einiger Ehre und in Kurzem, noch
eh' der Bruder erschiene, zu beendigen. Nach der
Wahl des Amts mußt' er wieder die neue desjenigen

nigte. Er wartete aber feſt deſſen Weggang ab;
dann fragte er nach der gluͤhendſten Abendroͤthe vor
ſeinen Augen nichts, ſondern er ließ in ſich abſtim¬
men, welches Erbamt, das ſeinen Vater freudig
laſſe, er jetzt zu waͤhlen habe.

Nun fehlte es ihm aus Mangel des Floͤtenſpie¬
lers, an einer Stimmenſammlung und an irgend
einer, auch nur kleinſten Minoritaͤt, weil die Ma¬
joritaͤt ſelber (er) nur 1 Mann ſtark war, welches,
wenn nicht die kleinſte — denn oft iſt gar kein Mann
beim Stimmen — doch keine betraͤchtliche iſt.

Endlich waͤhlte er das kuͤrzeſte Amt, naͤmlich
das ſiebentaͤgige Leben bei einem Erben. Die Stelle
daruͤber heißet im Corpus juris des Teſtaments
claus. 6. Litt. g. ſo: „er (Walt) ſoll bei jedem
„der H. Akzeſſit-Erben eine Woche lange wohnen
„(der Erbe muͤßt' es ſich dann verbitten) und alle
„Wuͤnſche des zeitigen Miethsherrn, die ſich mit
„der Ehre vertragen, gut erfuͤllen.“ Ein ſo kurzes
Amt, hoffte er, ohne große Fehltritte und Fehl¬
ſpruͤnge und mit einiger Ehre und in Kurzem, noch
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[24/0030] nigte. Er wartete aber feſt deſſen Weggang ab; dann fragte er nach der gluͤhendſten Abendroͤthe vor ſeinen Augen nichts, ſondern er ließ in ſich abſtim¬ men, welches Erbamt, das ſeinen Vater freudig laſſe, er jetzt zu waͤhlen habe. Nun fehlte es ihm aus Mangel des Floͤtenſpie¬ lers, an einer Stimmenſammlung und an irgend einer, auch nur kleinſten Minoritaͤt, weil die Ma¬ joritaͤt ſelber (er) nur 1 Mann ſtark war, welches, wenn nicht die kleinſte — denn oft iſt gar kein Mann beim Stimmen — doch keine betraͤchtliche iſt. Endlich waͤhlte er das kuͤrzeſte Amt, naͤmlich das ſiebentaͤgige Leben bei einem Erben. Die Stelle daruͤber heißet im Corpus juris des Teſtaments claus. 6. Litt. g. ſo: „er (Walt) ſoll bei jedem „der H. Akzeſſit-Erben eine Woche lange wohnen „(der Erbe muͤßt' es ſich dann verbitten) und alle „Wuͤnſche des zeitigen Miethsherrn, die ſich mit „der Ehre vertragen, gut erfuͤllen.“ Ein ſo kurzes Amt, hoffte er, ohne große Fehltritte und Fehl¬ ſpruͤnge und mit einiger Ehre und in Kurzem, noch eh' der Bruder erſchiene, zu beendigen. Nach der Wahl des Amts mußt' er wieder die neue desjenigen

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/30>, abgerufen am 26.04.2024.