Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

A -- leder," sagte Vult. "Wenn in der Re¬
doute, versetzte Walt, sich das Leben und alle
Stände untereinander und an einander mischen:
so mögen zwei sich wohl an Einem Menschen fin¬
den und einen." "Verzeih nur das ganz gewöhn¬
liche Bergwort," sagte Vult, für welchen es
keine größere Freude gab, als Walten ins ver¬
legne Gesicht zu schauen, wenn er von Culs de
Paris
sprach, welche er anus cerebri Lutetiae
nannte (so heißt der Anfang der vierten Gehirn¬
kammer), nie ein anderes Wort zur Uebersetzung
erlas, als das gedachte, so sehr auch schon dem
schwachen Kenner der deutschen Sprache der grö¬
ste Reichthum zum Wechsel vorliegt.

"Er kann nämlich, wandt' er sich zu Flit¬
ten, das bekannte Wort A. nicht leiden; ich bin
hierin fast mehr frei wie irgend ein Pariser oder
Elsaßer. Ueberhaupt H. Flitte, seh' ich doch
nicht, warum die Menschen so viel Umstände
machen, Sachen auf die Zunge zu bringen, zu
welchen Gott selber mit seiner sagen mußte: wer¬
det. Zur Sünde sagte ers gewiß nicht. Kannst
du denn überhaupt je vergessen, H. Notar -- mehr

A — leder,“ ſagte Vult. „Wenn in der Re¬
doute, verſetzte Walt, ſich das Leben und alle
Staͤnde untereinander und an einander miſchen:
ſo moͤgen zwei ſich wohl an Einem Menſchen fin¬
den und einen.“ „Verzeih nur das ganz gewoͤhn¬
liche Bergwort,“ ſagte Vult, fuͤr welchen es
keine groͤßere Freude gab, als Walten ins ver¬
legne Geſicht zu ſchauen, wenn er von Culs de
Paris
ſprach, welche er anus cerebri Lutetiae
nannte (ſo heißt der Anfang der vierten Gehirn¬
kammer), nie ein anderes Wort zur Ueberſetzung
erlas, als das gedachte, ſo ſehr auch ſchon dem
ſchwachen Kenner der deutſchen Sprache der groͤ¬
ſte Reichthum zum Wechſel vorliegt.

„Er kann naͤmlich, wandt' er ſich zu Flit¬
ten, das bekannte Wort A. nicht leiden; ich bin
hierin faſt mehr frei wie irgend ein Pariſer oder
Elſaßer. Ueberhaupt H. Flitte, ſeh' ich doch
nicht, warum die Menſchen ſo viel Umſtaͤnde
machen, Sachen auf die Zunge zu bringen, zu
welchen Gott ſelber mit ſeiner ſagen mußte: wer¬
det. Zur Suͤnde ſagte ers gewiß nicht. Kannſt
du denn uͤberhaupt je vergeſſen, H. Notar — mehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0276" n="270"/>
A &#x2014; leder,&#x201C; &#x017F;agte Vult. &#x201E;Wenn in der Re¬<lb/>
doute, ver&#x017F;etzte Walt, &#x017F;ich das Leben und alle<lb/>
Sta&#x0364;nde untereinander und an einander mi&#x017F;chen:<lb/>
&#x017F;o mo&#x0364;gen zwei &#x017F;ich wohl an Einem Men&#x017F;chen fin¬<lb/>
den und einen.&#x201C; &#x201E;Verzeih nur das ganz gewo&#x0364;hn¬<lb/>
liche <hi rendition="#g">Berg</hi>wort,&#x201C; &#x017F;agte Vult, fu&#x0364;r welchen es<lb/>
keine gro&#x0364;ßere Freude gab, als Walten ins ver¬<lb/>
legne Ge&#x017F;icht zu &#x017F;chauen, wenn er von <hi rendition="#aq">Culs de<lb/>
Paris</hi> &#x017F;prach, welche er <hi rendition="#aq">anus cerebri Lutetiae</hi><lb/>
nannte (&#x017F;o heißt der Anfang der vierten Gehirn¬<lb/>
kammer), nie ein anderes Wort zur Ueber&#x017F;etzung<lb/>
erlas, als das gedachte, &#x017F;o &#x017F;ehr auch &#x017F;chon dem<lb/>
&#x017F;chwachen Kenner der deut&#x017F;chen Sprache der gro&#x0364;¬<lb/>
&#x017F;te Reichthum zum Wech&#x017F;el vorliegt.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er kann na&#x0364;mlich, wandt' er &#x017F;ich zu Flit¬<lb/>
ten, das bekannte Wort A. nicht leiden; ich bin<lb/>
hierin fa&#x017F;t mehr frei wie irgend ein Pari&#x017F;er oder<lb/>
El&#x017F;aßer. Ueberhaupt H. Flitte, &#x017F;eh' ich doch<lb/>
nicht, warum die Men&#x017F;chen &#x017F;o viel Um&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
machen, Sachen auf die Zunge zu bringen, zu<lb/>
welchen Gott &#x017F;elber mit &#x017F;einer &#x017F;agen mußte: wer¬<lb/>
det. Zur Su&#x0364;nde &#x017F;agte ers gewiß nicht. Kann&#x017F;t<lb/>
du denn u&#x0364;berhaupt je verge&#x017F;&#x017F;en, H. Notar &#x2014; mehr<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0276] A — leder,“ ſagte Vult. „Wenn in der Re¬ doute, verſetzte Walt, ſich das Leben und alle Staͤnde untereinander und an einander miſchen: ſo moͤgen zwei ſich wohl an Einem Menſchen fin¬ den und einen.“ „Verzeih nur das ganz gewoͤhn¬ liche Bergwort,“ ſagte Vult, fuͤr welchen es keine groͤßere Freude gab, als Walten ins ver¬ legne Geſicht zu ſchauen, wenn er von Culs de Paris ſprach, welche er anus cerebri Lutetiae nannte (ſo heißt der Anfang der vierten Gehirn¬ kammer), nie ein anderes Wort zur Ueberſetzung erlas, als das gedachte, ſo ſehr auch ſchon dem ſchwachen Kenner der deutſchen Sprache der groͤ¬ ſte Reichthum zum Wechſel vorliegt. „Er kann naͤmlich, wandt' er ſich zu Flit¬ ten, das bekannte Wort A. nicht leiden; ich bin hierin faſt mehr frei wie irgend ein Pariſer oder Elſaßer. Ueberhaupt H. Flitte, ſeh' ich doch nicht, warum die Menſchen ſo viel Umſtaͤnde machen, Sachen auf die Zunge zu bringen, zu welchen Gott ſelber mit ſeiner ſagen mußte: wer¬ det. Zur Suͤnde ſagte ers gewiß nicht. Kannſt du denn uͤberhaupt je vergeſſen, H. Notar — mehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/276
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/276>, abgerufen am 22.11.2024.