Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

Bilde selber auf seinen Knieen als: Amen, oder
Ja, ja. "Sind Sie zuweilen bei den hiesigen
Thees," fieng Wina an, und setzte, wie es ihr
Stand thut, immer ihren Stand voraus. "Neu¬
lich bei mir, bei dem vortreflichen Flötenspieler,
den Sie gewiß bewundern." -- "Ich hör' dieß
heute von meinem Mädchen," sagte sie, meinend
die Nachricht des Beisammenwohnens; Walt
aber nahm an, sie habe von seinem magern
Weinthee manches gehört.

"Ich meine vorzüglich, sind Sie öfters bei
den geistreichen Töchtern des H. Hofagenten?
Eigentlich red' ich blos von meiner Freundin
Raphaela." Er führte -- doch ohne die Wech¬
sel-Noth -- den Abend an, wo sie für den müt¬
terlichen Geburtstag gesessen. "Wie schön! sagte
Wina. So ist sie eben. Einst als sie bei mir in
Leipzig in eine lange Krankheit fiel, durfte ihrer
Mutter nichts geschrieben werden, bis sie entwe¬
der genesen oder verschieden sei. Um dieser Liebe
wegen lieb ich sie so. Ein Mädchen, das seine
Mutter und seine Schwestern nicht liebte, -- ich
weiß nicht, warum oder wie es sonst noch recht

Bilde ſelber auf ſeinen Knieen als: Amen, oder
Ja, ja. „Sind Sie zuweilen bei den hieſigen
Thees,” fieng Wina an, und ſetzte, wie es ihr
Stand thut, immer ihren Stand voraus. „Neu¬
lich bei mir, bei dem vortreflichen Floͤtenſpieler,
den Sie gewiß bewundern.” — „Ich hoͤr' dieß
heute von meinem Maͤdchen,” ſagte ſie, meinend
die Nachricht des Beiſammenwohnens; Walt
aber nahm an, ſie habe von ſeinem magern
Weinthee manches gehoͤrt.

„Ich meine vorzuͤglich, ſind Sie oͤfters bei
den geiſtreichen Toͤchtern des H. Hofagenten?
Eigentlich red' ich blos von meiner Freundin
Raphaela.” Er fuͤhrte — doch ohne die Wech¬
ſel-Noth — den Abend an, wo ſie fuͤr den muͤt¬
terlichen Geburtstag geſeſſen. „Wie ſchoͤn! ſagte
Wina. So iſt ſie eben. Einſt als ſie bei mir in
Leipzig in eine lange Krankheit fiel, durfte ihrer
Mutter nichts geſchrieben werden, bis ſie entwe¬
der geneſen oder verſchieden ſei. Um dieſer Liebe
wegen lieb ich ſie ſo. Ein Maͤdchen, das ſeine
Mutter und ſeine Schweſtern nicht liebte, — ich
weiß nicht, warum oder wie es ſonſt noch recht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0220" n="214"/>
Bilde &#x017F;elber auf &#x017F;einen Knieen als: Amen, oder<lb/>
Ja, ja. &#x201E;Sind Sie zuweilen bei den hie&#x017F;igen<lb/>
Thees,&#x201D; fieng Wina an, und &#x017F;etzte, wie es ihr<lb/>
Stand thut, immer ihren Stand voraus. &#x201E;Neu¬<lb/>
lich bei mir, bei dem vortreflichen Flo&#x0364;ten&#x017F;pieler,<lb/>
den Sie gewiß bewundern.&#x201D; &#x2014; &#x201E;Ich ho&#x0364;r' dieß<lb/>
heute von meinem Ma&#x0364;dchen,&#x201D; &#x017F;agte &#x017F;ie, meinend<lb/>
die Nachricht des Bei&#x017F;ammenwohnens; Walt<lb/>
aber nahm an, &#x017F;ie habe von &#x017F;einem magern<lb/>
Weinthee manches geho&#x0364;rt.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich meine vorzu&#x0364;glich, &#x017F;ind Sie o&#x0364;fters bei<lb/>
den gei&#x017F;treichen To&#x0364;chtern des H. Hofagenten?<lb/>
Eigentlich red' ich blos von meiner Freundin<lb/>
Raphaela.&#x201D; Er fu&#x0364;hrte &#x2014; doch ohne die Wech¬<lb/>
&#x017F;el-Noth &#x2014; den Abend an, wo &#x017F;ie fu&#x0364;r den mu&#x0364;<lb/>
terlichen Geburtstag ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en. &#x201E;Wie &#x017F;cho&#x0364;n! &#x017F;agte<lb/>
Wina. So i&#x017F;t &#x017F;ie eben. Ein&#x017F;t als &#x017F;ie bei mir in<lb/>
Leipzig in eine lange Krankheit fiel, durfte ihrer<lb/>
Mutter nichts ge&#x017F;chrieben werden, bis &#x017F;ie entwe¬<lb/>
der gene&#x017F;en oder ver&#x017F;chieden &#x017F;ei. Um die&#x017F;er Liebe<lb/>
wegen lieb ich &#x017F;ie &#x017F;o. Ein Ma&#x0364;dchen, das &#x017F;eine<lb/>
Mutter und &#x017F;eine Schwe&#x017F;tern nicht liebte, &#x2014; ich<lb/>
weiß nicht, warum oder wie es &#x017F;on&#x017F;t noch recht<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0220] Bilde ſelber auf ſeinen Knieen als: Amen, oder Ja, ja. „Sind Sie zuweilen bei den hieſigen Thees,” fieng Wina an, und ſetzte, wie es ihr Stand thut, immer ihren Stand voraus. „Neu¬ lich bei mir, bei dem vortreflichen Floͤtenſpieler, den Sie gewiß bewundern.” — „Ich hoͤr' dieß heute von meinem Maͤdchen,” ſagte ſie, meinend die Nachricht des Beiſammenwohnens; Walt aber nahm an, ſie habe von ſeinem magern Weinthee manches gehoͤrt. „Ich meine vorzuͤglich, ſind Sie oͤfters bei den geiſtreichen Toͤchtern des H. Hofagenten? Eigentlich red' ich blos von meiner Freundin Raphaela.” Er fuͤhrte — doch ohne die Wech¬ ſel-Noth — den Abend an, wo ſie fuͤr den muͤt¬ terlichen Geburtstag geſeſſen. „Wie ſchoͤn! ſagte Wina. So iſt ſie eben. Einſt als ſie bei mir in Leipzig in eine lange Krankheit fiel, durfte ihrer Mutter nichts geſchrieben werden, bis ſie entwe¬ der geneſen oder verſchieden ſei. Um dieſer Liebe wegen lieb ich ſie ſo. Ein Maͤdchen, das ſeine Mutter und ſeine Schweſtern nicht liebte, — ich weiß nicht, warum oder wie es ſonſt noch recht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/220
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/220>, abgerufen am 21.11.2024.