Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

letzt juristisch -- Zum Glücke war nun Wina ihr
so ähnlich -- die wenige Jahrzehende ausgenom¬
men, wodurch sich Töchtern hauptsächlich von
Müttern zu unterscheiden suchen -- daß die jetzige
Wina als die vorige Mutter zu gebrauchen war,
der man nichts als die vorige Wina in die Hand
zu geben hatte, die als Kind gemahlt eine Auri¬
kel in der Linken hält und darauf einen weißen
Schmetterling mit der Rechten setzt. Diese zwei¬
mal, als Bild und als Urbild, angewandte Wina
wollte der General seiner Frau als einen öhlge¬
mahlten Ichs-Himmel auf Leinwand aufthun,
um sie in Erstaunen zu setzen, daß sie über vier¬
zig Meilen gesessen -- einem Mahler.

Als der Vater fort war, machte Walt --
noch tiefer in Erstaunen und Unglauben gesetzt --
die Bemerkung, sie sehe dem schönen Kinde ähn¬
lich, um nur herausgezogen zu werden. "O bliebe
man sich nur auch in wichtigern Punkten ähnlich
-- sagte Wina. Auch war ich noch bei meiner
Mutter; ich glaube Sie oder Ihr Bruder lag
damals am Tage des Mahlens an den Blattern
blind; denn sie gieng mit mir in Ihr Haus.

letzt juriſtiſch — Zum Gluͤcke war nun Wina ihr
ſo aͤhnlich — die wenige Jahrzehende ausgenom¬
men, wodurch ſich Toͤchtern hauptſaͤchlich von
Muͤttern zu unterſcheiden ſuchen — daß die jetzige
Wina als die vorige Mutter zu gebrauchen war,
der man nichts als die vorige Wina in die Hand
zu geben hatte, die als Kind gemahlt eine Auri¬
kel in der Linken haͤlt und darauf einen weißen
Schmetterling mit der Rechten ſetzt. Dieſe zwei¬
mal, als Bild und als Urbild, angewandte Wina
wollte der General ſeiner Frau als einen oͤhlge¬
mahlten Ichs-Himmel auf Leinwand aufthun,
um ſie in Erſtaunen zu ſetzen, daß ſie uͤber vier¬
zig Meilen geſeſſen — einem Mahler.

Als der Vater fort war, machte Walt —
noch tiefer in Erſtaunen und Unglauben geſetzt —
die Bemerkung, ſie ſehe dem ſchoͤnen Kinde aͤhn¬
lich, um nur herausgezogen zu werden. „O bliebe
man ſich nur auch in wichtigern Punkten aͤhnlich
— ſagte Wina. Auch war ich noch bei meiner
Mutter; ich glaube Sie oder Ihr Bruder lag
damals am Tage des Mahlens an den Blattern
blind; denn ſie gieng mit mir in Ihr Haus.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0216" n="210"/>
letzt juri&#x017F;ti&#x017F;ch &#x2014; Zum Glu&#x0364;cke war nun Wina ihr<lb/>
&#x017F;o a&#x0364;hnlich &#x2014; die wenige Jahrzehende ausgenom¬<lb/>
men, wodurch &#x017F;ich To&#x0364;chtern haupt&#x017F;a&#x0364;chlich von<lb/>
Mu&#x0364;ttern zu unter&#x017F;cheiden &#x017F;uchen &#x2014; daß die jetzige<lb/>
Wina als die vorige Mutter zu gebrauchen war,<lb/>
der man nichts als die vorige Wina in die Hand<lb/>
zu geben hatte, die als Kind gemahlt eine Auri¬<lb/>
kel in der Linken ha&#x0364;lt und darauf einen weißen<lb/>
Schmetterling mit der Rechten &#x017F;etzt. Die&#x017F;e zwei¬<lb/>
mal, als Bild und als Urbild, angewandte Wina<lb/>
wollte der General &#x017F;einer Frau als einen o&#x0364;hlge¬<lb/>
mahlten Ichs-Himmel auf Leinwand aufthun,<lb/>
um &#x017F;ie in Er&#x017F;taunen zu &#x017F;etzen, daß &#x017F;ie u&#x0364;ber vier¬<lb/>
zig Meilen ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en &#x2014; einem Mahler.</p><lb/>
        <p>Als der Vater fort war, machte Walt &#x2014;<lb/>
noch tiefer in Er&#x017F;taunen und Unglauben ge&#x017F;etzt &#x2014;<lb/>
die Bemerkung, &#x017F;ie &#x017F;ehe dem &#x017F;cho&#x0364;nen Kinde a&#x0364;hn¬<lb/>
lich, um nur herausgezogen zu werden. &#x201E;O bliebe<lb/>
man &#x017F;ich nur auch in wichtigern Punkten a&#x0364;hnlich<lb/>
&#x2014; &#x017F;agte Wina. Auch war ich noch bei meiner<lb/>
Mutter; ich glaube Sie oder Ihr Bruder lag<lb/>
damals am Tage des Mahlens an den Blattern<lb/>
blind; denn &#x017F;ie gieng mit mir in Ihr Haus.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0216] letzt juriſtiſch — Zum Gluͤcke war nun Wina ihr ſo aͤhnlich — die wenige Jahrzehende ausgenom¬ men, wodurch ſich Toͤchtern hauptſaͤchlich von Muͤttern zu unterſcheiden ſuchen — daß die jetzige Wina als die vorige Mutter zu gebrauchen war, der man nichts als die vorige Wina in die Hand zu geben hatte, die als Kind gemahlt eine Auri¬ kel in der Linken haͤlt und darauf einen weißen Schmetterling mit der Rechten ſetzt. Dieſe zwei¬ mal, als Bild und als Urbild, angewandte Wina wollte der General ſeiner Frau als einen oͤhlge¬ mahlten Ichs-Himmel auf Leinwand aufthun, um ſie in Erſtaunen zu ſetzen, daß ſie uͤber vier¬ zig Meilen geſeſſen — einem Mahler. Als der Vater fort war, machte Walt — noch tiefer in Erſtaunen und Unglauben geſetzt — die Bemerkung, ſie ſehe dem ſchoͤnen Kinde aͤhn¬ lich, um nur herausgezogen zu werden. „O bliebe man ſich nur auch in wichtigern Punkten aͤhnlich — ſagte Wina. Auch war ich noch bei meiner Mutter; ich glaube Sie oder Ihr Bruder lag damals am Tage des Mahlens an den Blattern blind; denn ſie gieng mit mir in Ihr Haus.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/216
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/216>, abgerufen am 04.05.2024.